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Motorrad - Lüthi: "Die Basis meines Motorrades war schon früh gut. Es passt, ich bin bereit!"
Tom Lüthi ist nach seiner schweren Armverletzung im vergangenen Jahr bereit für den zweiten Titelgewinn nach 2005. Der 27-jährige Emmentaler zählt zu den Topfavoriten um den Moto2-WM-Titel.
«Es ist kein Geheimnis, dass ich schon auf die kommende Saison blicke», sagte Thomas Lüthi in der Endphase der Moto2-WM des vergangenen Jahres. Sein schelmisches Grinsen damals war aber ernst gemeint. Der Emmentaler wirkt hungriger denn je. Nach seinem bisher grössten Karriererückschlag hatte Lüthi in der zweiten Saisonhälfte der letztjährigen WM erfolgreich zur Aufholjagd geblasen. Trotz mehreren, sehr komplizierten Knochenbrüchen im rechten Oberarm nach einem Unfall bei Testfahrten in Valencia (Sp) und zwei verpassten Rennen in Doha und Texas wurde er noch Gesamtsechster der Moto2-Klasse. Schlechter klassiert war der Emmentaler in der zweithöchsten Kategorie der Motorrad-WM zwar nie (2010: 4. Platz; 2011: 5.; 2012: 4.). Aber gleichzeitig stand er zum Ende einer Saison auch nur einmal öfter auf dem Podest. 2005, als er Weltmeister der 125er-Klasse wurde, schaffte Lüthi acht Top-3-Resultate. 2013 stand er sechs Mal auf dem Podium, genauso oft wie im Jahr zuvor. Allein fünf der sechs Podestplatzierungen 2013 holte er bei den acht letzten WM-Läufen!
Verpasstes jetzt nachholen
Verpasstes jetzt nachholen
Tom Lüthi ist kein Freund von «hätte, wäre, wenn». Aber nach der Verletzung, der kräftezehrenden Aufbauarbeit und wegen des Erfolges zum Saisonende konnte er es sich nicht verkneifen, Mutmassungen anzustellen. «Ja, dieses Jahr wäre weitaus mehr als der sechste Schlussrang möglich gewesen», sagte der Emmentaler leicht enttäuscht nach dem WM-Finale Mitte November 2013. Nur deshalb war es überhaupt möglich, dass Lüthi für einmal nicht die Nummer eins im Schweizer Motorradrennsport war. Sein Berner Töff-Kollege Dominique Aegerter aus Rohrbach hatte die Moto2-WM 2013 dank einer unglaublichen Serie (WM-Punkte in allen 17 Grand Prix‘) als Fünfter beendet, zum Schluss mit nur zwei mickrigen Pünktchen Vorsprung auf sein ehemaliges Rennfahrer-Idol. Aber vielleicht brauchte Lüthi gerade diese Motivation, um wieder in die Gänge zu kommen. Öfter hatten Schweizer Fans in der Vergangenheit bemängelt, dass der Exweltmeister längst nicht mehr genug Biss habe und zu wenig risikofreudig sei. 2013 musste Lüthi den WM-Titel wegen seiner Armverletzung frühzeitig abschreiben. Umso mehr hat er sich jetzt den zweiten Gewinn einer Weltmeisterschaft nach 2005 zum Ziel gefasst. «2013 war für mich ein schwieriges Jahr. Ich habe viel verpasst. Das will ich dieses Jahr nachholen», sagt der Routinier. Seine Ambitionen unterstrich er auch mit konstanten Topresultaten bei den Vorsaisontests: Im spanischen Jerez belegte er bei zwei Mal drei Testtagen jeweils Rang drei (zuerst hinter dem Japaner Takaaki Nakagami und Sandro Cortese aus Deutschland, dann hinter dem Finnen Mika Kallio und dem Spanier Esteve Rabat, und beim dreitägigen Testfinale in Valencia (Sp) klassierte sich der Lindener auf Position vier (hinter Rabat, Moto2-Rookie Maverick Vinales und Nakagami). An zwei von insgesamt acht Testtagen fuhr Tom Lüthi Bestzeit. Nach einem Sturz in Valencia und wegen Muskelverspannungen verzichtete er auf den neunten Testtag. Er ist zuversichtlich: «Die Basis des Motorrades war schon früh gut. Seither haben wir uns kontinuierlich steigern können. Ich darf sagen: Es passt, ich bin bereit!»
Die Motivation ist aber im Motorradrennsport nur ein entscheidender Faktor. Wichtig ist auch die Technik, vor allem in der Moto2-Klasse, in welcher alle Piloten mit einem Einheitsmotor von Honda fahren. Lüthi war bei den Tests der mit Abstand beste und konstanteste Fahrer mit einem Motorrad des Schweizer Herstellers Suter. Ausnahmslos alle Gegner, die den Emmentaler während der vielen Testkilometer hinter sich lassen konnten, fahren das Konkurrenzprodukt von Kalex. In der Konstrukteurs-WM entthronte der deutsche Hersteller 2013 Konkurrent Suter, welcher seit der Einführung der Moto2-Klasse 2010 alle Titel geholt hatte. Kalex gewann 13 von 17 WM-Läufen (= 76 Prozent; vier Siege gingen an Suter) und belegte 33 der 51 Podestplätze (= 65 Prozent; 17 Podium gingen an Suter, eine an Speed-Up). Lüthi holte 2013 also einen Drittel aller Suter-Podestplätze.
«Kalex ist Lego – Suter dagegen ist Lego Technics.» Simpel und anhand von Bauklötzen erklärte der Schweizer GP-Pilot Randy Krummenacher den Unterschied der zwei führenden Motorradmarken, welche er beide schon gefahren war. Oder anders: Eine Kalex ist für einen Motorradpiloten einfacher zu verstehen und mit weniger Handgriffen auf ein Rennen abzustimmen. Hersteller Eskil Suter bemängelte aber auch die fehlende Breite seiner Fahrer: «Tom Lüthi war 2013 mein einziger Siegfahrer. Kalex aber hielt mit Weltmeister Pol Espargaro, Vize-Weltmeister Scott Redding und mit Rabat oder Kallio dagegen.» Espargaro und Redding haben sich 2014 in die Königsklasse MotoGP verabschiedet. Trotzdem kommen Lüthis Titelkonkurrenten auch dieses Jahr allesamt aus dem Kalex-Lager.
Die Weltmeisterschaft 2014 im Überblick
Rennkalender (je 18 WM-Läufe in den Klassen MotoGP, Moto2 und Moto3). 23. März: Grand Prix von Katar in Doha; 13. April: GP Americas in Austin/Texas (USA); 27. April: GP Argentinien in Rio Honda; 4. Mai: GP Spanien in Jerez; 18. Mai: GP Frankreich in Le Mans; 1. Juni: GP Italien in Mugello; 15. Juni: GP Katalonien in Barcelona (Sp); 28. Juni: GP Holland in Assen; 13. Juli: GP Deutschland auf dem Sachsenring (Hohenstein-Ernstthal); 10. August: GP Indianapolis in Indianapolis/Indiana (USA); 17. August: GP Tschechien in Brünn; 31. August: GP Grossbritannien in Silverstone; 14. September: GP San Marino in Misano (It); 28. September: GP Aragon in Alcaniz (Sp); 12. Oktober: GP Japan in Motegi; 19. Oktober: GP Australien in Phillip Island; 26. Oktober: GP Malaysia in Sepang; 9. November: GP Valencia in Valencia (Sp).
Lüthis wichtigste Gegner in der Moto2. Mika Kallio (Fin/31 Jahre), Motorrad Kalex: 1 Sieg in der Moto2-WM, 6 Podestplätze in der Moto2-WM. – Esteve Rabat (Sp/24), Kalex: 3/9. – Nakagami Takaaki (Jap/22), Kalex: 0/5. - Nicolas Terol (Sp/27), Suter: 3/5. - Jordi Torres (Sp/26), Suter: 1/3. - Julian Simon (Sp/26), Kalex: 0/11. – Sandro Cortese (De/24), Kalex: 0/0. – Maverick Vinales (Sp/18), Kalex: 0/0. – Luis Salom (Sp/22), Kalex: 0/0.
Die Moto2-Schweizer neben
Tom Lüthi. Dominique Aegerter (Rohrbach BE/23 Jahre), Motorrad Suter: 68 GP in der Moto2/0 Siege/2 Podestplätze/435 Punkte. – Randy Krummenacher (Grüt ZH/24), Suter: 43/0/0/103. – Robin Mulhauser (Fribourg FR/22),
Suter: Neu in der WM.
Thomas Lüthi
Persönlich. Geboren am 6. September 1986 (27 Jahre); aus Linden BE, wohnhaft in Oberdiessbach BE. – Freundin: Fabienne Kropf («Miss Bern» 2005).
Karriere. WM-Debüt: 19. Juli 2002 beim Grand Prix von Deutschland (26. Platz). – Grösster Erfolg: 2005 Weltmeister 125 ccm (16 GP/4 Siege/8 Podestplätze/242 Punkte/auf Honda). – Grand Prix: 180 (Moto2: 66/250 ccm: 47/125 ccm: 67). - Siege: 7 (125 ccm: 5/Moto2: 2). – Podestplätze: 33 (125 ccm: 10/250 ccm: 2/Moto2: 21). – Polepositionen: 7 (125 ccm: 5/Moto2: 2).
Moto2. 2010 (auf Moriwaki): 17 GP/0 Siege/5 Podestplätze/156 Punkte/4. Gesamtrang. – 2011 (Suter): 17/1/4/151/5.). – 2012 (Suter): 17/1/6/190/4.). – 2013 (Suter): 15/0/6/155/6.). – Total: 66 Grand Prix/2 Siege/21 Podestplätze/652 Punkte/2-mal WM-Vierter (2010/2012).
Autor:in
Werner J. Haller, Wochen-Zeitung
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Erstellt:
20.03.2014
Geändert: 20.03.2014
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