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Aeschbacherhuus Münsingen: Seit einem halben Jahrhundert für die Kinder da

Das Aeschbacherhuus feiert dieses Jahr sein 50-jähriges Jubiläum am gegenwärtigen Standort.  BERN-OST war zu Besuch und liess sich erzählen, wie seinerzeit der Wechsel in das neue Gebäude stattfand.

Stephan Bernath hat viele Unterlagen zu der Geschichte des damaligen Aeschbacherheim. (Bild: zvg)
Bis zum Umzug 1974 war das Heim im Haus an der Bernstrasse in Münsingen. (Bild: zvg)
Das heutige Aeschbacherhuus im Bau (Bild: zvg)
Mit Sack und Pack liefen die Kinder über die Bernstrasse hoch ins neue Haus. (Bild: zvg)
Das Aeschbacherhuus in seiner heutigen Form. (Bild:zvg)

Ganz versteckt steht es im Quartier, und doch kennen es viele: Das Aeschbacherhuus in Münsingen. Vor 50 Jahren zügelte das Heim an den aktuellen Standort am Eichenweg, dieses Jahr feiern die Verantwortlichen das Jubiläum. Ein guter Moment, auf die bewegten Jahre des Hauses zu schauen.

 

Betreut vom «Müetti»

Heute könne man sich vieles kaum noch vorstellen, erzählt Institutionsleiter Stephan Bernath: «Damals gab es noch das ‘Müetti’, das mit seinen ‘Töchtern’, wie sie die Auszubildenden nannte, die Kleinkinder betreute.» Bernath leitet das Aeschbacherhus seit drei Jahren. Aber die Geschichte ist gut dokumentiert.

 

Es gibt sogar Bilder davon, wie die Kinder am 20. März 1974 mit ihren Betreuerinnen von der Bernstrasse ins jetzige Aeschbacherhuus zogen. Sie zeigen einen fröhlichen Umzug: Unter Handorgelbegleitung liefen die grösseren Kinder an der Hand der Betreuerinnen, während sich die kleineren im Leiterwagen über die Bernstrasse ins neue Heim ziehen liessen.

 

Vom Heim zum Huus

1999 machte ein Namenswechsel die neue Haltung sichtbar: Aus dem Aeschbacherheim wurde das Aeschbacherhuus. Dort werden bis heute hauptsächlich Kinder im Vorschulalter betreut. «Es kam aber auch schon vor, dass wir ein 12-jähriges Kind betreuten, weil es ein Geschwisterchen im Vorschulalter hatte», erklärt Bernath.

 

Meistens werden die Kinder von der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) zugewiesen. «Dies aber erst, wenn von der KESB abgeklärt wurde, dass kein Familiensystem vorhanden ist, welches das Kind auffangen kann», erklärt Bernath. «Oft treffen vielseitige Schwierigkeiten zusammen, die dann verunmöglichen, dass ein Kind gesund aufwachsen kann.»

 

Genauere Abklärungen

Im Gegensatz zu früher seien die Aufenthalte länger geworden. «Die Behörden sind zu Recht vorsichtiger geworden», sagt er. «Wenn sie einen so massiven Eingriff vornehmen und ein Kind zu uns bringen, klären sie zuerst sehr sorgfältig, ob die Familienverhältnisse stabil sind, bevor sie das Kind aus dem Heim wieder in die Familie lässt. Ausserdem brauchen die Behörden Zeit, um mit den Eltern zusammen nach möglichen Lösungen für die Zukunft zu suchen.» Genaue Zahlen über die durchschnittliche Aufenthaltsdauer führt der Institutionsleiter nicht, er schätzt sie aber auf ein bis zwei Jahre.

 

Es gibt aber auch freiwillige Platzierungen, sei dies bei einem Entzug, oder wenn Eltern selbst merken, dass sie überfordert sind. «Wir nehmen den Eltern nie ihr Kind weg», betont Bernath. Die Eltern seien immer willkommen, soweit ihnen dies möglich und für das Kind das Richtige sei: «Es ist für die Mitarbeitenden sehr zeitaufwendig, aber es ist eine unserer Hauptaufgaben, die Eltern so gut wie möglich einzubeziehen.»

 

Veränderung am Eichenweg

Wenn die Eltern oder ein Elternteil stabilisiert sind, können diese mit dem Kind in ihrem Eltern-Kind-Angebot zusammengeführt werden. Dafür wurden vier Wohnungen gebaut. «Seit fünf Jahren bieten wir dieses Angebot an. Die Eltern haben dadurch rund um die Uhr Unterstützung durch uns», erklärt Bernath.

 

Die Nachfrage ist gross

Im vergangenen Jahr erhielt das Aeschbacherhuus um 120 Anfragen für einen Betreuungsplatz. Dies zeigt, wie wichtige solche Institutionen sind: «Die Anfragen sind markant gestiegen», sagt Bernath. So gingen 2021 zwischen 30 bis 40 Anfragen ein. Ende 2021 erhielt die Institution sehr viele Anfragen, aber alle Plätze waren besetzt. «Doch die meisten Anfragen haben sich nach kurzer Zeit wieder aufgelöst, was sich niemand erklären kann.»

 

Speziell und doch schön

Ein Erlebnis ist dem Institutionsleiter ganz besonders in Erinnerung geblieben: «Ich habe ein Neugeborenes direkt aus dem Spital abgeholt.» Für ihn als zweifachen Vater sei das «ein sehr komisches Gefühl» gewesen: «Ein Kind abzuholen und zu wissen, eigentlich sollten dies die Eltern tun, so wie ich mit meiner Frau bei unseren Kindern, war sehr speziell.» Zugleich sei das aber auch das Schöne und der Sinn dieser Institution: «Für hilflose Kinder in einer schwierigen Situation da zu sein».

 

Bewährtes bewahren

Hochfliegende Pläne hat Bernath momentan nicht: «Wir wollen den guten Ruf und die Qualität beibehalten.» Ausserdem beschäftige ihn und sein Team die Frage: «Was bedeutet Qualität in der stationären Kinderbetreuung?». Eine Aussenwohngruppe für Familien mit mehr Selbstständigkeit wäre eines von möglichen Szenarien. «Aber fest geplant ist noch nichts.»

 

Nun wird gefeiert

Was jedoch geplant ist, ist eine grosse Feier: «Das Aeschbacherhuus wäre nicht dort, wo es heute steht, wenn wir nicht die Unterstützung aus der Bevölkerung gehabt hätten. Nun wollen wir uns bedanken und feiern dieses Jahr mit verschiedenen Aktionen.» Für alle Interessierten, Freunde, ehemalige Mitarbeiter:Innen und Bewohner:innen findet am 24. August ein Fest statt. Mehr Informatinen und die ganze Geschichte zum Aeschbacherhuus finden Sie auf ihrer Website.

 

[i] Gegründet wurde die Stiftung bereits 1910 im Andenken an den Pfarrer Robert Aeschbacher.  Zu Beginn wurden die Kinder in Privathäusern untergebracht. Anschliessend fanden die Kinder in einer Mietwohnung in Stettlen und anschliessend in einem Einfamilienhaus ein Zuhause, das sich jedoch rasch als zu klein erwies.

 

Daher brauchten sie mehr Platz. Durch eine Schenkung erhielt das Heim einen Bauplatz unter der Bedingung, dass innerhalb von zwei Jahren gebaut werden sollte. Trotz Kriegszeit wurde gebaut, und das Heim konnte im Frühjahr 1917 das Heim an der Belpbergstrasse 17 (heute Kita Villa la Vida) beziehen. Gebaut war es eigentlich für 17 bis 20 Kinder, allerdings wurden oft bis 30 Kinder dort betreut. 1968 wurde erstmals im Jahresbericht auf die ungenügenden Platzverhältnisse aufmerksam gemacht.

 

Schliesslich konnte das Aeschbacherheim ein Stück Land von dem damaligen Besitzer der Baumschule Daepp erwerben. Ab Herbst 1972 wurde gebaut, und mit März 1974 konnte die Eröffnung gefeiert werden. Anschliessend wurde das Haus an der Belpbergstrasse an die Gemeinde Münsingen verkauft.


Autor:in
Pascale Groschel, pascale.groschel@bern-ost.ch
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Erstellt: 03.04.2024
Geändert: 05.04.2024
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