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Privater Wärmeverbund: «Es war eine Bieridee»

Der Thema Wärmeverbund ist in Grosshöchstetten aktuell ein schwieriges Thema. Ganz anders bei Heinz Kähr und Thomas Siegrist vom Verein Wärmeverbund Niesenstrasse.

Heinz Kähr (links) und Thomas Siegrist sind zufrieden mit ihrem Wärmeverbund. (Bild: Pascale Groschel)
Die Anlage steht im Keller von Kähr. (Bild: Pascale Groschel)

Heinz Kähr und Thomas Siegrist sind langjährige Nachbarn. Beide besitzen ein Haus unterhalb des ehemaligen Landi-Gebäudes in Grosshöchstetten. «Es war die Rede davon, dass beim Landi-Gebäude eine Überbauung entstehen sollte. Da kam Heinz die Idee, dass man vielleicht von dort Fernwärme beziehen könnte», erklärt Thomas Siegrist.

 

Von der Bieridee zum Wärmeverbund

Gespräche unter den benachbarten Hausbesitzern und dem neuen Landibesitzer wurden geführt, doch es zog sich in die Länge und die erste Idee vom Anschluss an die Landi wurde verworfen. «Am Schluss war es eine Bieridee», lachen die beiden. Gemeinsam haben sie das Thema Wärmeverbund auf der Terrasse von Siegrist`s wieder aufgenommen: «Wenn wir uns bei der Landi nicht anschliessen können, dann machen wir es selbst». Am nächsten Tag haben sie ohne Bier über die Idee gesprochen und einen Entschluss gefasst.

 

 «Wir haben Offerten angefordert, alles Nötige zusammengestellt und sind dann mit allen interessierten Nachbarn zusammengesessen.» Insgesamt waren dann fünf Parteien interessiert. Nach zwei Wochen Bedenkzeit war die Überraschung gross: «Alle sind fast erschrocken, dass alle mit dabei sind.» Somit waren die Nachbarn Bähler, Gerber, Siegrist, Wittwer und Kähr alle beim Wärmeverbund dabei.

 

Gewässerschutzzone war eine Knacknuss

Der Baubewilligungsprozess war noch so eine Knacknuss. Denn was sie zu diesem Zeitpunkt nicht wussten: Die Bohrungen für die Leitungen von drei Häusern laufen durch die Gewässerschutzzone und diese waren grundsätzlich verboten. So musste vor Baubeginn ein hydrogeologisches Gutachten gemacht werden. Die Lösung des Gewässerschutzes war dann, dass die Bohrungen ohne chemische Zusätze gemacht werden konnten und somit das Grundwasser nicht gefährdeten. Die Bauarbeiten mussten unter der Beobachtung der Wasserwerte gemacht werden: «Dies hat die Kosten um gegen 20 000 Franken erhöht».

 

Transparenz unter den Nachbarn

Nachdem die Bewilligung vorlag, wurde der Verein Wärmeverbund Niesenstrasse im April 2023 gegründet. Baubeginn des Projekts war Anfang Mai 2023. Gerade da war es wichtig, dass alle Parteien informiert wurden: «Die Transparenz untereinander und dass alle auf dem gleichen Wissensstand waren, war sehr wichtig. Dies war zwar etwas aufwändig, hat sich aber gelohnt.» Meistens ist ein Wärmeverbund anders aufgebaut, weiss Heinz Kähr: «Einfacher gewesen wäre es, wenn jemand von uns die Anlage selbst gebaut und finanziert hätte und die anderen anschliessend von dort hätten Wärme beziehen können. Aber finanziell hätte das kaum einer von uns stemmen können.»

 

Kostengünstige Variante

Das gesamte Projekt kostete ungefähr 170 000 Franken, aufgeteilt auf fünf Parteien. Thomas Siegrist ist überzeugt, dass durch ihre Lösung mit dem Verein viel gespart werden kann: «Wenn jedes Haus selbst eine Heizungssanierung vornehmen würde, ergäbe dies einen enormen Betrag. Wir können uns nun die Wartungsarbeiten teilen, sprich der Kaminfeger kommt nur einmal statt fünfmal. Auch die Pellets können wir in Liefermengen von ganzen Lastwagenladungen bestellen, was sich günstig auf den Preis niederschlägt.»

 

Fünf Heizungen wurden ersetzt

Im September war die neue Heizung fertig und betriebsbereit. «Obwohl der Preis dafür gestiegen ist und der Ärger durch die Gewässerschutzzone grösser war als erwartet, läuft die Heizung nun», schmunzeln die beiden, «sie funktioniert und es ist warm». Durch die neue Heizung konnten drei Öl-, eine Strom- und eine Gasheizung ersetzt werden.

 

Eine einmalige Sache

Bei der Einweihung fragten sie den Heizungsinstallateur, ob er so eine Installation schon in vielen Quartieren gemacht hat. Seine Antwort überraschte: «Nein, bei Privatpersonen nie. So etwas kennen wir nur von den Bauern.» Dies erstaunte die Gemeinschaft, denn: «Wir hören oft, dass Personen eine neue Heizung möchten, jedoch kein Platz im Keller haben. Wir haben aktuell bis auf die Anlage keinen Platzverlust und können den Keller als Keller benutzen.»

 

Heinz Kähr selbst kann auch von der Bauzeit nur Positives berichten: «Es was sehr spannend, auch wenn die Installation eine Herausforderung war. Es wäre bestimmt in vielen Quartieren möglich, da es keine riesige Baustelle und Infrastruktur benötigt.» Die Anlage ist in Betrieb, doch merken tut die Familie Kähr davon nichts: «Die Maschine ist ruhig und ist wartungsarm, was uns wichtig war.»

 

Fördergelder für jede Partei

Nun wird die Dienstleistung noch im Grundbuch vermerkt, um sicherzustellen, dass alles rechtlich verankert ist. Sobald auch dies getan ist, warte ein weiterer Vorteil auf die Hausbesitzer. Jeder Partei kann durch das Einreichen eines Energienachweises Fördergelder beantragen. «Dadurch erhält jede Partei zwischen 4000 bis 6000 Franken dafür», erklärt Thomas Siegrist.

 

Lokale Lösungen für eine gemeinsame Zukunft

Heinz Kähr und Thomas Siegrist sind zufrieden: «Klar sind wir nun abhängig von diesem System, vorher waren wir es vom Stromlieferanten aber auch. Wir möchten mehr Leute motivieren, über den Tellerrand zu schauen und Synergien zu nutzten. Mit Nachbarn über einen möglichen Zusammenschluss zu sprechen, einfach mal nachzufragen, wenn jemand umbaut oder baut.»


Autor:in
Pascale Groschel, pascale.groschel@bern-ost.ch
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Erstellt: 26.03.2024
Geändert: 26.03.2024
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