• Region

Landiswil: «Ich bin stolz auf meine Gemeinde»

Gemeindepräsident Samuel Wittwer hat eine aufregende Gemeindeversammlung hinter sich: Das neue Strassenreglement gab einiges zu diskutieren, die Gemeinde war zuerst sehr uneins. Das Reglement sei aber essenziell, plädierte Wittwer, damit man endlich stabile Grundlagen für die Finanzierung habe. Der Entscheid fiel dann einhellig.

Gemeindepräsident Samuel Wittwer liebt seine Gemeinde. (Foto: cw)
Samuel Wittwer vor der Gemeindeverwaltung: Er freut sich, dass Landiswil jetzt ein neues Strassenreglement hat. (Foto: cw)
Neben der Gemeindeverwaltung grasen Schafe und gluckert der Dorfbach. (Foto: cw)

Das Dorf Landiswil wirkt ausgesprochen friedlich: Unter den Bäumen hinter der Gemeindeverwaltung weiden Schafe, gemächlich gluckert der Dorfbach vor sich hin. Aber es kann auch wilder zugehen. Wenn beispielsweise an der Gemeindeversammlung über das Strassenreglement abgestimmt werden soll, das definiert, welche Hofzufahrten und Strassen wie stark von der Gemeinde finanziert werden.

 

Ein Viertel war gekommen…

Etwas überrascht war Gemeindepräsident Samuel Wittwer dann doch, als er in der Mehrzweckhalle Obergoldbach 118 Personen begrüsste: «Das sind fast ein Viertel aller Stimmberechtigten von Landiswil», staunte er. Üblicherweise blicke er bei seiner Begrüssung in 20 bis 25 Gesichter. Aber gleichzeitig war ihm klar: Das neue Strassen- und Wegreglement, das bereits im Vorfeld zu heissen Debatten geführt hatte, brachte die Leute auf den Plan.

 

…um abzustimmen…

Die gute Nachricht vorab: Die Landiswiler Rechnung schloss besser als erwartet und sie wurde problemlos angenommen. Das freut den Gemeindepräsidenten. Dann aber begann für ihn das Zittern: «Das Wegreglement war bereits 2019 einmal abgelehnt worden», sagt er. «Es ist aber wichtig, dass wir endlich eine solide Grundlage für die Strassenklassierung haben.» Daher wartete er unruhig auf die Abstimmung.

 

…und zu diskutieren

Zwar hatte Wittwer die unzufriedenen Parteien bereits im Vorfeld zu sich an den Tisch geholt, ihnen Beispiele vorgerechnet und die genauen Folgen des Reglements aufgezeigt. Die einen konnte er damit tatsächlich überzeugen, andere nicht.

 

Nicht der Strassenklassenplan…

Für Verwirrung bei den Stimmbürger:innen sorgte ausserdem die Tatsache, dass es nicht um den konkreten Strassenklassenplan ging, sondern um das übergeordnete Strassen- und Wegreglement. Diese beiden Themen gerieten auch bei der Diskussion etwas untereinander.

 

…sondern das Reglement stand zur Debatte

Zur Erklärung: Das Reglement ordnet zu, welche Strasse von der Gemeinde wie stark subventioniert wird, und zwar mit einer Klassierung von eins (Gemeindestrasse) bis sechs (Privatstrasse oder Zufahrt einzig für private Nutzung). Auf dem Strassenklassenplan sind diese Klassen in verschiedenen Farben eingezeichnet, Violett benennt Gemeindestrassen oder Privatstrassen, die der allgemeinen Nutzung dienen, Gelb steht für private Zufahrten.

 

Von Gelb bis Violett

Aber, das sei wichtig zu verstehen: «Das Reglement hält nicht fest, welche Hofzufahrt zu Gelb zugeteilt ist und welche zu Violett.» Der Strassenklassenplan mit dieser Zuteilung wird vom Gemeinderat erst noch erarbeitet – eben auf der Grundlage des Wegreglements. Darauf wies Samuel Wittwer all jene hin, die beanstandeten, sie seien in diesem Strassenklassenplan falsch eingeteilt.

 

Das grandiose Plädoyer…

Als an der Gemeindeversammlung die Diskussionen erregter wurden, übernahm Gemeinderat Martin Wüthrich, zuständig für Verkehr und Wirtschaft. Er hatte sich seit Monaten intensiv mit dem Thema auseinandergesetzt und erklärte dem Publikum die Sachlage genau. «Er hat das mit viel Herzblut und Vehemenz gemacht», freut sich Wittwer. «Sein Plädoyer war grandios und wirkte.»

 

…wirkte sehr gut

Es wirkte sogar so gut, dass am Ende zwei Drittel aller Landiswiler:innen dem Reglement zustimmten. «Ich bin stolz auf die Gemeinde, die uns ermöglicht hat, dieses Vorzeigemodell einzuführen», sagt Gemeindepräsident Wittwer im Rückblick. Für die Gemeinde bedeutet das, dass sie nach 33 Jahren im August das alte Strassen- und Wegreglement durch ein frisch gekämmtes Reglement ersetzen kann.

 

Damit liege jetzt «ein gerechteres und zeitgemässes Instrument vor, das künftig den Strassenunterhalt klar regelt», heisst es im Protokoll zur Versammlung. Und damit habe man bei Strassenbauprojekten eine einheitliche Rechtsgrundlage: «Jetzt müssen wir nicht mehr immer bei Null anfangen, sondern können uns auf das Reglement stützen», lobt Wittwer.  

 

Ab 1. August soll beides gelten

Die grösste Veränderung bestehe darin, dass die Strassen und Wege künftig nicht mehr nach Eigentumsverhältnissen und historischer Bedeutung klassiert werden: Neu zählt, welche Funktion sie heute haben und wie sie genutzt werden. Ziel sei jetzt, am 1. August gleichzeitig das neue Reglement und den neu erarbeiteten Strassenklassenplan in Kraft zu setzen.

 

«Rundum gut versorgt»

Samuel Wittwer und sein Gemeinderat haben also im Sommer noch einiges vor. An diesem Morgen Ende Juni schaut er aus dem Fenster und zeigt auf den schönen Blick ins Grüne, dann sagt er entspannt: «Ich bin wohl in Landiswil und habe die Leute einfach gern.» Auch mit seinem fünfköpfigen Gemeinderatsteam und der «starken Verwaltung» sei er «rundum gut versorgt».

 

Wittwers grösste Sorge…

Momentan könne Landiswil noch vieles bieten, was andere Gemeinden nicht mehr können: Als Gemeindeverwaltung beim Ausfüllen von Formularen helfen beispielsweise, mit Arni zusammen zwei Schulstandorte bieten sowie eine Aussenagentur der Raiffeisen Bank.

 

Wittwer überlegt kurz, dann kommt ihm rasch seine gegenwärtig grösste Sorge in den Sinn: Gemeindeschreiberin Margrit Zürcher Marti geht nächsten März nach 33 Jahren in Pension, und davor sei ihm jetzt schon etwas bang. «Ich weiss gar nicht, was ich ohne ihr enormes Erfahrungswissen machen werde!»

 

…und das Dorfgespräch

Im Dorf hingegen gebe vor allem der Standort der Mobilfunkanlage zu reden. Anders als in der Stadt werde diese aber nicht generell bekämpft, erklärt Wittwer: «Mobilfunk ist wichtig in unseren abgelegenen Strassen.»

 

Kritisiert werde einzig, dass der Mast zu nahe bei der Kirche geplant sei und optisch das Ortsbild störe. Wittwer schmunzelt und sagt: «Dabei wurden wir eigentlich nur punkto Farbgebung gefragt.» Der Standort sei schon lange klar, nämlich dort, wo früher die TV-Antenne stand.

 

Nicht mehr viele Begegnungsorte…

Ansonsten hört Wittwer, der in seiner vierten Legislatur als Gemeindepräsident waltet, auch aus der Gemeinde viel Positives. «Natürlich haben wir Probleme wie andere», sagt er. Schade sei beispielsweise, dass es in Landiswil nicht mehr viele Begegnungsorte gebe: Keinen einzigen Laden, in dem man sich beim Einkaufen begegnen könne – aber immerhin noch den Löwen und das wiedereröffnete Löchlibad. «Ansonsten begegnet man sich im Dorf ausser bei Musik- und Jodlerfesten oder am 1. August nicht mehr gross», bedauert er.

 

…dafür schöne Natur…

Aber gerade letzthin habe er mit ein paar Jungbürger:innen gesprochen und auch von ihnen gehört, dass sie sich wohl fühlen: Das viele Grün, die reiche Natur und das tragende Miteinander in der Gemeinde gefalle auch ihnen, fanden die jungen Landiswiler:innen, obwohl es keinen Bahnhofe gebe – aber sie hätten ja immerhin ein Postauto.

 

…und friedliche Stimmung

Das Telefon klingelt, Samuel Wittwer wird bei der Arbeit gebraucht, der Gemeindepräsident ist auch Geschäftsführer bei einer Elektro-Firma in Biglen. Während er mit dem Auto davonfährt, bimmeln friedlich die Glocken der grasenden Schafe, und der Dorfbach gluckert leise: Landiswil ist meistens eine sehr friedliche Gemeinde.


Autor:in
Claudia Weiss, claudia.weiss@bern-ost.ch
Nachricht an die Redaktion
Statistik

Erstellt: 08.07.2024
Geändert: 08.07.2024
Klicks heute:
Klicks total: