- Region
Kiesen - Das Verfahren zur Dorf- und Schulraumplanung verunsichert
Am Mittwochabend fand in der Turnhalle in Kiesen die Gemeindeversammlung statt. Trotz unspektakulär wirkender Traktanden gab es Diskussionen. Die fünf wichtigsten Themen des Abends.
1. Das Budget
Gemeindeschreiber Heinz Aebersold stellte den rund 50 Anwesenden das Budget fürs nächste Jahr vor. Ein Defizit von rund 260 000 Franken erwartet die Gemeinde. Grund dafür ist vor allem die Abschreibung des "alten" Verwaltungsvermögens beim Übergang zum neuen Rechnungslegungsmodell HRM2, die mit rund 236 000 Franken zu Buche schlägt. Es sei aber die letzte Rate, so Aebersold. 2024 rechne die Gemeinde gemäss Finanzplan der nächsten Jahre nur noch mit einem kleinen Defizit. Danach stelle sich längerfristig ein Eigenkapital von 1.1 Millionen Franken ein.
Nach der letzten Rate sei die Gemeinde auf Null, habe aber nicht viel investiert, verdeutlichte Gemeindepräsident Ernst Waber im Anschluss. «Je nachdem, wo wir mit der Dorf- und Schulentwicklung hingehen, kann es sein, dass man einen Steuerzehntel rauf muss.» Im kommenden Jahr liegt der Steuerfuss wie bisher bei 1.54.
2. Die Abwassergebühr
Im Zusammenhang mit dem Budget ging es auch um die Abwassergebühr. Der Gemeindeverband ARA Region unteres Kiesental erhöht den Gemeindebeitrag von 100 auf 150 Franken pro Einwohnergleichwert. Dazu kommt es, weil der Verband seine eigene Spezialfinanzierung wie geplant abgebaut hat, und wegen der veränderten Energiesituation. Zudem fällt bei der ARA die Fettannahme weg. Durch Vergären hat die ARA damit bis jetzt Strom produziert, den sie verkaufte. Diese Einnahmen fehlen künftig. Die Gemeinde sieht sich nun gezwungen, die Abwassergebühr von 2.00 Franken pro Kubikmeter auf 3.50 Franken zu erhöhen. Ein Bürger empörte sich an der Versammlung über den massiven Anstieg. «Die Ara hatte lange zu tiefe Gebühren», antwortete Aebersold. Eine gestaffelte Steigerung sei für die ARA zudem wegen der aktuellen Energiekrise und dem Rückgang der eigenen Stromproduktion nicht möglich gewesen. Und Waber ergänzte: «Wir zahlen jetzt so viel wie 1975. Das ist immer noch tief.»
Die Versammlung nahm das Budget einstimmig an.
3. Die Dorf- und Schulraumplanung
Der Gemeinderat informierte über die Planung der Dorf- und Schulentwicklung. Er will dafür eigenes Land im Ortszentrum bebauen. Einen Teil davon will er für den Bau von Wohnungen verkaufen. Mit dem Erlös daraus will er auf dem anderen Teil ein Schule, eine Turnhalle, einen Kindergarten und eine Gemeindeverwaltung bauen und damit die zu klein gewordenen jetzigen Liegenschaften ersetzen. (BERN-OST berichtete).
Gemäss Waber läuft derzeit das Workshopverfahren mit verschiedenen Begleitgruppen, in denen auch Vertreter:innen aus der Bevölkerung sind. In drei Anlässen werde eine Auslegeordnung mit den beteiligten Spezialisten gemacht. Mitte nächstes Jahr wolle der Gemeinderat öffentlich informieren. «Ein Projekt haben wir dann aber noch keines und auch keine Zahlen», so Waber. Es bedeute lediglich, dass der Kanton einverstanden sei, dass die Gemeinde loslassen könne mit der Planung. «Heute in einem Jahr möchten wir mit dem Planungskredit kommen.» Danach würden zum Beispiel die genaue Lage und Grösse von Schulhaus, Fussballplatz oder Wohngebäuden diskutiert. In der Folge werde es eine Ausschreibung und einen Wettbewerb geben. «Ohne euch machen wir nichts», versicherte Waber den Anwesenden.
Trotzdem schien das Vorgehen auf Skepsis zu stossen und der Gemeinderat musste sich verteidigen. «Weiss der Gemeinderat, was er will?», lautete eine Frage. Ja, das tue, sagte Waber. Derselbe Versammlungsteilnehmer, der sich bereits zur ARA geäussert hatte, beschwerte sich, dass er im Workshopverfahren als Bürger kein Stimmrecht habe. Ein Dritter zeigte Verständnis für alle, die das Ganze kompliziert fänden, nahm den Gemeinderat aber in Schutz. Es habe zu dem Thema letztes Jahr ja sogar eine Urnenabstimmung gegeben und das Workshopverfahren führe der Gemeinderat freiwillig durch. «Es braucht jetzt ein bisschen Geduld.» Und Waber spitzte zu: «Es geht um den Fortbestand unserer Gemeinde.»
Ab Mitte 2023 will die Gemeinde mit der Ausarbeitung der beiden nötigen Zonenpläne starten. Danach werden die konkreten Projekte erstellt. Voraussichtlich 2028 will die Gemeinde bauen und 2030 das Schulraumprovisorium ablösen.
4. Eine Einsprache gegen das Schulraumprovisorium
Zu diesem informierte Gemeinderätin Beatrice Riem (SVP, Ressort Bildung I), dass eine Einsprache zum Baugesuch hängig sei. Die Gemeinde habe ihre Stellungnahme zur Einsprache eingereicht. Der Gemeinderat sei der Meinung, dass die Einwände unbedenklich seien. Er warte nun auf die Antwort. Ursprünglich sollte das Provisorium auf Anfang nächsten Jahres zur Verfügung stehen. Neue Klassen gibt es aber im nächsten Schuljahr noch keine, wie Waber im März zu BERN-OST sagte.
5. Übergabe der Jungbürger:innenbriefe
Am Ende der Gemeindeversammlung erhielten Luan Jöge, Timon Waber, Tim Läderach, Alea Meyer und Celine Albrecht von Gemeinderat Toni Hossmann ihre Jungbürger:innenbriefe. Mit viel Engagement war es ihm gelungen, alle bis auf einen Jungbürger, Joel Zwahlen, in die Versammlung zu holen. Nicht ohne Humor klärte er sie über ihre mit ihrer Volljährigkeit verbundenen Rechte, aber auch Pflichten auf. So zum Beispiel, dass man als Geschworene:r mitzuwirken habe, wenn man dazu aufgerufen wird. Riem überreichte den fünf jungen Leuten zudem soviele Geschenke, dass die Beschenkten ihr kaum mehr die Hand schütteln konnten.
[i] In einer ersten Version des Artikels stand, die Abwassergebühr werde von CHF 1.30 auf CHF 3.50 erhöht. Richtig ist aber eine Erhöhung von CHF 2.00 auf 3.50. Wir bitten um Entschuldigung.
Erstellt:
19.11.2022
Geändert: 19.11.2022
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