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Luxus im Alltag: Die Unterschiede zwischen Stil und Protzerei

Sich im Alltag etwas Luxuriöses zu erlauben, ist der Wunsch vieler Menschen. Zwar bewertet jede Person Luxus auf eine andere Weise, aber Luxus nach dem individuellen Verständnis ist stets etwas Erstrebenswertes. Bei Gegenständen, die sich sehen und anfassen lassen, kann die Debatte entbrennen, ob es sich noch um stilvollen Luxus oder um blosse Protzerei handelt. Lassen sich einheitliche Unterschiede bei dieser subjektiven Frage ausmachen? Falls ja: Wo ist eine Linie zwischen Stil und Protzerei zu ziehen?

Die Auffassung über Stil und Protzerei liegen im Auge des Betrachters – oder doch nicht? (Bild: Pixabay.com © Free-Photos CCO Public Domain)
Jede Marke steht für etwas. Einige Marken werden fast immer als stilvoller Luxus eingestuft, weil sie z.B. sich über einen hochqualitativen Minimalismus definieren. (Bild: Pixabay.com © cocoparisienne CCO Public Domain)
Die unberechenbarste Komponente in der Unterscheidung zwischen Protz und Luxus ist die Sichtweise des Betrachters, an der sich ohne gemeinsame Unterhaltung mit Meinungsaustausch nichts ändern lässt. (Bild: Pixabay.com © qimono CCO Public Domain)

Dass Marken einen Einfluss auf den Unterschied zwischen Stil und Protzerei ausüben, lässt sich am Beispiel von Armbanduhren gut erkennen. Luxusuhren auf Marktplätzen wie https://www.chronext.ch finden sich in oberen Preisklassen, aber werden nur sehr selten mit Protzerei in Verbindung gebracht. Marken, die für ihr hohes Niveau bekannt sind, haben sich eine Unternehmensidentität geschaffen, die es ihnen nicht erlaubt, protzige Armbanduhren auf den Markt zu bringen. Uhren von Breitling, Rolex, Omega, Hublot, Cartier und weiteren Herstellern definieren den Luxus über eine hochwertige Verarbeitung der Modelle und einen Stil, der über Details Aufmerksamkeit erregt – stilvoll zurückhaltend. Anders verhält es sich bei manchen Uhren aus dem mittleren bis leicht überdurchschnittlichen Preissegment, unter denen mitunter Modelle des Herstellers Diesel vertreten sind. Diesel stattet seine Armbanduhren mit weniger hochwertigem Material als die soeben genannten Luxus-Hersteller aus und erregt stattdessen durch das Design Aufmerksamkeit. Das Design mit stechenden Farben und übergrossen Exemplaren, die die Fläche des Handgelenks übertreffen, wirkt nicht stilvoll zurückhaltend. Es sticht hervor. Es ist auffallend und für einige Betrachter auch protzig.

 

Im gesamten Modesegment, aber auch bei Fahrzeugen und anderen physischen Produkten, ist Luxus genau dann protzig, wenn er seinen Wert über ein auffälliges und stechendes Design definiert. Einen Beleg hierfür liefert eine Übersicht von Promi-Fahrzeugen, die in dem deutschen Magazin SPIEGEL aufgeführt wird und den Stil der Fahrzeuge aufgrund des auffälligen Designs infrage stellt. Einzelne Hersteller haben sich einen Namen gemacht; somit werden Marken mit stilvollen oder protzigen Designs assoziiert. Ob das immer gerechtfertigt ist, sei dahingestellt. Bei den einzelnen Auffassungen treten die individuellen Geschmäcker zum Vorschein.

 

Kombinationen machen den Unterschied

Selbst, wenn ein Luxusgut der eigenen Auffassung nach als protzig aufgefasst würde, gäbe es Möglichkeiten, diesen Eindruck zu entschärfen. Einen wichtigen Beitrag hierzu leisten die Möglichkeiten zur Kombination mit anderen Gütern, die häufig vorhanden sind.

  • Kleidung: Wer im Bereich Kleidung eine protzige Armbanduhr trägt, kann den Effekt intensivieren, indem eine goldene Halskette umgehangen und Schuhe mit einem grossen BOss-Label getragen werden. Eine Alternative zur Minimierung des protzigen Eindrucks wäre die Kombination der Uhr mit schlichter Kleidung, die farblich harmoniert.
  • Fahrzeug: Protzige Elemente am Fahrzeug sind dann entschärft, wenn sie eine sympathische Botschaft transportieren. Eine Farbkombination oder ein Schriftzug, der positiv auf die Passanten wirkt (z. B. aus sozialen Gründen), wird trotz des optisch protzigen Effekts im Unterbewusstsein vieler Passanten Sympathien ernten.
  • Raumdesign: Protzige Raumausstattung wird durch persönliche Elemente entschärft. Wenn ein Familienmensch unter dem goldenen Spiegel auf der edel verzierten Kommode die Bilder seiner Familie stehen hat, wirkt auf den Besucher die offenkundige Herzlichkeit des Familienmenschen. Auch Sammler, die ihre häusliche Ausstattung mit Gegenständen bestücken, die eine historische Bedeutung in sich tragen, reduzieren die Protz-Wirkung.

 

Diese Massnahmen dienen der Reduktion des Protz-Faktors, aber wie sie bei jeder Person wirken, ist erneut individuell. Einige Menschen werden die Kombinationen als unstimmig empfinden und ein Chaos sehen. Anderen wird die Kombination aus Protz und Bescheidenheit gefallen, sodass sie darin einen gewissen Stil erkennen werden. Fakt ist, dass die Kombinationen unter der Berücksichtigung der farblichen und stilistischen Übereinstimmung durchgeführt werden müssen. Inspirationen hierzu finden sich, um auf die Aspekte aus der Aufzählung Bezug zu nehmen, im Internet auf Mode-, Tuning- und Architekturseiten.

 

Eigene Ausstrahlung und Interpretation des Betrachters

Neben dem Gut selbst und dessen Kombination im Gesamtpaket mit anderen Gütern kommt es auf die eigene Ausstrahlung an. Mit der Ausstrahlung verbunden ist die Art und Weise, wie man sich selbst und das Luxusgut präsentiert. Der Psychologe Professor Lambert bewertet Luxus als einen Gegenstand, dessen Besitz oder Verwendung als aufwendig gilt. Wird der Gedanke fortgesponnen, so lässt sich schlussfolgern, dass, wenn man selbst bereits den Gegenstand als aufwendig einstuft, obwohl man ihn sich leisten konnte, andere Personen diesen Gegenstand als noch aufwendiger bewerten könnten. Je stärker der Besonderheitsstatus des Gegenstands in den Vordergrund gestellt wird, umso protziger wird er demzufolge erscheinen. Eine Person, die im Sportwagen durch geschlossene Ortschaften rast oder die Musik bis zur maximalen Lautstärke bei geöffneten Fenstern aufdreht, wird protzig erscheinen. Dem gegenüber steht eine Person, die trotz des Sportwagens die Verkehrsregeln befolgt. Sie wird mutmasslich als weniger protzig wahrgenommen werden.

 

Das eigene Verhalten und die Inszenierung von Luxusgütern werden um eine dritte, unberechenbare, Komponente erweitert, nämlich den Betrachter. Jede Person sieht die Welt und die Geschehnisse durch ihren persönlichen Filter, der von festen Ideologien, eigenen Erfahrungen und individuellen Interpretationen geprägt ist. Dieser Filter bedingt, dass in einigen Fällen selbst die bescheidenste Inszenierung eines Luxusguts als Protzerei aufgefasst wird. In anderen Fällen wiederum werden Auffassungen gegeben sein, bei denen Personen eine Raserei mit dem Sportwagen durch geschlossene Ortschaften als stilvoll erkennen. Diese Unberechenbarkeit relativiert die gesamte Debatte über die Unterschiede zwischen Stil und Protz.

 

Die Schlussfolgerung ist, dass sich keine klaren Unterschiede zwischen Stil und Protz ziehen lassen. Einheitliche Definitionen fehlen, aber ein genereller Trend ist immerhin feststellbar. Dieser Trend spiegelt eine meistens positive Wahrnehmung von Luxus wider, wenn der Luxus wohl akzentuiert eingesetzt wird, ein nicht allzu auffälliges Design hat und vom Träger nicht übertrieben inszeniert wird. Je offener man sich mit den Sichtweisen anderer Menschen auseinandersetzt und entsprechend die eigene Ausstrahlung anpasst, umso stilvoller wird der Einsatz der Luxusgüter auf Umstehende erscheinen.


Autor:in
pd, info@bern-ost.ch
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Erstellt: 11.08.2020
Geändert: 17.08.2020
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