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Olga Mohler: Vom Kindermädchen zur Geliebten

Quelle
Berner Zeitung BZ

Sie träumte von einem abenteuerlichen Leben. Und der Traum wurde wahr. Die spannende Geschichte der Kindergärtnerin Olga Mohler erscheint erstmals in Buchform, geschrieben von der Berner Schriftstellerin Barbara Traber.

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So malte Künstler Picabia seine Frau: Porträt von Olga Mohler. (Bilder: zvg)
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Der Künstler mit der jungen Frau: 26 Jahre Altersunterschied.
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Am 1. Dezember 1925 steigt Olga Mohler, die 20-jährige Tochter des Bahnhofvorstandes  in Rubigen, in den Zug. Ihr Ziel: die Côte d’Azur, Cannes. Die junge Kindergärtnerin hat in einer französischen Zeitschrift eine Annonce aufgegeben und ihre Dienste als Kindermädchen angeboten. Gemeldet hat sich Francis Picabia. Olga Mohler kennt ihn nicht. Sie weiss nicht, dass der 46-jährige Picabia ein einflussreicher, berühmter Maler ist, der mit Dalí, Picasso, Arp, Man Ray und Léger verkehrt, Gründer der Pariser Dada-Bewegung ist und in Südfrankreich mit seiner Lebenspartnerin und dem 5-jährigen Sohn in Saus und Braus lebt.

     

Schnelle Autos, schöne Frauen

     

An seinem Wohnsitz, im Château de Mai, geben sich Berühmtheiten die Klinke in die Hand. Picabia liebt nicht nur wilde Partys und  die Kunst, sondern auch Jachten, schnelle Autos und schöne Frauen. Olga Mohler ist schön. Es dauert nicht lange, bis sie zur Geliebten wird. Die Ménage à trois funktioniert nicht wirklich lange. Picabia zieht mit der Rubigerin auf seine neue Jacht, die in Cannes vor Anker liegt. In den Wintermonaten leben sie in Paris, wo sie auch mit der Berner Künstlerin Meret Oppenheim verkehren. Diese sagt später: «Picabia war der einzige Künstler, von dem ich mich bewusst habe beeinflussen lassen. Und Olga Mohler meint im Alter: «Welche Frau hat schon so aufregende Jahre erlebt? Aber wie hätte ich denen in Rubigen erklären können, wie ich lebe?»

 

1940 heiraten die beiden. Olga Mohler-Picabia ist 35-jährig, ihr Mann 61 Jahre alt. Während des Zweiten Weltkrieges muss sich Picabia erstmals in seinem Leben finanziell einschränken. Der Mann, der Geld in Hülle und Fülle ausgab, kann kein Benzin mehr für seine teuren Wagen kaufen. Bilder lassen sich nicht  mehr absetzen.  Solche, die er für eine Ausstellung in Paris bereitstellt, werden von den deutschen Besatzern konfisziert. Picabia verkauft seine Jacht. Er fährt jetzt Velo.

     

Grab in Münsingen

     

Francis Picabia und seine Frau Olga reisen regelmässig nach Rubigen. Seit sie verheiratet sind, haben sich die Gemüter in Rubigen beruhigt. Aber so ganz geheuer ist der Dorfbevölkerung das Paar nicht. Olga Mohler-Picabia trägt nämlich kurz geschorene Haare, ihr 26 Jahre älterer Mann lange. Da stimmt doch was nicht.

     

1951 stimmt mit Picabia wirklich nicht mehr alles. Er erleidet eine Hirnblutung, kann nicht mehr malen. 1953 stirbt er und wird auf dem Friedhof Montmartre beigesetzt. 1962 werden seine Bilder erstmals in Bern gezeigt, von Harald Szeemann  in der Kunsthalle.

 

Olga Mohler-Picabia überlebt ihren Mann um fast 50 Jahre. Noch im hohen Alter fährt sie mit ihrem legendären, alten Peugeot ab und zu nach Rubigen. 2002 stirbt sie, 97-jährig, vereinsamt in Paris. Ihr unscheinbares Grab befindet sich im Friedhof Münsingen. Beim Bahnhof Rubigen erinnert eine Tafel an Olga und Francis Picabia.

 

Das Buch: «Für immer jung und schön»

 

Die Berner Schriftstellerin Barbara Traber hat sich auf Spurensuche nach Olga Mohler-Picabia gemacht und über ein Jahr lang recherchiert. Ihr Buch (Fr. 36.–) vom Zytglogge-Verlag – «Für immer jung und schön» – erscheint diese Woche im Buchhandel. Es ist unter anderem bebildert mit Fotos von Jürg Ramseier, der Olga Mohler-Picabia persönlich gekannt und sie in Paris besucht hat. Am Dienstag, 11. März, 20.00 Uhr, findet im Kino Worb die Buchvernissage statt. Eintritt: 10 Franken. Anmeldung: 079 756 91 50 oder info@chinoworb.ch


Autor:in
Urs Wüthrich, Berner Zeitung BZ
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Erstellt: 10.02.2014
Geändert: 10.02.2014
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