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Kurioses aus der Vergangenheit: Wer kennt diese 6 Gegenstände noch?

Antike Dübel mit Halskrause? Ein Teppichklopfer für die vierte Dimension? Eine Schnapsflaschen-Zauberkugel? Sechs Museen bewahren in der Region Bern-Ost das auf, was im Leben der Leute von hier einst eine wichtige Rolle gespielt hat. Für BERN-OST stöberten die Museumsleute in ihren Lagern und Ausstellungen nach besonders merkwürdingen Sammlungsstücken. Wer weiss, wozu diese sechs Dinge einst gedient haben? Tipp: Zuerst Bilder gucken und raten, dann unten lesen.

1. Ortsmuseum Vechigen
2. Milchwirtschaftliches Museum Kiesen
3. Dorfmuseum Alter Bären Konolfingen
4. BuumeHus Oberdiessbach
5. Museum Münsingen
6. Ortsstube Bolligen

1. Ortsmuseum Vechigen

Für den Anfang etwas nicht so schwieriges, wenn man den Hintergrund betrachtet und seinen Blick vom schönen Pferd abwenden kann. Es geht um das Gefährt, welchem der Schimmel vorgespannt ist. Es handelt sich dabei um einen – unmotorisierten – Leichenwagen, den das Ortsmuseum Vechigen beherbergt (wegen der Grösse im Lager und nicht in der Ausstellung). Der Leichenwagen wurde noch bis in die 1970er Jahre gelegentlich bei Beerdigungen für den Transport des Sargs in die Kirche benutzt. Da wo heute das Sekretariat der Kirchgemeinde ist, war der Wagen früher in einem Anbau der Pfrundscheune untergebracht.

 

2. Milchwirtschaftliches Museum Kiesen

Diesen Gegenstand mag der eine oder die andere vielleicht schon mal im Zusammenhang mit der Verarbeitung von Milch gesehen haben: Dieses "Tanngrotzli", auch "Käsebrecher" genannt, wurde früher von Kühern und Sennen in den Alpkäsereien gebraucht, um  im "Chäs-Chessi" die Käsemasse gleichmässig in Schwung zu halten. Damit wurde verhindert, dass die Käsekörner in der Molke über dem Feuer überhitzt wurden. Hergestellt wurden sie aus Fichten-Grotzen, also Jungtannen, welche am Besten im Mai zu ernten waren. Dann sind die Tanndli schön im Saft und lassen sich leicht entrinden. Auch Weihnachtsbäumli hatte man dafür verwendet. In Aktion ist so ein Tanngrotzli noch im Stöckli der Emmentaler Schaukäsere in Affoltern i.E. zu sehen.

 

3. Dorfmuseum Alter Bären Konolfingen

Genial ist wohl ein gutes Wort, um diesen Gegenstand zu beschreiben. Mit Hilfe der "Schusterlampe, -kugel oder -leuchte" konnte aus dem schwachen Licht einer Kerze, eines Kienspans oder einer Öllampe ein gebündelter Lichtstrahl erzeugt werden. Dieser sorgte für eine bessere Ausleuchtung des Arbeitsplatzes für Handarbeiten wie Schustern oder – wie auf dem Foto – Häkeln. Damit konnte man auch in den lichtschwachen Stunden des Tages während der Dämmerung arbeiten. Die Schusterkugel besteht aus einer mit Wasser gefüllten farblosen Glaskugel und dürfte wohl schon im 12./13., wahrscheinlicher aber im 15. Jahrhundert von Schuhmachern benutzt worden sein. Ab der Mitte des 15. Jahrhunderts konnte man nämlich erst solch klares, homogenes Glas herstellen.

 

4. BuumeHus Oberdiessbach

Auch diese Kuriosität hat mit Licht zu tun und ist nicht minder genial. Seit 1808 und bis heute verkauft die Nürnberger Firma Glafey diese "Vierteljahres-Nachtlichter". Man füllte ein Glas mit Wasser und Pflanzenöl und setzte den dreiflügeligen Schwimmer drauf, und darauf wiederum den Docht im Papierplättchen.  Das Produkt hatte erhebliche Vorteile in einer Zeit ohne elektrisches Licht (und war darum auch im früheren Dorfladen der Geschwister Baumann, in dem sich heute das BuumeHus befindet, gefragt): Gängige Lichtquellen waren zu gefährlich und zu teuer, um sie nachts brennen zu lassen oder auch gesundheitsschädlich. Pflanzenöl und ein geeignetes Gefäss hatten alle daheim, die Nachtlichter brannten geruchslos, russfrei und ungiftig und gaben ein schönes Licht. Das Pflanzenöl war ohne Docht gar nicht entflammbar und die Lichter deutlich günstiger als Kerzen und Mineralöllampen. Für wenige Pfennige erhielt man 90 Nachtlichter – reichte für ein Vierteljahr, daher der Name –, die garantiert je mindestens 16 Stunden brannten. Die Papierplättchen waren übrigens ein Recycling-Produkt aus der in Nürnberg heimischen Spielkartenfabrikation.

 

5. Museum Münsingen

Wer diesen Gegenstand nicht eh schon kennt, errät ihn wohl auch nicht, auch wenn die angehängte Etikette verrrät, dass es sich dabei um eine Uhr handelt. Eine gewöhliche solche ist sie aber sichtlich nicht. Es ist eine "Stechuhr" oder "Kontrolluhr", wie sie in der "Psychiatrischen Anstalt" Münsingen in den 1930er- und 1940er-Jahren in Gebrauch war. Mit der Stechuhr wurde kontrolliert, ob der Nachtwächter seinen Kontrollgang nach den Vorgaben ausführte. Er musste zu bestimmten Zeiten verschiedene Stationen besuchen. Mit dem dort fest angebrachten Markierschlüssel machte er einen Eintrag – eine Zahl wurde in eine Papierscheibe gestanzt – in der Kontrolluhr, die er bei sich trug. Im Roman "Matto regiert" von Friedrich Glauser gibt es übrigens ein Zitat, das den Einsatz der Stechuhr durch den Anstaltswächter Bohnenblust festhält: "Also, sagte der Nachtwächter Bohnenblust, stand auf, setzte sich wieder, rutschte hin und her, als sei sein Stuhl eine heisse Ofenplatte. 'Um 1 Uhr, ich hatte gerade gestochen …' – 'Er muss jede Stunde die Kontrolluhr stechen …', erklärte Laduner dem Wachtmeister."

 

6. Ortsstube Bolligen

Wer als Kind die Sonntagsschule besuchte, kennt die letzte Kuriosität vielleicht sogar noch. Solche Spendenkassen für christliche Hilfswerke in der "Dritten Welt" wurden dort herumgereicht. Bis in die 1960er-Jahre war dieser "Sonntagsschulneger", wie man ihn nannte, in Bolligen im Einsatz. Die dunkelhäutige Figur, die demütig auf Knien und mit gefalteten Händen auf der Kasse sitzt und dankend nickt, wenn man Geld hineinwirft und die Bezeichnung "Neger", gelten heute als rassistisch. Länder mit dunkelhäutiger Bevölkerung, wie Neuguinea oder afrikanische Länder südlich der Sahara,  waren im 20. Jahrhundert Hotspots von christlicher Mission und Kolonialismus. Unter diesen Umständen betrachtet, wirkt eine Spende an dortige Bedürftige nicht mehr ganz wie unschuldige Nächstenliebe.


Autor:in
Isabelle Berger, isabelle.berger@bern-ost.ch
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Erstellt: 30.04.2020
Geändert: 30.04.2020
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