• Region

Bolligen - Die volle Turnhalle war kein gutes Zeichen

Das Stimmvolk von Bolligen kam zahlreich an die Gemeindeversammlung und wies die Schulraumpläne des Gemeinderats mit einer grossen Mehrheit zurück. So richtig für die Vorlage einsetzen mochte sich nicht einmal mehr der Gemeinderat selbst.

Die Gemeindeversammlung sagte Nein zu den Plänen des Gemeinderats. (Bilder: Anina Bundi, Wikipedia/uschoen, schule-bolligen.ch)
Die Gemeindeversammlung war in der Turnhalle. (Bild: Anina Bundi)
Das Schulhaus Lutertal. (Bild: schule-bolligen.ch)
Der Gemeinderat wollte das Alte Schulhaus sanieren und daneben bauen. (Bild: Wikipedia/uschoen)

Die Gemeindeversammlung von Bolligen fand wegen des erwarteten Grossandrangs in der Turnhalle des Oberstufenzentrums Eisengasse statt. Das war auch nötig, mit 423 Anwesenden war die Turnhalle weit mehr als halb voll. Ein Grossteil kam, um Nein zu sagen zum Kredit über 10,4 Millionen für die Sanierung des Alten Schulhauses an der Bolligenstrasse und einen Neubau auf dem angrenzenden Parkplatz.

 

Nicht einmal der Gemeinderat schien noch damit zu rechnen, dass die Schulraumpläne des Gemeinderats eine Chance haben. "Wir haben uns am Montagabend an einer langen Sitzung überlegt, die Vorlage zurückzuziehen", informierte Vize-Gemeindepräsidentin Marianne Zürcher (SVP) die Gemeindeversammlung. Da man damit auch die Diskussion verhindert hätte, habe man sich dagegen entschieden.

 

"Das Projekt hat Mängel und die Kommunikation war schlecht"

Auch Gemeinderat René Bergmann (Mitte) warb eher halbherzig für die Vorlage. "Das Projekt hat Mängel und die Kommunikation des Gemeinderats war schlecht", sagte er. "Ein halbes Jahr mehr hätte dem Projekt gut getan." Allerdings sei der Gemeinderat unter einem starken Druck gestanden. An einer öffentlichen Veranstaltung im Frühling habe es seitens der Schule noch geheissen, es pressiere mit dem zusätzlichen Schulraum, nun töne es anders.

 

Anstelle einer umfassenden Erweiterung des Lutertalschulhauses, wie es eine Machbarkeitsstudie vorgeschlagen hatte, legte der Gemeinderat deshalb ein Projekt vor, das schneller zu realisieren wäre: Die Sanierung des Alten Schulhauses an der Bolligenstrasse und daneben ein dreistöckiger Erweiterungsbau sollten die Raumprobleme der Schule lösen.

 

Für die Gegner:innen des Projekts ein "Schnellschuss". Die Baupläne wurden als nicht zonenkonform kritisiert, die Distanz der neuen Schulräume zum Schulhaus Lutertal als zu gross und das Vorgehen des Gemeinderats, ohne Einbezug der Schule eine neue Idee zu lancieren, als unverständlich (BERN-OST berichtete).

 

Schule und Eltern dagegen

Dagegen mobilisiert hatten SVP, SP, GLP, EVP und ein Komitee "Nein zur Schulraumerweiterung Altes Schulhaus". Auch die Schule und der Elternrat hatten sich öffentlich gegen die Vorlage ausgesprochen. Die Parteien und das Komitee stellten an der Gemeindeversammlung den Antrag, das Geschäft zurückzuweisen. Die Geschäftsprüfungskommission empfahl, dem Antrag zu folgen.

 

Für die Pläne des Gemeinderats hatten sich im Vorfeld Grüne, FDP und die Mitte ausgesprochen. Alle sagten an der Versammlung, dass sie eine Rückweisung auch akzeptieren oder sogar unterstützen könnten. Gemeinderat und Verwaltung hätten in kürzester Zeit ein "nicht unintelligentes aber sehr schnelles" (Mitte-Präsident Martin Kaufmann) und "brauchbares" (FDP-Präsident Urs Klaeger) Projekt erarbeitet. Adrian Ihly (Grüne) sagte, man sehe die Mängel und Schwierigkeiten, aber auch die Vorteile.

 

"Da werden vier Jahre vergehen"

Die Gemeindeversammlung folgte der Kritik und wies mit wenigen Gegenstimmen das Geschäft zurück an den Gemeinderat. Dieser ist aufgefordert, den Fächer wieder zu öffnen und Varianten zu prüfen. "Das braucht Zeit", hatte Bergmann vor der Abstimmung zu Bedenken gegeben. Auch einen Planungskredit von einer halben oder gar einer Million werde es wohl brauchen und ein neues Projekt werde wahrscheinlich teurer, erst recht, wenn es auch den Mangel an Turnhallen beheben soll. Er rechne damit, dass frühestens in vier Jahren gebaut werde.

 

[i] Von 4'535 Stimmberechtigten in der Gemeinde Bolligen waren 423 anwesend, was einer Stimmbeteiligung von 9,3 Prozent entspricht.

 

[i] Budget 2023

Für das kommende Jahr sieht das Budget der Gemeinde Bolligen im Allgemeinen (steuerfinanzierten) Haushalt ein Minus von 193'700 Franken vor. Durch anteilmässige Auflösung der Neubewertungsreserve (2021-2025) und Entnahme aus der finanzpolitischen Reserve wird das Ergebnis ausgeglichen. Die Spezialfinanzierungen schliessen alle positiv oder ausgeglichen ab. Für 2023 sind Investitionen von fast 12 Millionen geplant. Die Steueranlage bleibt bei 1,6 Einheiten und die Liegenschaftssteuer bei 1,2 Promille des amtlichen Werts. 

 

[i] Finanzplan 2023 - 2027

Der Finanzplan rechnet für die nächsten fünf Jahre mit Investitionen von insgesamt rund 42 Millionen, vor allem für Sanierung und Neubau von Schulraum und das Verwaltungsgebäude. 2026 werden die Nettoschulden der Gemeinde bei rund 40 Millionen Franken liegen, die Defizite steigen auf bis zu 1,3 Millionen im Jahr 2026. Der zuständige Gemeinderat René Bergmann kündigte ein Sparprogramm an, um die Defizite zu verkleinern.

 

[i] Die Beschlüsse der Gemeindeversammlung vom 13. Dezember 2022:

1. Budget 2023 / Finanzplan 2023 – 2027

Das Budget 2023 wurde mit wenigen Gegenstimmen grossmehrheitlich angenommen.

 

2. Schul- und Sportanlage Lutertal – Schulraumerweiterung, Verpflichtungskredit 10,4

Das Geschäft wurde mit wenigen Gegenstimmen grossmehrheitlich an den Gemeinderat zurückgewiesen.

 

3. Brunnenhofstrasse – Gesamtsanierung, Verpflichtungskredit

Der Kredit über 2,63 Millionen Franken wurde auf Antrag von SVP und Mitte auf 2,5 Millionen gekürzt. Gestrichen werden die Begegnungszone, die Sitzbänke und die Begrünung.


Autor:in
Anina Bundi, anina.bundi@bern-ost.ch
Nachricht an die Redaktion
Statistik

Erstellt: 14.12.2022
Geändert: 14.12.2022
Klicks heute:
Klicks total: