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Gemeindewahlen Bolligen: Verschoben. Wegen Unregelmässigkeiten.

Nach Worb jetzt auch in Bolligen: Wirbel um die Gemeindewahlen. In Bolligen waren sie angesetzt für den 22. September, jetzt werden sie um zwei Monate auf den 24. November 2024 verschoben. In einer Mitteilung erklärt der Gemeinderat, warum dieser Schritt beschlossen wurde und wie das weitere Vorgehen aussieht.

Gemeindepräsident René Bergmann: «Ein solcher Fehler darf nicht mehr vorkommen.» (Foto: Archiv BERN-OST)

In sechs Gemeinden der Region Bern-Ost stehen dieses Jahr Gemeindewahlen an, und fast scheint es, als stecke dieses Jahr ein Wurm drin: Zuerst musste sich die Gemeinde Worb wegen fehlenden Wahllisten entschuldigen (BERN-OST berichtete) Aufgrund einer Wahlbeschwerde ist unklar, ob die Wahlen planmässig durchgeführt werden können. Jetzt hat auch Bolligen ein Problem mit den Wahlunterlagen.

 

«Nach Rücksprache mit den Parteien»

Hier hat der Gemeinderat allerdings klare Schritte ergriffen: «Der Gemeinderat Bolligen verschiebt die Gemeindewahlen vom 22. September auf den 24. November 2024», informiert er in einer Medienmitteilung. «Er hat diesen Entscheid nach Rücksprache mit den Ortsparteien und dem Amt für Gemeinden und Raumordnung getroffen.»

 

Der Grund dafür ist jedoch ähnlich wie in Worb: «Unregelmässigkeiten in den versandten Wahlunterlagen.» Die Wahlmaterialien hätten fehlerhafte Wahlzettel enthalten, ist in der Mitteilung zu lesen: «Dadurch ist unklar, ob der Wählerwille korrekt abgebildet werden würde.»

 

«Ein Albtraum»

Wie das passieren konnte? Der in stiller Wahl wiedergewählte Gemeindepräsident René Bergmann (Mitte) atmet am Telefon tief aus. Es sei menschliches Versagen gewesen, sagt er dann, etwas, das keinesfalls passieren dürfte, jetzt aber trotzdem passiert sei. «Es ist ein Albtraum.» Es sei genau das, was die Gemeinde – gerade angesichts der Probleme in Worb – zu umschiffen gehofft habe.

 

Fehlende leere Linien…

Und der Albtraum kam auf leisen Füssen: Bereits im Lauf des Sonntags, erzählt Bergmann, habe sich ein Bolliger bei ihm gemeldet und ihn darauf aufmerksam gemacht, dass bei ihm ein Wahlprospekt fehle. Eine sofortige Abklärung ergab: Es fehlten nur 15 Flyer auf 4500 Versände, der Bolliger wollte auf eine Wahlbeschwerde verzichten. Fast hätte Bergmann aufgeatmet.

 

Aber es kam dicker. Am Sonntagabend, in Form eines harmlos scheinenden Mails: «Ein Bürger wies mich darauf hin, dass bei verschiedenen Wahlzetteln die leeren Linien fehlten», erzählt er. Leere Linien, mal bei dieser, mal bei jener Partei: Was anfangs nicht allzu problematisch schien, erwies sich als drohende Katastrophe.

 

…gefährden die Chancengleichheit

«Wir spielten 27 Varianten durch, diskutierten mit dem Amt für Gemeinden und Raumordnung, hofften, die leeren Linien würden sich als nicht so schlimm herausstellen.» Aber wie es Bergmann und seine Gemeinderät:innen auch drehten und wendeten, es war schlimm: «Es betraf zwar nicht eine einzelne Partei, aber dennoch: Die Chancengleichheit der Parteien konnte so nicht gewährleistet werden, und die Gefahr einer Wahlbeschwerde war zu gross.»

 

«Keine Wahlbeschwerde riskieren»

René Bergmann und sein Gemeinderat tauschten sich mit den Ortsparteien aus, und irgendwann habe für alle festgestanden: «Wir wollen nicht wie Worb eine Wahlbeschwerde riskieren und danach im Ungewissen hängen, ob wir die Wahlen durchführen können oder nicht.»

 

Am Abend des 3. September fiel deshalb der Entscheid: «Abbruch. Wir verschieben und fangen noch einmal von vorne an.» Am Abend des 4. Septembers dann die Mitteilung: «Der Gemeinderat entschuldigt sich bei der Bevölkerung für diesen Fehler sowie bei den Ortsparteien für die bereits entstandenen Aufwände für den Wahlkampf.»

 

Eidgenössische und kantonale Volksabstimmung

Was aber passiert mit der eidgenössischen und kantonalen Volksabstimmung? Der Gemeinderat hat das Vorgehen festgelegt: «Die bereits versandten Unterlagen für die eidgenössischen und kantonalen Vorlagen vom 22. September 2024 bleiben gültig», teilt er mit. «Stimmberechtigte können diese weiterhin ausfüllen und per Post einsenden, in den Briefkasten der Gemeinde einwerfen oder am Abstimmungswochenende persönlich im Abstimmungslokal abgeben.»

 

Schon gewählt: Was nun?

Auch für die Variante, dass etliche Bolliger:innen bereits abgestimmt und gewählt haben, gibt der Gemeinderat Anweisungen: «Falls Sie Ihre Unterlagen bereits ausgefüllt und eingereicht haben, müssen Sie nichts weiter unternehmen», heisst es im Schreiben: Am Abstimmungswochenende würden die Unterlagen für die Gemeindewahlen aus den eingegangenen Antwortcouverts entfernt und vernichtet. Die Stimmen für die eidgenössischen und kantonalen Vorlagen hingegen würden ordnungsgemäss gezählt.

 

Weiteres Vorgehen

«Die Informationen aus dieser Medienmitteilung», so informiert der Gemeinderat weiter, «werden allen stimmberechtigten Personen in Bolligen, welche die Wahlunterlagen erhalten haben, per amtlichem Schreiben zugestellt.» Zusätzlich sollen in der Gemeinde Plakate aufgehängt werden, um auf die verschobenen Wahlen hinzuweisen. In den kommenden Tagen werde der Gemeinderat gemeinsam mit der Gemeindeverwaltung das weitere Vorgehen und offene Fragen klären.

 

Doppelte Kontrolle

Wie ein solcher Fehler überhaupt passieren konnte? René Bergmann antwortet ohne Zögern: «Es war menschliches Versagen.» Irgendwie habe das Vieraugenprinzip versagt. «Wo gearbeitet wird, können Fehler passieren», sagt er. Aber so etwas, ganz klar, dürfe keinesfalls wieder vorkommen.

 

Für ihn und seinen Kolleg:innen im Gemeinderat bedeutet das, dass ihnen eine rasante Zeit bevorsteht: Alles wird noch einmal durchgespielt, sämtliche Wahlunterlagen müssen neu erstellt werden – und doppelt so gut kontrolliert. «Wir müssen sämtliche Prozesse anschauen und hinterfragen», sagt der Gemeindepräsident: «Ein solcher Fehler darf nicht mehr passieren.»

 

«Diesmal mit korrekten Listen»

In der Mitteilung verspricht der Gemeinderat: «Über neue Entwicklungen wird zeitnah informiert.» Die verschobenen Wahlen, ergänzt René Bergmann zum Schluss, sollen nun aber nicht bedeuten, dass alles neu gemischt werden könne: «Die Wahlen werden mit denselben Listen und denselben Personen stattfinden», betont er. «Allerdings mit korrekten Listen, die zu hundert Prozent ‘verhäbe’!»


Autor:in
Claudia Weiss, claudia.weiss@bern-ost.ch
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Erstellt: 04.09.2024
Geändert: 05.09.2024
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