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Grosshöchstetten: Kunterbunte Kreativkurse auch für Krebskranke

Claudia Lerch weiss, was man dringend nötig hat, wenn man sich nach einer Krebsdiagnose intensiven Therapien unterziehen muss: Kreative Wohlfühlmomente. Sie ist «Holistic Cancer Care Coach» und bietet kreative Kurse – für Menschen mit Krebsdiagnose, aber auch für alle anderen.

Claudia Lerch und ihr Labradormischling Boo: Sie weiss, was Menschen mit Krebsdiagnose dringend benötigen. (Foto: cw)
Claudia Lerch erklärt, wie«Neurodings» funktioniert. (Foto: cw)
Happy Painting mache glücklich und richtig süchtig, sagt sie. (Foto: cw)
Farben und Sprüche: Kreativität hilft, wenn Therapien viel Kraft brauchen. (Foto: cw)

Treuherzig blickt Hund Boo zu Claudia Lerch auf. Sie streicht ihm über den Kopf. Der freundliche Labradormischling ist eines der Dinge, die sich im Leben der heute 59-Jährigen geändert haben, seit sie ihren Alltag umgekrempelt hat und sich auf ihr «Atelier zum Glück» konzentriert.

 

Beschwingt führt Claudia Lerch durch ihr Reich: Gleich hinter dem Eingang steht ein grosser Tisch, an dem mehrere Personen miteinander malen und gestalten können. Überall stehen Farben und Pinsel, die Wände sind verziert mit ihren Werken. In Einzel- oder Gruppenkursen vermittelt sie anderen Menschen, wie sie mit Hilfe von Pinsel und Papier innere Ruhe, Gelassenheit oder Kraft finden können.

 

Happy Painting: Bunt und fröhlich

Sie selbst hat 2018 mit Happy Painting angefangen, einer comicähnlichen Zeichenmethode mit leuchtenden Farben. «Das ist bunt und fröhlich und macht ganz schnell süchtig», merkte sie rasch. Zuerst brauchte sie das Zeichnen nur für sich, um vom Alltag abzuschalten und in der Kreativität Energie aufzutanken. Seit 2019 gibt sie in ihrem eigenen Atelier in Grosshöchstetten diverse bunte und fröhliche Kreativkurse, «die allesamt ein bisschen süchtig machen», wie sie sagt.

 

Neurodings: Hirngekritzel gegen Blockaden

Dann kam Corona. In dieser Zeit fanden die Kurse nur online statt, dafür machte Claudia Lerch selbst den Aufbaulehrgang systemische Neurobilder in «Neurodings»: Das ist eine zertifizierte Methode, bei der scheinbar ziellose Linien harmonisiert, verstärkt, koloriert und schliesslich analysiert werden. «So kann man Themen, die einen beschäftigen, stressen oder blockieren neurokreativ verarbeiten», erklärt sie. «Sehr vereinfacht gesagt, kann man damit eine Verstopfung lösen, damit alles wieder frei fliesst.»

 

Sie hat Freude daran, konnte eigene Blockaden lösen und anderen helfen. Claudia Lerch führt in den hinteren Teil des grossen Ateliers: Ganz hinten steht eine Polstergruppe, dort führt sie Coaching-Gespräche oder führt durch Kurzmeditationen – auch das Methoden, um Blockaden zu lösen. Dass sie sich schon vor Jahren einst zur Reiki-Meister-Lehrerin hatte ausbilden lassen, kommt ihr dabei nur zugute. «Alles zusammen ergibt ein schönes Päckli», freut sie sich.

 

Onlineshop: Kursmaterial per Post

An der kleinen Küche vorbei geht sie zum Packtisch, dort verpackt Claudia Lerch Malmaterial, das sie in ihrem Online-Shop verkauft. Diesen hat sie zu Corona-Zeiten quasi nebenbei gegründet: Als sie Online-Kurse gab, stellte sie auf einmal fest, dass die Leute das benötigte Material gar nicht kaufen konnten. Also belieferte sie ihre Gruppen gleich eigenhändig per Postpaket.

 

Krebs: Das volle Programm

Und dann kam 2022 die Krebsdiagnose, hart, schonungslos: Bösartiger Brustkrebs. Das bedeutete Chemotherapie, Operation, Bestrahlung, das volle Programm. «Zuerst wollte ich keine Chemotherapie», erinnert sie sich. Ihre Onkologin überzeugte sie dann, dass es die einzige Möglichkeit sei.

 

Durchgestanden hat Claudia Lerch diese Monate dank ihrer vielen kreativen Methoden. Sie hat ein Krebstagebuch erstellt, ein eindrückliches Dokument aus Texten und Bildern, sehr persönlich, sehr kraftvoll. Und sie merkte, was ihr am meisten brachte in all diesen hochtechnischen Therapien: «Spass, Freude, Kreativität – das half mir, alles durchzustehen.»

 

Krebsbetreuung: Hilfe aus dem Tief

Kaum hatte sie genug Energie, liess sie sich zur «Holistic Cancer Care Coach» ausbilden, um Menschen mit einer Krebsdiagnose ganzheitlich unterstützen zu können. «Besonders nach all den Therapien, als alle dachten, jetzt müsste ich erleichtert sein, fiel ich in ein komplettes Loch», erzählt sie. «Plötzlich sollte alles wieder ‘normal’ weiterlaufen, aber das ging nicht.»

 

Sie weiss daher genau, was andere in dieser Situation durchmachen. Sie unterstützt sie mit  Meditation, einfachen Yogaübungen, ayurvedischen Alltagsroutinen und Ernährungstipps und mit viel Kreativität. Sie begleitet sie, indem sie zeigt, wie man bei all dem ein positives Mindset behält oder wieder aufbaut. «Ich möchte ihnen wieder Lebensfreude schenken und ihnen helfen, wieder Vertrauen in den eigenen Körper aufzubauen», sagt sie.

 

Atelier: Das neue Leben

Dieses Jahr hat Claudia Lerch gleich einen weiteren grossen Schritt gemacht: Sie ist aus ihrem provisorischen Lokal in Grosshöchstetten umgezogen und hat sich im grossen, hellen Atelier an der Ecke Kühltür und Mühle Caci niedergelassen. Anfang Juni wird sie das Atelier offiziell eröffnen. Hund Boo wird neben ihr stehen und sie treuherzig anschauen: Er gehört auch zu ihrem neuen Leben.

 

[i] «Atelier zum Glück», Mühlebachweg 22, 3506 Grosshöchstetten. Ateliereröffnung am 7. Juni, 14 bis 19 Uhr, und 8. Juni, 12 bis 17 Uhr.


Autor:in
Claudia Weiss, claudia.weiss@bern-ost.ch
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Erstellt: 19.05.2024
Geändert: 19.05.2024
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