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Gastronomie: "Wir betreiben einen Riesenaufwand – aber für was?"

Seit dieser Woche müssen die Gastronom:innen die Kontaktdaten an den Kanton übermitteln. Das passt nicht allen. BERN-OST hat bei ein paar Restaurants in der Region nachgefragt. Einige übermitteln die Daten ohne Murren, andere mit.

Hans Kipfer: "An Regentagen herrscht tote Hose." (Bild: zvg)
Salome, Melanie und Irina von der Stall Bar Oberdiessbach: "Im Kleiderladen muss sich keine:r registrieren." (Bild: zvg)

Hans Kipfer vom Restaurant Schlossgut in Münsingen ist mit dem Vorgehen des Kantons nicht einverstanden. "Der Aufwand ist für uns unverhältnismässig." Gleichwohl mache er mit, es sei aber noch nicht klar, wie die Daten an den Kanton übermittelt werden sollen. "Wenn sich ein Gast mit dem Handy registriert, geht das problemlos", sagt Kipfer. Diese Daten könne er per Knopfdruck an den Kanton weiterleiten.

 

Bei Gästen, die sich von Hand registrieren, wird es schwierig: "Oft ist es mühsam die Schrift zu entziffern, zudem sind die Daten häufig unvollständig." Bis heute weiss er noch nicht, wie er diese Daten an den Kanton übermitteln soll.

 

Einer pro Tisch ist nicht genug

"Es genügt, wenn eine Person am Tisch sich registriert. Wenn ein Gast sagt, er war dort, dann weiss er auch mit wem", kritisiert Kipfer die Vorgaben weiter. Letzten Herbst musste sich nur eine Person pro Tisch registrieren. Heute gilt die Registrierpflicht für alle Gäste. Diese Vorschrift kommt auch bei Irina Lehmann von der Stall Bar Oberdiessbach schlecht an: "Es sitzen jeden Abend etwa dieselben Leute zusammen am Tisch. Wir haben kaum Laufkundschaft, also wozu das Ganze?"

 

Grundsätzlich gehen ihr die Vorgaben zu weit: "Das ist ein extremer Eingriff in die Privatsphäre. Ich muss jeden Gast nach dem Geburtsdatum fragen. Bei uns ist die Ansteckungsgefahr gering." Mit einem Augenzwinkern fügt sie an: "Fehlt nur noch, dass wir auch noch impfen müssen."

 

Warum nur Restaurants?

Die Barfrau und der Wirt verstehen nicht, weshalb die Gastronomie einen so grossen Aufwand betreiben muss. Auf dem Märit oder auch im öffentlichen Verkehr ist das nicht notwendig. Irina Lehmann von der Stall Bar sagt: "Kleiderläden dürfen öffnen und müssen keine Daten erfassen. Dort kontrolliert niemand. Kleider werden mit den Händen 'kaflet' und es werden keine Distanzen eingehalten."

 

In den Restaurants seien die Gäste draussen, sie berühren keine Türfalle, die Tische werden desinfiziert, man muss Abstand halten und zusätzlich noch persönliche Daten angeben. Hans Kipfer vom Schlossgut sieht das ähnlich: "Es ist wichtig, dass die Leute die Massnahmen verstehen. Beim heutigen System zweifle ich daran."

 

Bilanz: Schitter bis bewölkt

Seit drei Wochen dürfen draussen wieder Gäste bewirtet werden. Kipfers Bilanz ist durchzogen: "Es ist eine Berg- und Talfahrt. An sonnigen Tagen läuft es sehr gut. Die Gäste sind zufrieden und schätzen das. An Regentagen ist tote Hose. Das ist nicht einfach."

 

Lehmann fügt an: "Petrus war nicht auf unserer Seite. Wir haben zum Glück einen Garten der zum Teil gedeckt ist. So können die Gäste im Trockenen sitzen. Für uns ist es noch nicht lukrativ, aber auch wenn es ein Krampf ist, immerhin haben wir wieder geöffnet."

 

[i] Die Gesundheitsdirektion des Kantons Bern verwaltet seit Montag die Gästedaten zentral auf einem Server. Die Restaurants müssen die Kontaktdaten der Gäste elektronisch an den Kanton übermitteln. Laut Gesundheitsdirektion dienen die Kontaktdaten zur raschen Eindämmung der Infektionskette. Eine Abfrage nach einzelnen Gästen sei nicht möglich, schreibt der Kanton auf seiner Website. Einzig das Kantonsarztamt kann auf die Datenbank zugreifen. Die Daten werden nach 14 Tagen gelöscht.

 


Autor:in
Rolf Blaser, rolf.blaser@bern-ost.ch
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Erstellt: 14.05.2021
Geändert: 14.05.2021
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