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Grosshöchstetten: Die ENGH und ihre neue Tochter

Die Energie Grosshöchstetten AG spaltet ihr Wärmegeschäft vom Stromgeschäft ab: Mit der Gründung der Tochtergesellschaft ENGH Wärme AG reagiert das Unternehmen auf anhaltende Kritik aus der Bevölkerung. Damit werden die beiden Bereiche organisatorisch und finanziell klar getrennt – und um bessere Voraussetzungen für einen weiteren Ausbau geschaffen.

Sie informieren über die neue Tochtergesellschaft ENGH Wärme AG. Von links: Vizegemeindepräsident Peter Däpp, Verwaltungsratspräsident Magnus Furrer und Geschäftsführer Peter Bolzli. (Foto: cw)

Seit seiner Gründung vor zwei Jahren sorgt der Wärmeverbund der Energie Grosshöchstetten AG ENGH für Aufregung im Dorf: Wiederholt mussten sich Verwaltungsratspräsident Magnus Furrer und der Gemeinderat vorwerfen lassen, das Strom- und das Wärmegeschäft finanziell miteinander zu vermischen.

 

Neue Tochtergesellschaft …

Das ändert jetzt. Sobald der Eintrag ins Handelsregister erfolgt ist, voraussichtlich in den nächsten paar Tagen, entsteht aus der Energie Grosshöchstetten AG offiziell eine neue Tochtergesellschaft, die ENGH Wärme AG – rückwirkend auf den 1. Juli 2025. Beide Gesellschaften bleiben im Besitz der Gemeinde Grosshöchstetten, aber die Geschäftsfelder sind neu klar getrennt.

 

… hilft entflechten …

Und damit wird offiziell und für alle gut erkennbar entflochten, was an Gemeindeversammlungen und Informationsveranstaltungen immer wieder für Unmut sorgte: Vielen ging nicht auf, warum die ENGH AG zwei Geschäftsfelder in einer Gesellschaft führt und welcher Kredit jetzt für welchen Bereich geplant war. Das wird einfacher. Künftig kümmert sich die ENGH AG um die Stromversorgung der Gemeinde, die ENGH Wärme AG sorgt für Wärme.

 

… und schafft Klarheit

«Diese Trennung», so erklärte Verwaltungsratspräsident Magnus Furrer am Dienstag an einer Medienkonferenz, «erlaubt uns, die Vorwürfe von Mischeln und Quersubventionieren seitens der Bevölkerung endlich mal zu entknüpfen.» Und sie habe einen weiteren Vorteil: «Mit der neuen Geschäftsform könnte der Wärmebereich wesentlich einfacher an Investoren der Energiebranche verkauft werden.» Das sei nicht aktiv geplant, schwächte er ab. Es wäre aber durchaus eine Lösung, «falls sich die immer wieder auftauchende Frage nach der Finanzierung nicht mehr klären lässt».

 

Wärmebereich soll ausgebaut werden

Ziel sei allerdings klar der Erhalt des Wärmebereichs in der Gemeinde. Mehr noch: Geplant ist, «den Vollausbau des Wärmeverbunds Neuhuspark voranzutreiben», wie es in den Unterlagen der ENGH heisst. Der Abnahmevertrag für die grossen Liegenschaften Neuhuspark und Talacker sowie mehrere Gemeindeliegenschaften garantiere bereits eine Auslastung von über 90 Prozent.

 

Stromgeschäft ist staatlich reguliert

Die Energie Grosshöchstetten AG behält weiterhin das Stromgeschäft und damit die Aufgabe, die Stromversorgung der Gemeinde sicherzustellen und das Stromnetz instandzuhalten. «Das Stromgeschäft ist ein staatlich regulierter Auftrag», präzisiert Furrer. Für einen Verkauf wäre eine Urnenabstimmung nötig. Das Wärmegeschäft hingegen laufe auf privatwirtschaftlicher Ebene und ohne öffentlichen Auftrag. Darum kümmert sich fortan die ENGH Wärme AG als Tochtergesellschaft.

 

Investorensuche wird einfacher

Laut Furrer macht das Sinn, und es werde einfacher, Investoren zu finden: «Bisher war es schwierig, weil grosse Investitionen in zwei so verschiedenen Geschäftsfeldern nötig waren – jetzt können wir Investoren mit Knowhow in Sachen Strom suchen und Investoren mit Knowhow in Sachen Wärme.»

 

Neuer Spielraum …

Er hofft, dass sich mit dieser Entknüpfung letztlich vermeiden lässt, was die Gemeinde und der ENGH-Verwaltungsrat mit der deutlichen Abfuhr vor einem Jahr einstecken mussten: die Ablehnung des dringend benötigten Kredits über vier Millionen Franken mit über zwei Dritteln. Diese sei «wie ein Chlapf zum Gring» gewesen, sagte Magnus Furrer noch einmal. Die neue Tochtergesellschaft garantiere nicht einfach, dass alles lockerflockig weiterlaufe, schränkte er ein: «Aber wir erhalten mehr Spielraum.»

 

… und weiterer Ausbau

Und damit könnte auch der Weg für die ENGH Wärme AG einfacher werden. Noch diesen Juli wurden 153 Stimmen gegen die geplanten Kredite für die Heizungssanierung von mehreren Gemeinde-Liegenschaften gesammelt. Das Referendum habe für einen Marschhalt gesorgt, sagt Furrer: «2026 liegt der Ausbau nicht mehr drin.» Er sei allerdings zuversichtlich, dass in einer weiteren Etappe 2027 die Gemeindeliegenschaften angehängt werden können.

 

Optimistisch in die Zukunft

Einen kurzen Augenblick wurde er sogar richtig optimistisch und sprach von der Idee, eines Tages weitere grosse, noch mit einer Ölheizung betriebene Liegenschaften wie das Alters- und Pflegeheim Landblick anzuhängen, oder das Schwimmbad. «Wir wollen ja als Gemeinde CO2-neutral in die Zukunft gehen.»

 

[i] An der Medienkonferenz nahmen auch Vizegemeindepräsident Peter Däpp und ENGH-Geschäftsleiter Ralph Bolzli teil. Die Muttergesellschaft ENGH AG ist künftig für Stromnetz und Stromversorgung zuständig, die Tochtergesellschaft ENGH Wärme AG für die Wärmeenergie. Die ENGH bleibt weiterhin im Besitz der Einwohnergemeinde Grosshöchstetten, weiterhin mit dem Gemeinderat als Vertretung der Eigentümerin. Auch die neue Tochtergesellschaft ENGH Wärme AG bleibt faktisch im Besitz der Einwohnergemeinde: Eigentümerin ist neu die Energie Grosshöchstetten AG – und damit letztlich die Einwohnergemeinde. Die Gemeinde hat auf die ENGH Wärme AG den gleichen Einfluss wie auf die ENGH AG: Die Eigentümerstrategie, die für den Strombereich gilt, gilt auch für alle Tochtergesellschaften.

 

[i] Der Verwaltungsrat der ENGH AG besteht aus Magnus Furrer (VR-Präsident), Marlis Toneatti, Clément Dupin, Simon Mühlheim und Reto Nause. Der Verwaltungsrat der neuen Tochtergesellschaft ENGH Wärme AG besteht aus Magnus Furrer (VR-Präsident), Marlis Toneatti und Jörg M. Stoll als Vertreter der Alto Real Estate AG (Eigentümerin des Neuhusparks). Die Geschäftsleitung samt Finanzen und Administration liegt für beiden Firmen bei der Energie-Belp AG und ihrem Geschäftsleiter Ralph Bolzli.


Autor:in
Claudia Weiss, claudia.weiss@bern-ost.ch
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Erstellt: 15.10.2025
Geändert: 15.10.2025
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