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Konolfingen/Zäziwil - Aus dem Bäderparadies ist ein Wanderland geworden

Quelle
Berner Zeitung BZ

Die Namen sind geblieben, die Badestuben verschwunden. Eine Wanderung im ehemaligen Bäderparadies in den Högern zwischen Konolfingen und Zäziwil.

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Der höchste Punkt: Auf 1167 Metern über Meer steht Rudolf Grabers Bergrestaurant Ringgis. (Bild: Laura Fehlmann)
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Die Route.
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Vor weniger als hundert Jahren reisten die Gäste noch mit dem Pferdefuhrwerk vom Bahnhof Konolfingen zum Hotel Schwendlenbad in Oberhünigen. Damals beherbergten die Schwendlen-Wirte in ihren 40 Zimmern Badegäste, die sich im geheizten Quellwasser vergnügten. Nicht nur das gesunde Eisenwasser floss, sondern auch Wein und Schnaps. Das Treiben von Männlein und Weiblein in den Badestuben war den Kirchenmännern ein Dorn im Auge. Nun, das Hotel brannte 1947 ab. Vom ehemaligen Badgebäude liegt heute nur noch ein Haufen Bretter und Balken am Wegrand.

Von Konolfingen aus gelangt man zu Fuss innert 45 Minuten zum Schwendlenbad. Etwas weiter oben am Hügel, auf rund 800 Metern über Meer, liegt der Weiler Obermoos. Weiter bergan halten wir uns an die Wegweiser zum Tanzplatz (50 Minuten) und nach Aebersold (1 Stunde 15 Minuten). Der Wanderweg führt durch ausgedehntes Waldgebiet.

Idyllisch und abgelegen

Der Tanzplatz liegt mitten im Wald bei einer Wegkreuzung mit Waldhütte. Ein abgelegener Platz, gut geeignet für wilde Feste. Die kommenden 250 Höhenmeter lassen uns aber ohne Tanzschritte ausser Atem kommen. Obschon unweit vom Siedlungsgebiet gelegen, wirken Wald und Hügel unberührt. Wieder auf Wiesland führt der Weg über eine Krete. Am Hang unten klebt ein Bauernhaus mit dem Namen «Chläbi». Passt. Atempause. Die Sicht reicht bis zum Stockhorn und zu den Alpen.

Vom Weiler Aebersold – bekannt für seine Chilbi – wandern wir hoch durch den Ringgiswald und kommen zum höchsten Punkt der Wanderung. Vorher werfen wir einen Blick zurück und erfreuen uns an einer Emmentaler Landschaft wie im Bilderbuch: Da steht eine Linde auf einem Hügel, Kühe weiden, und im Tal liegt das Dörfchen Linden.

Auf 1167 Metern über Meer befindet sich das Bergrestaurant Ringgis von Rudolf und Käthi Graber. Direkt neben dem Wanderweg haben sie ein Selbstbedienungsrestaurant eingerichtet. In grossen Plastikkübeln locken Spitzbuben, mit Schokolade gefüllte Brätzeli und Nidletäfeli – Spezialitäten der Hausherrin. Auch Getränke sind vorhanden. Bezahlt wird in ein Kässeli. Wer in der Gaststube etwas Währschaftes essen will, muss sich anmelden. Rudolf Graber ist ein begnadeter Grillmeister und das Salatbuffet von Ehefrau Käthi legendär. Auch der Kafi fertig. «Wer nicht mehr heimlaufen mag, kann bei uns im Massenlager schlafen», witzelt Graber.

Nach Schweinsragout mit Stock und Salat, begossen mit Weisswein, beginnt nun die zweite Hälfte der Wanderung. Der Bauch ist voll. Zum Glück geht es nur noch geradeaus oder abwärts. Gelbe Wegweiser signalisieren, wie man zum Wildeneybad gelangt. Plötzlich steht man vor dem Gasthaus, das im Herbst seine Gäste mit Wildspezialitäten verwöhnt. Als Bad wurde es 1641 erstmals erwähnt, als der Badwirt wegen «etlicher Kilbenen» vor das Chorgericht zitiert wurde. 1907 ist das Wildeneybad vollständig abgebrannt und wurde wieder aufgebaut. Bis 1949 schwelgten die Gäste in drei Badestuben im stark eisenhaltigen Wasser. Aber auch hier berichten Quellen von Festivitäten mit viel Alkohol und anderen Vergnügungen im Badewasser.

Nach einem letzten stotzigen Anstieg am Siglisbach geht es über Oberhünigen – typisch Emmental – steil abwärts.

Zurück im Tal

Lange Zeit galt der Kanton Bern als ein Bäderparadies der Schweiz. Vor allem im Emmental erinnern noch viele Namen daran: Löchlibad, Brunnenbachbad und Höhlibad bei Zäziwil. Zu sehen ist nichts mehr davon. Ein geschichtsträchtiges Gebäude liegt aber doch noch am Weg: Im Weiler Gmeis (Gemeinde Mirchel) steht das Geburtshaus von Alt-Bundesrat Friedrich Traugott Wahlen. Er war von 1959 bis 1965 im Amt. Seine Heimatgemeinde errichtete ihm eine Gedenkstube, die besucht werden kann (siehe Bildstrecke).

Die Bäderwanderung schliessen wir auf Teerstrassen ab. Durch die Ebene des Kiesentals gelangt man rasch zum Bahnhof Zäziwil. Wer dort in die Schalterhalle will, stösst auf eine verschlossene Türe und stellt fest: Die Räumlichkeiten wurden in eine Wohnung umgebaut, zweifellos mit Bad.

Die Route
Vom Bahnhof Konolfingen aus führt die Wanderung über Niederhünigen nach Schwendlen zum Tanzplatz mitten im Wald. Über eine Krete geht es weiter zum Weiler Aebersold, zum Bergrestaurant Ringgis, hinunter zum Wildeneybad, von dort über Oberhünigen und Gmeis nach Zäziwil. Mit dem Zug gelangt man nach Konolfingen zurück. Hilfreich: Landeskarte der Schweiz 1:25'000, Blatt 1187. Wanderzeit: 5 bis 6 Stunden. Wer die Wahlen-Gedenkstube besichtigen will, muss sich im Hotel Appenberg anmelden.

Weitere Infos: www.ringgis.ch, www.appenberg.ch, www.friedrichtraugottwahlen.ch

Autor:in
Laura Fehlmann, Berner Zeitung BZ
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Erstellt: 15.10.2012
Geändert: 15.10.2012
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