- Wirtschaft
Münsingen/Belp - Nun hofft Bernmobil, dass Postauto einlenken wird
Wende im Streit zwischen Postauto und Bernmobil: Die Stadtberner Verkehrsbetriebe fordern die angeschlagene Posttochter dazu auf, das regionale Busnetz kampflos abzutreten.
«Postauto ist der Meinung, dass es beim Vergabeverfahren zu verschiedenen Rechtsverletzungen gekommen ist», schrieb die Posttochter Anfang 2017. Sie begründete damit, warum sie mit dem Gang ans Bundesverwaltungsgericht den drohenden Verlust ihrer Linien im Raum Münsingen-Belp doch noch abwenden wollte: Postauto versuche, «die Spielregeln und Rahmenbedingungen für den Wettbewerb im Orts- und Regionalverkehr zu klären und einen fairen Wettbewerb zu ermöglichen».
Dass sie sich bei der Vergabe des strittigen Netzes alles andere als fair behandelt sah, sagte die Posttochter damals offen. Im freien Wettbewerb hatten Bund und Kanton zuvor die Verantwortung an Bernmobil übertragen – an ein Unternehmen, das neben Bussen auch Trams betreibt und obendrein in einem städtischen Gebiet tätig ist. In diesem Umfeld könne Bernmobil «von Direktvergaben» profitieren, sei damit schlicht «bevorteilt», beklagte sich Postauto lauthals.
Es war ein Appell an mehr Fairness zu einer Zeit, in der sich die Posttochter längst von einem fairen Umgang mit ihren Auftraggebern verabschiedet hatte. Aufgeflogen ist der Skandal Anfang dieser Woche: Während Jahren hat Postauto Erlöse aus dem subventionierten Regionalverkehr in der Buchhaltung versteckt und mit diesem Trick die Gewinne in dieser Sparte künstlich klein gehalten. Bund und Kanton zahlten in der Folge Abgeltungen, die eigentlich zu hoch waren – und müssen sich nun regelrecht betrogen vorkommen.
Ins eigene Bein geschossen?
Doch wie so oft könnte auch diese Medaille ihre Kehrseite haben. Denn vielleicht hat sich die Posttochter im gleichen Mass, wie sie Gewinne erschleichen wollte, gar ins eigene Bein geschossen: Beobachtern ist längst aufgefallen, dass Postauto nicht nur im Raum Münsingen-Belp gegen die Konkurrenz den Kürzeren gezogen hat. In nicht einmal zehn Jahren gingen zwei weitere kantonale Vergabeverfahren verloren, in Bern-West und im Dreieck Jegenstorf-Messen-Lyss. Obs hier wie dort wie eben auch im Raum Münsingen-Belp daran lag, dass in den Offerten von der öffentlichen Hand – zu – hohe Abgeltungen verlangt wurden?
Direkt mochte diese Frage gestern niemand beantworten. Die Post, die sich anstelle ihrer Tochter vernehmen liess, wies einzig darauf hin, dass «die postinternen Untersuchungen durch externe Experten» noch nicht abgeschlossen seien und diese Arbeit «noch einige Monate in Anspruch nehmen» werde.
Deutlicher war tags zuvor Regierungsrätin Barbara Egger geworden. «Bei Offertgesprächen mit den zuständigen Postautoregionen stellten unsere Fachleute seit Jahren kritische Fragen insbesondere zur Kosten- und Abgeltungsentwicklung», erklärte sie. Auf Nachfrage doppelte ihre Direktion gestern nach: «Postauto wies im Vergleich mit andern Unternehmen regelmässig höhere Produktionskosten aus.»
Um wie viel günstiger Bernmobil für den Raum Münsingen- Belp offeriert hat, behalten die Involvierten wegen des laufenden Gerichtsverfahrens weiterhin für sich. Dabei ginge es auch ganz anders. Als Postauto das Netz im Dreieck Jegenstorf-Messen-Lyss verlor, nannte der Kanton nämlich ganz konkrete Zahlen. Die öffentliche Hand könne mit dem Regionalverkehr Bern-Solothurn nicht weniger als 1,3 Millionen Franken im Jahr sparen, liess er damals verlauten.
Rückzug vom Gericht?
Bereits wird Postauto aufgefordert, den Handel vor Bundesverwaltungsgericht aufzugeben und die Linien im Raum Münsingen- Belp kampflos aufzugeben. «Wir würden es aufgrund der aktuellen Umstände als fair betrachten, wenn Postauto die Beschwerde zurückziehen würde», hielt Bernmobil gestern klipp und klar fest.
[i] Die beiden Chefs
Der eine stand bis vor ein paar Tagen an der Spitze seines Unternehmens, der andere tut es noch immer – und beide wohnen in Münsingen. Daniel Landolf, Anfang Woche vorzeitig in den Ruhestand geschickter Chef von Postauto Schweiz, und René Schmied, Chef in Amt und Würden bei Bernmobil, sind beide nicht nur beruflich vom Streit um die Vergabe der Buslinien in ihrem Dorf betroffen.
Vor Ort wird jedenfalls eifrig darüber diskutiert, wie sich der Verlierer dereinst wohl fühlen wird, wenn er den Bus seines Konkurrenten Tag für Tag durchs Quartier kurven sieht. Beim Gewinner ist die Sache einfacher. Er kann sich beim gleichen Anblick einfach nur freuen.
Erstellt:
09.02.2018
Geändert: 09.02.2018
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