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Grosshöchstetten: Verhärtete Fronten beim Fahrverbot Thalibühl

Der Gemeinderat Grosshöchstetten nimmt Stellung zur Petition gegen das Fahrverbot im Thalibühl: Er erklärt im Detail, weshalb er dennoch am Fahrverbot festhält. Petitionär Adrian Müller hält ebenfalls an seiner Position fest. Er argumentiert, das Verbot sei der Sicherheit abträglich. Entscheiden muss das Regierungsstatthalteramt Bern-Mittelland: Dort sind in dieser Sache zwölf Beschwerden hängig.

Rund um das Fahrverbot im Thalibühl Grosshöchstetten konnten sich die Petitionär:innen (links) und die Gemeinde (rechts) noch nicht einigen. (Fotos: BERN-OST, zvg)

Zur Vorgeschichte: 619 Personen aus Grosshöchstetten/Schlosswil und Umgebung hatten die Petition «keine Fahrverbote zum Nachteil der Vereine» gegen ein Fahrverbot im Thalibühl unterschrieben. «Die Unterzeichnenden fordern den Verzicht auf das geplante Fahrverbot!», lautete die Forderung an die Gemeinde: «Die Zufahrt soll auch in Zukunft möglich sein!»

 

Erklär-Brief an die Unterschreibenden

Am 4. Dezember reichten sie die Petition bei der Gemeinde ein (BERN-OST berichtete). Der Gemeinderat hat die Petition beurteilt und dazu Stellung genommen: «Er hält am ursprünglichen Entscheid fest und sieht den gewählten Weg zur Errichtung eines Fahrverbots mit Zubringerdienst nach wie vor als den richtigen», schreibt er in einer Medienmitteilung.

 

Wesentlich detaillierter begründen Gemeindepräsidentin Christine Hofer und Geschäftsleiter Beat Graf diesen Entscheid in einer Stellungnahme zuhanden der Petitionär:innen. Sie gehen auf alle einzelnen Punkte ein und erläutern ausführlich «die Gründe und Erwägungen, warum dennoch am Fahrverbot festgehalten werden soll».

 

«Gewisses Verständnis für den Unmut»

Sie zeigen «ein gewisses Verständnis» für den Unmut der Petitionär:innen: «Die neue Verkehrsmassnahme erfordert vor allem von den Autofahrerinnen und Autofahrern eine Verhaltensänderung, wie sie selber oder ihre Kinder künftig auf die Sport- und Freizeitanlage gelangen.»

 

Dennoch: Die vorhandene Fläche genüge für maximal drei bis vier Fahrzeuge beim Rastplatz und vor den Clubhäusern. «Diese Anzahl Parkplätze deckt den Bedarf keineswegs und könnte folglich Suchverkehr generieren.»

 

«Alle Vereine müssen sich an Regeln halten»

Ausserdem bestehe rund um die Sport- und Freizeitanlage Thalibühl ohnehin bereits ein Parkverbot – auch wenn dieses regelmässig missachtet werde. Übertretungen seien tatsächlich zu lange toleriert worden, schreibt der Gemeinderat selbstkritisch.

 

Dennoch wehrt er den Vorwurf ab, das Fahrverbot benachteilige einzelne Vereine: «Alle Vereine haben sich an geltende gesetzliche Bestimmungen und Verkehrsregeln zu halten.»

 

Fahrverbot soll Verkehrsaufkommen minimieren

Fahrten für den Güterumschlag sowie der Zugang zum Schützenhaus blieben auch weiterhin möglich, heisst es vonseiten der Gemeinde, und Ausnahmebewilligungen könnten beantragt werden. «Ebenso bleibt der Langsamverkehr möglich und ist vom Fahrverbot nicht betroffen.» Das generelle Ziel des Fahrverbots allerdings laute, «das heutige Verkehrsaufkommen rund um die Sport- und Freizeitanlage Thalibühl zu minimieren».

 

Insgesamt findet der Gemeinderat: «Die Sport- und Freizeitanlage ist erreichbar, ohne dass man mit dem Auto unmittelbar auf den Platz selber fahren muss.» Das Fahrverbot dürfe durchaus zum Anreiz werden, «kurze Strecken vermehrt zu Fuss oder mit dem Velo zurückzulegen».

 

«Pumptrack ist nicht schuld am Fahrverbot»

Vor allem sei die Darstellung, der Pumptrack sei verantwortlich für das Fahrverbot, zu stark vereinfacht und treffe so nicht zu: Am Fahrverbot werde unabhängig von einer Projektausführung festgehalten.

 

Das Fazit des Gemeinderats lautet deshalb nach allen Erläuterungen: «Die Verkehrsmassnahme ist unserer Ansicht nach verhältnismässig und zum Erreichen des Zweckes geeignet, erforderlich und zumutbar.»

 

Beschwerden beim Regierungsstatthalteramt

Allerdings ist sich Gemeindepräsidentin Christine Hofer bewusst, dass in dieser Sache nicht die Gemeinde das letzte Wort hat, sondern das Regierungsstatthalteramt. Denn: «Gestützt auf die publizierte Verkehrsmassnahme sind Beschwerden eingereicht worden.»

 

Das bedeutet, dass die Stellungnahme der Gemeinde vorerst eher einen erklärenden Charakter hat. So steht es auch in der Medienmitteilung: «Der entsprechende Beschwerdeentscheid des Regierungsstatthalteramts Bern-Mittelland bleibt vorbehalten.»

 

Regierungsstatthalterin: «Zweiter Schriftenwechsel»

Regierungsstatthalterin Ladina Kirchen bestätigt auf Anfrage, dass Beschwerden vorliegen. Viel könne sie zum laufenden Verfahren nicht sagen: «Zurzeit wird im Beschwerdeverfahren betreffend das am 19. Oktober 2023 im Anzeiger Konolfingen publizierte Fahrverbot am Thalibühlweg in Grosshöchstetten ein zweiter Schriftenwechsel durchgeführt.»

 

Gegenwärtig können die Beschwerdeführenden zu den Argumenten der Gegenpartei, also der Gemeinde, Stellung nehmen. Anschliessend erhält wiederum die Gemeinde Gelegenheit, zu den Argumenten der Beschwerdeführenden Stellung zu nehmen.

 

«Fahrverbot ist eine Rieseneinschränkung»

Adrian Müller, Wortführer der Petitionär:innen, bestätigt: Er und die anderen Beschwerdeführer:innen hätten per Post jeweils einen mehrseitigen Bericht erhalten. Bis am 18. Januar, sagt Müller, müssten alle Stellung nehmen und Beweise für ihre jeweiligen Argumente bringen. Das werde für ihn noch ein Stück Arbeit bedeuten: «Vorschläge habe ich, aber diese muss ich noch ausarbeiten.»

 

«Gar nicht zufriedenstellend»

Tatsächlich kann Müller die Argumente er Gemeinde ein Stück weit nachvollziehen. Dennoch sagt er auf Anfrage spontan: «Ich finde die Erklärungen gar nicht zufriedenstellend.» So einfach liessen sich die insgesamt zwölf Beschwerden von acht beteiligten Parteien gegen das Fahrverbot nicht wegdiskutieren, sagt er. Und: «Das Fahrverbot ist eine Rieseneinschränkung, und ich fühle mich persönlich in meinen Rechten beschnitten.»

 

Schon im Gespräch mit der Gemeinde sei seinerzeit nicht viel herausgekommen, findet er. Dabei wäre für ihn als Landwirt und Inhaber einer Transportfirma die Lösung ganz einfach: «Die Situation, wie sie war, funktionierte gut.»

 

«Gefährlicher als bisherige Situation»

Ausserdem bedeutet das Fahrverbot aus seiner Sicht eine Sicherheitsminderung: Zwar dürfe er als Landanstösser trotzdem durchfahren, aber das Verbot wiege die Fussgänger:innen und Velofahrer:innen in falscher Sicherheit . «Das ist gefährlicher als die bisherige Situation.»

 

Allgemein komme es manchmal bei Fahrverboten vor, dass Leute auch Transportfahrzeuge trotz offizieller Berechtigung nicht passieren lassen. Er und seine Angestellten erleben das immer wieder. «Das ist jeweils eine unangenehme Situation.» Adrian Müller hofft deshalb, dass seine Argumente einen Einfluss auf den Entscheid der Regierungsstatthalterin haben. 

 

Gemeinde hofft auf Verständnis

Die Gemeinde ihrerseits hofft, «dass mit den vorliegenden Erläuterungen der Verkehrsmassnahme mehr Verständnis entgegengebracht werden kann». Das schreibt sie in der Stellungnahme an die Petitionär:innen.

 

Entscheid? Zeitpunkt noch offen

Bis das Verfahren abgeschlossen ist, dauert es eine Weile. «Über den Zeitpunkt des Entscheids können wir leider keine Aussage machen», teilt Regierungsstatthalterin Ladina Kirchen mit.  

 

Und auch dann sei in Sachen Fahrverbot im Thalibühl vielleicht noch nicht das letzte Wort gesprochen: «Ein Weiterzug des Entscheids an das Verwaltungsgericht des Kantons Bern und danach ans Bundesgericht ist möglich.» Das hingegen wünscht wohl niemand von den Beteiligten.


Autor:in
Claudia Weiss, claudia.weiss@bern-ost.ch
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Erstellt: 11.01.2024
Geändert: 11.01.2024
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