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Münsingen - Der Aussenseiter, der in der Mitte steht

Quelle
Der Bund

Ein gläubiger Homo Faber: Erfinder Jakob Hasler (EVP) will Gemeindepräsident von Münsingen werden.

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Ein Pétanqueplatz, ein Musikpavillon oder gar eine Gartenwirtschaft? Jakob Hasler will den Münsinger Schlosspark zum Blühen bringen. (Bild: Valérie Chêtelat)
Fester Händedruck. Gemessene Schritte. Überlegte Worte. Und viel, sehr viel Geduld. Seit 15 Minuten posiert Jakob Hasler im Münsinger Schlosspark für die «Bund»-Fotografin. Erst in jener Baumreihe, anschliessend auf der Wiese, dann auf dem Kiesweg und schliesslich neben der Schlosstreppe. Sie müsse jetzt wohl «öppe» 50 Fotos auf der Speicherkarte haben, sagt der EVP-Politiker, als die Fotografin ihn endlich entlässt. Es sind genau 46. Hat er mitgezählt? «Nein, nur geschätzt», sagt Hasler.

Glaube und Technik

Keine Frage: Der Elektroingenieur, Erfinder und Unternehmer kann gut mit Zahlen. Und doch, vom klassischen Homo Faber unterscheidet ihn so einiges. Hasler besitzt ein Diplom in Sozialpädagogik. Seit fünf Jahren ist er im Gemeinderat für das Ressort Soziales zuständig. Und er ist gläubig: «FEG. Freie Evangelische Gemeinde», sagt Hasler. Wie er das in Einklang bringt, die technisch-rationale Welt und die Religion? Hasler denkt kurz nach. «In unserer Umwelt erkenne ich das Werk eines Schöpfers. Wenn sich der Mensch die Genialität der Natur zunutze macht, dann nennt man das Technik», sagt Hasler. Der Glaube und die Naturwissenschaft seien daher keine Gegensätze. «Es sind zwei sich ergänzende Systeme. Ihre Verbindung kann unglaublich inspirierend sein.»

Blühende Landschaften im Park?

Die Inspiration ist es auch, die uns in den Schlosspark führt. Das Areal erinnert Hasler nicht nur an die gescheiterten Pläne für die Zentrale Verwaltung. Hasler erkennt hier auch ein grosses, aber ungenutztes Potenzial. «Heute wird dieser einzigartige Ort eigentlich nur als Verbindungsachse zwischen dem Bahnhof und dem nördlichen Ortsteil gebraucht. Das ist schade. Man könnte den Park mit geringem Aufwand zum Blühen bringen.» Er denkt an einen Pétanqueplatz, ein Schachspiel, einige Sitzbänke mehr, an einen lauschigen Musikpavillon oder eine kleine Gartenwirtschaft. «Der Park wartet eigentlich nur darauf, mit Leben gefüllt zu werden.» Insofern sei der Schlosspark symptomatisch für seine Gemeinde: Münsingen habe grosse Erfolge erzielt - die erste Energiestadt im Kanton, ausgezeichnet mit dem Goldlabel. Doch in jüngster Zeit erkenne er eine gewisse Ermüdung. «Münsingen stagniert.» Hasler hat es sich zur Aufgabe gemacht, das zu ändern.

Vision: Grüne Wirtschaftsmotoren

Manches hat er schon erreicht. Der 56-jährige Ehemann und Vater zweier erwachsener Kinder hat den Techpark Münsingen angestossen, um die Vernetzung von regionalen KMU zu fördern. Nun will er Kleinunternehmen und Start-ups aus dem Cleantech-Bereich im Aaretal ansiedeln. Diese Branche sei im «Green Valley» bereits gut vertreten. Zudem gebe es in Münsingen attraktive Gewerberäume. Natürlich hat Hasler dabei auch die Gemeindefinanzen im Auge: Neue Arbeitsplätze könnten helfen, das strukturelle Defizit von über einer Million Franken zu reduzieren.

Gelingt dies nicht, sieht Hasler keine Alternative zu Korrekturen beim Service public. Konkret: «Freizeithaus, Kita, Museum - nur hier hat die Gemeinde Gestaltungsspielraum.» Von einem Abbau will er aber nicht reden. Eher gehe es darum, Finanzierung und Trägerstrukturen zu überprüfen. «Ich finde es prüfenswert, die Kita zu privatisieren.» Sprechen müsse man auch über Gebührentarife, etwa für die Nutzung des Freizeithauses. Auch wenn dies einen Aufschrei auslösen werde, so Hasler.

Keine unhaltbaren Versprechen

Es ist eine erstaunliche Aussage. Zumal der Mitte-Politiker Hasler im Duell mit dem Grünen Beat Moser eher als Aussenseiter gilt. Warum also bringt er sich mit unpopulären Ideen ins Gespräch? «Es geht nicht anders», sagt Hasler. Die fünf Jahre im Gemeinderat hätten seinen Blick fürs Machbare geschärft. Er wolle keine Wahlversprechen machen, die sich nicht halten lassen. «Ich sehe es als meine Pflicht, der Bevölkerung klarzumachen, dass die fetten Jahre vorbei sind. Jetzt sind Kreativität, ein Sinn fürs Machbare und vielleicht auch eine neue Bescheidenheit in den Ansprüchen gefragt.»


Gemeindewahlen

Erstmals seit 2001 wählt Münsingen wieder einen Präsidenten

Neue Köpfe, neue Partei, neue Wähler: Münsingen steht ein prickelnder Wahlherbst ins Haus.
Auch wenn der Wahlherbst bislang eher lau erscheint - vier Wochen vor den Gemeindewahlen steigt die Spannung. Insbesondere der Präsidiumswahl blicken die Münsinger erwartungsvoll entgegen. Nicht zuletzt, weil das Volk erstmals seit 2001 wieder Gelegenheit erhält, mitzubestimmen, wer an oberster Stelle die Geschicke der Gemeinde bestimmt. 2005 und 2009 wurde Erich Feller (FWM) mangels Herausforderer in stiller Wahl bestätigt. Zwar lässt sich bei der Ausmarchung zwischen Beat Moser (Grüne) und Jakob Hasler (EVP) nicht von einer Richtungswahl sprechen, doch im Auftritt und im Stil finden sich bei den Kandidaten durchaus Differenzen.

Spannend ist die Ausgangslage aber auch bei den übrigen Gremien: Beim Gemeinderat bewerben sich nicht weniger als acht Parteien um sechs Sitze. Für SP, EVP, Grüne, FWM und SVP ist die Situation dabei relativ komfortabel. Sie alle steigen mit einem bisherigen Gemeinderat ins Rennen. Die FDP versucht derweil, den Sitz des zurücktretenden Hansruedi Schönenberg zu verteidigen. Die BDP, die 2009 den Sprung in die Exekutive nicht schaffte, nimmt erneut einen Anlauf. Mit der unlängst gegründeten GLP bewirbt sich eine weitere Partei mit beachtlichem Wählerpotenzial um einen Sitz im Gemeinderat.

Aufschlussreich wird auch die Parlamentswahl: Seitdem die Freien Wähler 2005 von fast 29 auf 15 Prozent geschrumpft sind, zeigt sich in Münsingen ein gewissermassen balkanisiertes Parteienspektrum. Es gibt keine Grossmächte mehr - Grüne, FDP, FWM, SP und SVP weisen praktisch identische Werte aus: Alle haben zwischen 13 und 18 Prozent Wähleranteil. An diesem Umstand dürfte sich auch im anstehenden Urnengang kaum etwas ändern. Die Grünen, die in den letzten zehn Jahren markant zulegen konnten, dürften die neue Konkurrenz durch die GLP zu spüren bekommen. Die Grünliberalen könnten auch bei der FDP für Verluste sorgen. Nicht zuletzt wird sich am 27. Oktober zeigen, wie sich die Gemeindefusion mit Trimstein auf die Politik auswirkt.

Die Kandidaten für den Gemeinderat:
In Klammern: Zahl der heutigen Gemeinderatssitze.
SP (1): Rosmarie Münger (bisher), Roland Martin Beeri, Thomas Bieri.EVP (1): Jakob Hasler (bisher), Anne Sabourdy, Matthias Fischer, Werner Fuchser, Lukas Renfer. GLP (0): Andreas Oestreicher, Helena Denkinger, Andreas Käser, Anita Ryser. Grüne (1): Christoph Maurer (bisher), Vera Wenger, Beat Moser, Irene Wernli Muster. FWM (2): Marianne Mägert (bisher), Ueli Schweizer, Martin Schweizer, Kenny Rickenbach. SVP (1): Daniel Dubach (bisher), Reto Gertsch, Patrik von Allmen. FDP (1): Andreas Kägi, Peter Bolliger, Jürg Abbühl, Beat Schlumpf.BDP (0): Walter Grossenbacher, Rudolf Straubhaar.

Autor:in
Christoph Lenz, Der Bund
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Erstellt: 30.09.2013
Geändert: 30.09.2013
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