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Oberdiessbach-Bleiken - Letztes Gefecht der stillen Flieger?
Das Deltateam Falkenfluh steht vor dem Aus. Nicht etwa, weil Nachwuchs fehlt, sondern weil das geplante neue Anflugregime auf Bern-Belp Starts vom namensgebenden Hausberg schlicht verunmöglichen würde.
Die Boomjahre hat die Delta-Fliegerei hinter sich; es war Ende der 80er-, Anfang der 90er-Jahre, als die markanten Einflügler nach und nach von den Gleitschirmen abgelöst wurden. Vielleicht ist es Ironie des Schick-sals, dass es ausgerechnet eine Fallschirm-Schweizer-Meisterschaft Mitte der 90er-Jahre war, welche dem Deltateam Falkenfluh einen schönen Gewinn in die Kasse spülte, sodass eine Stiftung gegründet werden konnte, welche den Sportverein ideell, organisatorisch und vor allem finanziell absichert – noch heute. «Die Stiftung ist genügend gut finanziert, um etwaige Rechtshändel auszutragen», sagt Franz Erb. Er war 1978 Gründungsmitglied des Deltateams und ist heute unter anderem Kassier der Stiftung Deltateam Falkenfluh.
Das letzte Gefecht?
Erb und seine Mitstreiter, Stiftungspräsident und ebenfalls Teammitbegründer Karl Stucki sowie Stiftungsrat Jakob Stucki – weder verwandt noch verschwägert mit Karl –, fechten derzeit das vielleicht letzte Gefecht für einen Verein und eine Infrastruktur, die weit über die Kantonsgrenzen hinaus bekannt und beliebt sind.
Mit dem neuen satellitengestützten Südanflug auf den Flughafen Bern-Belp beziehungsweise mit der Ausweitung des kontrollierten Luftraums (wir haben berichtet) steht das Team nämlich vor dem Aus. «Wird das neue Regime wie geplant umgesetzt, können wir den Laden dichtmachen», sagt Stiftungspräsident Karl Stucki. Denn: Die Flughafenbetreiberin Alpar und das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) wollen den Korridor, der bis auf den Boden von Belp aus kontrolliert wird, nach Osten erweitern – bis hinter die Falkenfluh. Wer dort fliegen will, muss sich per Funk anmelden. «Deltapiloten haben keinen Funk an Bord», kommentiert Karl Stucki lakonisch. Und selbst wenn die Ausweitung dieses Raums verhindert werden könnte: Weil die kontrollierte Zone darüber weit nach Osten gezogen und näher an den Boden ausgedehnt wird, können die Deltaflieger nicht mehr mit der Thermik aufsteigen und wegfliegen, ohne wieder in den von Belp aus kontrollierten Bereich einzudringen.
Eines der grössten Teams
«Mit rund 90 Aktiven ist das Deltateam Falkenfluh eines der grössten der Schweiz», sagt Franz Erb. Eine stattliche Anzahl, wenn man bedenkt, dass es noch gut 750 reine Deltaflieger gibt in der Schweiz. «Die Hälfte von ihnen lebt in unserem Einzugsgebiet», sagt Karl Stucki, «die Falkenfluh ist einer der bestfrequentierten Startplätze.»
Insgesamt gibt es landesweit gut 1500 lizenzierte Deltaflieger; 860 haben wie gut 11 500 andere Sportler auch das Gleitschirmbrevet. Gemeinsam sind sie im Schweizerischen Hängegleiterverband organisiert. An Spitzentagen zwischen März und September heben oberhalb von Brenzikofen 25 oder mehr Flieger ab. «Unser grosser Trumpf ist, dass wir hervorragend erschlossen sind», sagt Stiftungsrat Jakob Stucki. «Uns erreicht man ohne Bergbahn und ohne die schweren Geräte weit tragen zu müssen.»
Beim Bahnhof Brenzikofen haben die Deltaflieger ein Lager, wo sie ihr Material deponieren; mit dem clubeigenen Bus werden sie zur Startrampe gefahren. «Gerade für Sportler aus dem See- und dem Mittelland ist die Falkenfluh viel einfacher erreichbar als ein Startplatz in den Alpen», sagt Karl Stucki. «So haben sie die Gelegenheit, an einem guten Tag auch am Nachmittag spontan anzureisen, um zu fliegen.»
Nachdem beim Bazl mehr als 200 Einsprachen gegen das neue Anflugregime auf Bern-Belp eingegangen sind, ist der Verhandlungspoker um Flughöhen und Dimensionierung der kontrollierten Lufträume lanciert. Gut möglich, dass die Deltaflieger in diesem Spiel zum Bauernopfer werden.
Ein denkbares Szenario wäre, dass sich Alpar, Gemeinden und die Flieger vom Airfield Thun darauf einigen, dass der obere kontrollierte Luftraum nicht abgesenkt wird, dafür der Korridor, der bis auf den Boden reicht, wie geplant umgesetzt wird – das Todesurteil für das Deltateam.
«Ein Ziel erreicht»
«Uns ist bewusst, dass auf uns kaum jemand Rücksicht nehmen wird», sagt Karl Stucki. «Aber uns geht es auch darum, dass die Bevölkerung der betroffenen Gemeinden auf das Problem, dass durch die vergrösserte und abgesenkte Kontrollzone mehr Fluglärm von tiefer fliegenden Privatflugzeugen entstehen kann, aufmerksam wird. Und so wie es aussieht, haben wir dieses Ziel schon mal erreicht.»
Erstellt:
21.02.2014
Geändert: 21.02.2014
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