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Metallgarten Worb: "Ich muss mich neu erfinden"
Der Worber Künstler Roger Bertsch muss aus gesundheitlichen Gründen den Metallgarten schliessen. Nun lädt er zu einer letzten Ausstellung in die einzigartige Kulturstätte ein.
Der Weg zum Worber Metallgarten ist einfach. Vom Bahnhof aus immer der "Palme" nach. Die Palme ist ein Objekt, das man schon von weitem sieht und das jeder Pendler kennt, der regelmässig mit dem Worbbähnli oder dem Mandarindli in den Bahnhof einfährt. Roger Bertsch hat die Palme vor Jahren konstruiert, weil ihm ein herkömmlicher Wegweiser von der Gemeinde verwehrt wurde. Dadurch liess sich der Eisenplastiker aber nicht aus der Ruhe bringen. Stattdessen schuf er sich ein Markenzeichen.
Lange wird es die Palme und den Metallgarten in Worb allerdings nicht mehr geben. Gesundheitliche Gründe zwingen Bertsch dazu, sein Unternehmen aufzugeben. "Ich wollte gerne weitermachen. Aber mir fehlt einfach die Kraft dazu", sagt er. Anfang August lädt Bertsch daher zu einer letzten Ausstellung, einem letzten geselligen Anlass mit Barbetrieb in den Metallgarten ein. Am Anlass wird er alle Kunstwerde und das Inventar verkaufen (siehe Informationen unten).
Das Ende einer Kulturstätte
Es ist sein ganzes Lebenswerk, das der Worber Künstler und Kulturpreisträger loslassen muss. Er selber nennt sich nicht Künstler, sondern "eisenbezogen". Und seine Kulturstätte ist auch keine normale Kunsthalle. In der grossen Fabrikhalle der ehemaligen Verzinkerei Sägesser schaffte er ein einzigartiges Ambiente, einen Raum mit unzähligen Kunstwerken, hunderten brennenden Kerzen und Musik.
Mit dem Ende des Metallgartens wird Worb eine bedeutende Kulturstätte verlieren. Namhafte Künstler wie Polo Hofer, Patent Ochsner waren schon hier zu Gast, auch Kurt Aeschbacher und das Schweizer Fernsehen.
"Ich habe meinem Chef viel Kopfzerbrechen bereitet"
Dass er bald zusehen muss, wie alle Kunstwerke einzeln unter den Hammer kommen, tut Bertsch weh. Auf die Frage, an welchem Objekt er besonders hängt, findet er keine Antwort. "Ich hänge an allem", sagt er und es klingt nicht wie eine Floskel. Lieber hätte er den ganzen Metallgarten als Gesamtkunstwerk weiter gegeben, aber dieses Projekt war unrealistisch.
Kerzenständer, Skulpturen, Brunnen, Leuchten, winzige und riesige Gebilde aus Metall. Sie sind die Zeugnisse eines jahrzehntelangen Künstlerdaseins. Ihr Ursprung geht auf die Zeit zurück, in der Bertsch noch als Metallbauschlosser arbeitete. Es widerstrebte ihm, so viele Metallabfälle wegzuschmeissen. Er sah darin keinen Abfall, sondern Figuren und Gebilde. Er begann also, all die Abfälle zu sammeln und zu Kunstobjekten zu verarbeiten. "Ich habe meinem Chef viel Kopfzerbrechen bereitet", sagt er.
Als der Raum zu eng wurde, mietete Bertsch sich die Fabrikhalle der alten Verzinkerei in Worb und kaufte die ganze eingelagerte Maschinerie, die er später in Skulpturen zum Thema "Konfliktlösung" verarbeitete. Hinter seinen Objekten und Ausstellungen steckt immer auch ein tieferer Sinn. "Die Industriekur" hiess die erste Ausstellung im Jahr 1992, der Geburtsstunde des Metallgartens. "Besenrein" heisst nun seine letzte.
Loslassen lernen
Der Platz wird buchstäblich besenrein geputzt. Das Industriegebäude, in dem der Metallgarten untergebracht war, wird abgerissen werden, eine neue Überbauung ist geplant. "Worb verliert einen Kulturort", sagt Ueli Emch, Bertschs ehemaliger Arbeitskollege. "Und es gibt keinen zweiten mit diesem Know-How." Emch meint damit all die Restaurationen alter Brunnen, Denkmäler und Skulpturen, die Bertsch durchgeführt hat.
Und wie geht es weiter mit dem Künstler? "Ich muss mich neu erfinden", sagt Bertsch. Auf seinem Beruf kann er nicht mehr arbeiten, höchstens noch beraten. Beklagen will er sich aber nicht. Er habe liebe Eltern gehabt, er konnte sich verwirklichen, er hat viel erreicht. Er sei dankbar für das, was er hatte, sagt Bertsch. Nun ist er 55 Jahre alt und schwerkrank. Ein neuer Lebensabschnitt beginnt. "Nun muss ich lernen, loszulassen."
[i] Die Retrospektive von Roger Bertsch, inklusive Barbetrieb, findet vom 1. bis 4. August 2019 im Metallgarten Worb an der Industriestrasse 21 statt. Gesundheitliche Gründe zwingen den Künstler dazu, das Unternehmen aufzulösen. Zum Verkauf stehen nicht nur sein Werk, sondern auch das Inventar und ein buntes Sammelsurium vom Oldtimer-Töff bis zum antiken Blumentopf.
Öffnungszeiten Metallgarten:
Donnerstag, 1. August, 10 bis 15 Uhr
Freitag, 2. August, 10 bis 19 Uhr
Samstag, 3. August, 13 bis 19 Uhr
Sonntag, 4. August, 11 bis 16 Uhr
Wie funktioniert die Gebotsrunde?
Nach der Besichtigung vor Ort haben Sie die Möglichkeit, Gegenstände durch ein Gebot zu erwerben. Ab 1. August, 10 Uhr, kann im Metallgarten mittels analoger Auktionsplattform auf das jeweilige Objekt geboten werden - mit einer Erhöhung um mindestens 10% des Mindestpreises. Von Donnerstag bis Samstagabend wird den Bietenden das Höchstangebot per Mail bekanntgegeben, damit alle die Möglichkeit haben, bei einem weiteren Besuch und durch ein weiteres Gebot ihr Lieblingsobjekt zu ergattern.
Erstellt:
26.07.2019
Geändert: 26.07.2019
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