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Kunstturnen - "Ivan und Fabian besitzen das Rüstzeug zu Spitzenturnern"

Mit Ivan Thomi und Fabian Graf gehören zwei Oberdiessbacher ab sofort zum nationalen Jugendkader der Kunstturner. Beide trainieren pro Woche gegen 21 Stunden – fünf Mal im Leistungszentrum in Bern und ein Mal in Oberdiessbach.

Mittwochnachmittag, in der Turnhalle der Primarschule in Oberdiessbach wird eifrig trainiert. Barren, Pferd und Ringe sind einsatzbereit und auf dem beige-braunen Turnhallenboden rings um das Magnesiumbecken hat das weisse Pulver schon recht grosse Spuren hinterlassen. Im Einsatz stehen unter anderen der 10-jährige Ivan Thomi und der 11-jährige Fabian Graf mit ihrem Trainer Christoph Läderach. Beide Nachwuchskunstturner haben am letzten November Sonntag im zürcherischen Neftenbach die Qualifikationshürde für das nationale Jugendkader übersprungen. Ab sofort trainieren die beiden Oberdiessbacher somit zusammen mit Christoph Läderach und dem Russen Alexander Genkin im regionalen Leistungszentrum in Bern. «Wir trainieren pro Woche rund 21 Stunden», sagt der 10-jährige Ivan Thomi. Der um ein Jahr ältere Fabian Graf präzisiert: «Jeweils am Mittwoch üben wir drei Stunden in Oberdiessbach und an fünf weiteren Tagen in der Woche sind wir jeweils dreieinhalb Stunden im Leistungszentrum in Bern am üben.»

Zwölf Leistungszentren in der Schweiz

Bern ist eines von insgesamt zwölf
regionalen Leistungszentren in der Schweiz. Wöchentlich fünf Mal treffen sich hier die 15 besten Kunstturner des Kantons Bern zum Training. «Einmal pro Woche trainieren wir in Oberdiessbach, weil wir die Turner des Leistungszentrums auch im eigenen Turnverein dem übrigen Nachwuchs als Ansporn präsentieren wollen», sagt der 37-jährige Christoph Läderach aus Oberdiessbach. Nebst seinem Lehreramt im Teilpensum ist Läderach zusammen mit Alexander Genkin «Halbprofitrainer» im Leistungszentrum Bern wie auch im TV Oberdiessbach. «Ivan und Fabian trainieren in Bern meist nicht mit mir. Im Leistungszentrum üben wir in zwei Gruppen und die beiden sind meist unter der Obhut von Genkin», betont Läderach. Beide hätten vom ehemaligen Nationaltrainer der russischen Kunstturner bisher sehr viel profitiert. «Genkin hat einen grossen Anteil am bisherigen Erfolg von Ivan und Fabian», gibt Läderach die Blumen an seinen Trainerkollegen weiter.

Claudio Capelli und Donghua Li

Wie fast jeder junge Sportler blicken auch die beiden Oberdiessbacher zu einem Sportler mit Vorbildfunktion hoch. Für Ivan Thomi richtet sich dieser Blick zum aktuellen 17-jährige Schweizer Mehrkampfmeister Claudio Capelli aus Rapperswil (BE) hinauf. Fabian Graf sieht sein Vorbild im ehemaligen Weltmeister und Olympiasieger am Pferdpauschen, Donghua Li. Zu den zukünftigen Ambitionen von Thomi und Graf zeigt sich Trainer Christoph Läderach zuversichtlich. «Ivan und Fabian besitzen das Rüstzeug zum nationalen Spitzenturner, doch dies hängt von vielen Faktoren ab». Verletzungen, Schule, Ausbildung, Eltern oder die Motivation des Turners, dies alles seien Komponenten, die sich auf eine sportliche Karriere eben negativ oder positiv auswirken können. Bisher ist bei den beiden Oberdiessbachern in diesem Bereich alles gut verlaufen und in der Schule sind die beiden gar von einigen Lektionen befreit. Trotzdem, nebst Schule und Training bleibt Ivan und Fabian nicht mehr sehr viel Freizeit.

Kantonalmeister als Ziel

«Nebst den Schulaufgaben finde ich aber meist noch Zeit, am Samstag im Radio die Spiele der SCL Tigers zu verfolgen», sagt Ivan Thomi. Auch Fabian Graf gibt sich als Fan des Emmentaler NLA-Eishockeyklubs, ist aber derzeit nicht gerade begeistert von deren Leistung. Ivan und Fabian möchten im Turnen jedenfalls bessere Leistungen zeigen, denn als Zielsetzung für die kommende Saison streben beide Turner den Kantonalmeistertitel und der Sieg am Oberländischen Kunstturnertag an. Zudem möchten die beiden «Diessbacher» an der Schweizer Jugendmeisterschaft im Juni 2005 eine gute Figur machen. «Ich möchte im P3 unter die besten 30 Turner kommen», steckt sich der 10-jährige Ivan Thomi ein weiteres Ziel. Etwas höher liegt die Latte beim 11-jährigen Fabian Graf: «An der SM möchte ich im P3 unter die besten 20 Turner.» Für die fernere Zukunft träumen die beiden Kunstturner von einer Nomination ins Schweizer A-Nationalkader.

Mit sieben Jahren hat Ivan Thomi mit Kunstturnen begonnen und gar schon als sechsjähriger Knirps rieb sich Fabian Graf erstmals Magnesium zwischen die Finger. Beide haben noch einen langen und harten sportlichen Weg vor sich. Eine erste Hürde ist mit der Qualifikation ins Nationale Jugendkader übersprungen. Sind die Beiden weiterhin so motiviert bei der Sache, wäre ein weiterer Mosaikstein gelegt. Bleiben dann auch noch die von Trainer Christoph Läderach oben erwähnten Faktoren im positiven Bereich, so wird der «Höchstetter» Christoph Schärer im A-Nationalkader irgendwann vielleicht von einem oder gar zwei «Diessbachern» abgelöst. Eines haben Ivan und Fabian mit dem 24-jährigen Schweizer Spitzenkunstturner Christoph Schärer heute schon gemeinsam: Beide turnen wie das Emmentaler Kunstturner-Aushängeschild aus Grosshöchsetten mit Vorliebe am Reck.


Christoph Schärer – das Aushängeschild

Christoph Schärer, geboren am 14. August 1980 in Grosshöchstetten, ist als Mitglied des A-Nationalkaders Aushängeschild und Ansporn des Kunsturnersports in der Region Emmental. Begonnen hatte Schärer seine Kunstturnerkarriere als Sechsjähriger einst in der Jugendriege des Turnvereins Zäziwil. Mit 18 Jahren wurde Schärer ins nationale Kader in Magglingen aufgenommen und zwei Jahre später fand er Aufnahme im Nationalteam. Die «Kunst des Turnens» wird im Emmental heute praktisch nur noch im Turnverein Signau und im Turnverein Oberdiessbach gepflegt. Insgesamt gibt es im Kanton Bern heute noch acht Vereine in denen Kunstturnen betrieben wird. Die 15 besten Turner aus diesen acht Vereinen trainieren jeweils fünf Mal die Woche im Leistungszentrum Bern.

www.wochen-zeitung.ch
www.oberdiessbach.ch

Autor:in
Martin Burri, Wochen-Zeitung
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Erstellt: 09.12.2004
Geändert: 09.12.2004
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