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Münsingen - Anwohner verlieren Streit um Abwasserleitung

Quelle
Berner Zeitung BZ

Die Bewohner einer Reihenhaussiedlung wollten ihre Abwasserleitung an die Gemeinde loswerden. Doch nun entschied das Verwaltungsgericht, dass die Leitung in privater Hand verbleibt.

Reiheneinfamilienhäuser im Höheacker. (Foto: Christian Pfander)

Die Abwasserleitung ist 110 Meter lang. Sie führt von Schacht Nummer 427 zu Schacht 420. Sie geht mitten durch das Reihenhausquartier Höheacker am Münsinger Terrassenweg. Und sie gab viel zu reden in den letzten Jahren. Denn die Eigentümer der Reiheneinfamilienhäuser wollten erreichen, dass die Abwasserleitung in das Eigentum der Gemeinde übergeht. Nun aber hat das bernische Verwaltungsgericht eine Beschwerde abgewiesen. Somit verbleibt die Leitung in privater Hand.

 

«Glücklich sind wir natürlich nicht», sagt Hanspeter Moser. Zusammen mit zwei weiteren Personen führte er die Beschwerde für die Miteigentümergemeinschaft. Darin sind die Eigentümer der 44 Reihenhäuser zusammengeschlossen. Auf einen Weiterzug ans Bundesgericht verzichte die Gemeinschaft. «Das würde nichts bringen.»

 

Nicht lockergelassen

Damit endet ein Rechtsstreit, der 2011 seinen Anfang nahm. Damals gelangten die Miteigentümer erstmals an die Gemeinde Münsingen mit der Bitte, die Sammelleitung als «öffentliche Detailerschliessungsanlage» in ihr Eigentum zu übernehmen. Damit wäre die Gemeinde für den Unterhalt zuständig geworden. Die Miteigentümer wollen sich absichern, falls einmal Reparaturen nötig würden. Seit dem Bau der Siedlung in den Jahren 1982/1983 befindet sich die Leitung in ihrem Eigentum.

 

Die Gemeinde lehnte das Ansinnen in der Folge mehrmals ab. Vor zwei Jahren hielt sie ihren Entscheid schliesslich in einer Verfügung fest. Dagegen erhoben die Anwohner Beschwerde beim Regierungsstatthalteramt. Sie argumentierten, dass die Leitung im Höheacker mit der Leitung eines anderen Quartiers zusammengehängt sei. Diese Einheit sei als Detailerschliessung zu betrachten und gehöre somit ins Eigentum der Gemeinde.

 

Häuser sind eine Einheit

Im Januar 2018 blitzten die Miteigentümer, insgesamt 42 Parteien, beim Statthalter ab. Deshalb gelangten sie ans Verwaltungsgericht. Das Gericht stützt den Entscheid des Statthalters, wie aus dem Urteil vom 12. Februar hervorgeht.

 

Die Reiheneinfamilienhäuser seien gemeinsam geplant, bewilligt und von einer Bauherrschaft gebaut worden. Sie verfügten über ein einheitliches Erscheinungsbild sowie über eine gemeinsame Zufahrt, Einstellhalle und gemeinsame Parkplätze. Zudem seien sie intern durch Fusswege verbunden. Der Höheacker sei eine zusammengehörende Gebäudegruppe – die Leitung zu einer solchen Gruppe gelte als privater Hausanschluss.

 

Gemeinderat zufrieden

«Für uns ist das ein erfreuliches Urteil», sagt Gemeinderat Andreas Kägi (FDP). «Das Verwaltungsgericht sagt klar, dass es sich aufgrund des Sachverhaltes um eine privatrechtliche Leitung handelt.» Für ihn ist auch klar, dass die Gemeinde die Abwasserleitung damals wie heute nie bewilligt hätte, wenn sie der öffentlichen Hand gehören würde. Denn sie führe unter der privaten Einstellhalle durch.

 

Das Urteil sei aber auch für alle anderen Gemeinden im Kanton Bern wichtig, denn es weise Präjudizcharakter auf. «Für die Gemeinden hätte es grosse finanzielle Folgen, wenn sie auf einmal solche private Abwassernetze übernehmen müssten.» Schliesslich gebe es viele Siedlungen mit ähnlichen Verhältnissen wie im Höheacker.

 

Konflikt ohne Folgen

Vor knapp vier Jahren gelangte die Miteigentümergemeinschaft der Siedlung Höheacker an die parlamentarische Aufsichtskommission. Sie war nicht zufrieden mit dem Entscheid des Gemeinderats, wonach die Abwasserleitung in privater Hand verbleibe. Bei der Kommission stiess sie auf offene Ohren.

 

Denn aus deren Sicht war die Rechtslage «nicht eindeutig», wie Kommissionsmitglied Andreas Oestreicher (GLP) im März 2017 an einer Parlamentssitzung erklärte. Die Leitung sei für die Miteigentümer eine grosse Last, der Unterhalt sei teuer. Zudem schrieb die Kommission in einem Bericht, die Bauabteilung habe die Gesuche der Anwohner während Jahren nicht bearbeitet.

 

Der Gemeinderat wies diese Kritik allerdings vehement zurück und erklärte: Die Kommission sei nicht für juristische Beurteilungen zuständig. Dieser Zwist zwischen dem Gemeinderat und der Kommission hatte allerdings keine Folgen. (rei)


Autor:in
Johannes Reichen, BZ
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Erstellt: 08.03.2019
Geändert: 08.03.2019
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