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Irina Gerber: «Ich bin keine Rampensau – aber ich liebe die Bühne»

Sie steht auf der Bühne, wenn andere feiern: Irina Gerber moderiert derzeit das Public Viewing der Frauen-EM in Bern und Thun. Die 30-jährige Wichtracherin hat sich Schritt für Schritt ihren Platz auf der Bühne erarbeitet. Ein Gespräch über Leidenschaft, Lampenfieber und Glück.

Irina Gerber: «Ich will nicht der Clown sein.» (Foto: Rolf Blaser)
Irina Gerber spielte selbst Fussball, heute moderiert sie an der EM. (Foto: Rolf Blaser)

Es ist früher Abend auf dem Bundesplatz in Bern. Auf der Bühne kündigt Irina Gerber die nächsten EM-Spiele an. Auch wenn kein Spiel im Bern stattfindet, verfolgen Jung und Alt die Spiele auf der Grossleinwand. Gerber interviewt Fans im Publikum. 

 

Am Tag darauf sitzt sie auf einer Festbank vor dem Bundeshaus. Keine Show, keine Bühne – aber dasselbe Strahlen in der Stimme. Irina Gerber erzählt, wie aus einem Kind mit Theatertalent eine Radiomoderatorin wurde. Und wie sie heute von Bühne zu Bühne zieht.

 

BERN-OST: Irina Gerber, du bist auf dem Bundesplatz in Bern eines der Gesichter der Frauen-EM. Wie hat dieser Weg begonnen?

Irina Gerber: Ich bin in Wichtrach aufgewachsen, habe die Wirtschaftsmittelschule in Thun gemacht und dann zuerst im Büro gearbeitet. Dort hatte ich mal eine richtig hässige Kundin am Telefon. Ich blieb ruhig, konnte sie beruhigen – und eine Kollegin meinte danach: «Mit deiner Stimme solltest du zum Radio.» Das war der Moment, in dem es Klick gemacht hat.

 

Wie ging das dann weiter?

Ich habe den Job gekündigt und beim Radio Canal 3 in Biel ein Stage gemacht und moderierte eine Zeit lang bei Canal 3, heute bin ich beim Radio 32 in Solothurn am Mik.

 

Und jetzt moderierst du nicht nur beim Radio, sondern auch auf Grossveranstaltungen. Wie kam es zur EM?

Ich habe mich im März selbständig gemacht und eine Website aufgebaut. Dann kamen Anfragen aus Bern und Thun – sie suchten Moderatorinnen für die Public Viewing Zonen. Ich habe sofort zugesagt. Jetzt bin ich an beiden Orten dabei: Ich moderiere die Bühnenprogramme auf dem Bundesplatz, kündige Matche und Konzerte an, spreche mit Fans, bin aber auch Ansprechperson, wenn mal etwas nicht läuft.

 

Was bedeutet dir die Frauen-EM persönlich?

Sehr viel. Selbst habe ich früher bei Hünibach in der 4. Liga Fussball gespielt. Für mich macht es keinen Unterschied, ob Männer oder Frauen auf dem Feld stehen – aber ich finde es schön, dass bei der EM eine friedliche, herzliche Stimmung herrscht. Keine Hooligans, dafür viele Fans, die sich in den Armen liegen – auch aus gegnerischen Lagern.

 

Warst du auch vor der EM an Spielen?

Ich schaue ab und zu die YB-Frauen – und jetzt während der EM werde ich sicher auch noch ein paar Spiele live sehen. Den Final in Basel zum Beispiel.

 

Wenn man deinen Namen googelt, tauchst du überall auf – Radio, Moderation am Gurtenfestival, Schwingfest, Gemeinde Wichtrach. Wie viele Terminkalender brauchst du eigentlich?

(Lacht) Einen. Und das auch erst seit ein paar Monaten digital. Davor hatte ich alles im Kopf oder auf Papier. Aber ja, der Sommer ist schon sehr voll.

 

Du hast dich als Eventmoderatorin selbständig gemacht. Wie war der Start?

Ich habe unterschätzt, wie viel hinter den Kulissen passiert. Vorbereiten, Gagen verhandeln, Rechnungen schreiben, Zeitmanagement, Bürokratisches – das alles gehört dazu. Zudem arbeite ich weiterhin zwei Tage die Woche bei Radio 32, das gibt mir Sicherheit.

 

Was fiel dir am schwersten in der Selbständigkeit?

Mich selbst zu verkaufen. Ich bin nicht die, die laut ruft: «Hier bin ich!» – aber ich arbeite daran, mich zu zeigen.

 

Gibt es auch Engagements, die du nicht annehmen würdest?

(überlegt) Politische Events zum Beispiel würde ich nicht moderieren, an einem Parteianlass sehe ich mich nicht. Ein Podiumsgespräch hingegen wäre kein Problem.

 

Wie gehst du mit Lampenfieber um?

Hier auf dem Bundesplatz hatte ich es definitiv. Bei meiner ersten Moderation war der Platz voll – ich war nervös. Aber ich sage mir immer: Es geht nicht um mich. Die Leute kommen wegen der Matches, wegen der Stimmung, nicht wegen mir. Wenn ich das im Kopf habe, geht es gut.

 

Würdest du sagen, Moderation ist deine Berufung?

Heute ja. Es fühlt sich nicht wie ein Job an – wenn ich dann auf der Bühne stehe, bin ich ganz bei mir. Ich will nicht der Clown sein, bin keine Rampensau – aber ich kann auf Menschen zugehen und sie mitnehmen, auf eine bodenständige Art. Das ist meine Stärke.

 

Du bist auch für deine Gemeinde aktiv und beim EHC Wiki engagiert. Bleibst du der Region treu?

Ich schreibe seit ein paar Jahren fürs «Punktuell», das Gemeindeblatt von Wichtrach. Beim EHC Wiki-Münsingen war meine ganze Familie involviert – mein Grossvater war Präsident, meine Mutter im Vorstand und mein Vater hat selbst dort gespielt und war Sportchef. Ich bin mit Hockey aufgewachsen. Auch dort habe ich moderiert – beim Jubiläum oder als Wiki in der MySports-League spielte habe ich gefilmt und Interviews mit den Spielern beigesteuert.

 

Bist du glücklich?

Sehr! Wenn ich morgens aufstehe, kann ich sagen: Ich mache genau das, was ich liebe. Ich freue mich auf jeden Tag. Letzte Woche kam nach einer Moderation auf dem Bundesplatz ein Zuschauer auf mich zu und wollte ein Foto – das hat mich sehr gefreut. Nicht, weil es um mich ging, sondern weil ich offenbar etwas rüberbringen konnte.

 

Wenn dein Leben eine Moderation wäre – wie würdest du dich selbst ankündigen?

Wahrscheinlich so: «Hier kommt Irina – sie liebt Musik, Sport, Kunst. Sie ist offen, begeisterungsfähig und nimmt euch durch den Anlass, ohne sich selbst ins Zentrum zu stellen.»


Autor:in
Rolf Blaser, info@bern-ost.ch
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Erstellt: 12.07.2025
Geändert: 13.07.2025
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