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Paul Küng: Der Mann, der 400 Steuererklärungen ausfüllt

Quelle
Berner Zeitung BZ

Für viele ist es jedes Jahr ein Graus: das Ausfüllen der Steuererklärung. Nicht so für Paul Küng. Der Treuhänder füllt jedes Jahr etliche Steuererklärungen aus und hat dabei auch stets ein offenes Ohr für andere Sorgen.

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Paul Küng: kümmert sich bei seinen Kunden nicht nur um finanzielle Sachen. (Foto: Christian Pfander)

Eine tiefe, getäferte Decke, ein knarrender Holzboden und Regale, die von unten bis oben mit bunten Ordnern gefüllt sind. Auf Schreibtischen stapeln sich Dossiers, und ein Radio läuft leise im Hintergrund. Und mittendrin steht Paul Küng. Von seinem Büro im Walkringer Favrestock aus kümmert sich der Treuhänder um die finanziellen Angelegenheiten seiner Kunden. Zur Seite stehen ihm Geschäftspartner Nicolas Frautschi und dessen Frau, die Teilzeit im Büro arbeitet. Auch eine Lehrtochter ist im Betrieb beschäftigt.

Für das Team ist der Februar der Startschuss für die arbeitsintensivste Zeit des Jahres: Die Steuererklärungen werden fällig. «Bis Ende Mai sind wir voll eingespannt» sagt der 63-Jährige. 12-Stunden-Tage und Einsätze am Abend und am Samstag sind in dieser Zeit die Regel.«Unsere Kunden möchten schliesslich nicht extra frei nehmen müssen für die Beratung.» Rund vierhundert Steuererklärungen werden er und sein Team bis Ende Mai bearbeitet haben.

Seit 30 Jahren im Geschäft

Selbstständig gemacht hat sich Paul Küng vor dreissig Jahren. Damals eröffnete er sein erstes Büro in Zäziwil. Es folgte ein Ortswechsel nach Biglen. Als dort der Platz zu knapp wurde, ist er nach Walkringen gezogen, erzählt der gebürtige Stadtzürcher. Die Kunden seien dabei dieselben geblieben. «Man bleibt sich treu. Das ist in unserer Branche so üblich.»

Zeitweise habe er sich Sorgen gemacht, dass aufgrund der neuen technischen Möglichkeiten keine neuen Kunden hinzukommen. «Wir dachten, dass die Jungen ihre Steuererklärung nun selbst machen, da es online möglich ist.» Doch dem sei nicht so. «Von 16- bis 90-Jährigen gibt es alles bei uns.»

Die Gründe, warum sich seine Kunden an ihn wenden, sind unterschiedlich: «Einige wollen nichts mit Finanzen zu tun haben und sind froh, wenn sie die Angelegenheit an uns abtreten können.» Geschäftskunden gehe es vor allem darum, Steuern zu optimieren. Bei Angestellten wiederum geht das weniger: «Mit dem Lohnausweis sind die Grenzen relativ eng gesteckt.» Umso wichtiger seien deshalb die Abzüge.

«Unsere Kunden machen sich oft Sorgen darüber, dass der eine oder andere Abzug vergessen gehen könnte.» Als Treuhänder, der jedes Jahr Hunderte Steuererklärungen ausfüllt, vergesse er nichts. Auch weil man als Fachmann ständig auf dem Laufenden ist: «Der Berufsverband macht uns jedes Jahr auf Änderungen aufmerksam.» Dabei werde man auch über Neuerungen informiert, die einem Laien vielleicht nicht bekannt seien.

Mehr als nur Steuerberater

Treuhänder ist nicht nur ein Bürojob. Paul Küng ist häufig auf Hausbesuch. Dabei rücken finanzielle Themen schnell mal in den Hintergrund. «Ich bin oft auch eine Art Seelsorger», sagt er. Einige seiner Kunden wohnen allein im Stöckli auf dem Hoger. Dort könne es schon ein bisschen einsam werden. «Man kann dann nicht einfach nach fünf Minuten schon wieder gehen.» Und so sitzt er auch mal eine Stunde am Tisch und hört sich die Sorgen seiner Kunden an. «Wenn man für jemanden schon seit dreissig Jahren die Steuern macht, entstehen auch persönliche Beziehungen.» Dabei könne es schon mal vorkommen, dass er eine Einladung zum nächsten Geburtstag bekomme. Genau das schätzt Paul Küng an seinem Beruf. In einem grossen Betrieb zu arbeiten, wo Kunden nur noch Nummern sind, komme für ihn nicht infrage. Deshalb hat er sich auch schon früh selbstständig gemacht.

Umgekehrt wird dies an seinem kleinen Treuhandbüro geschätzt. «Es gibt Kunden, die zehn Ordner durchsuchen müssen und am Schluss das Formular trotzdem nicht finden», erzählt Küng. Bei grossen Büros wäre dies wohl ein Problem, doch ihm mache das nichts aus. «Wir wollen niemandem vorschreiben, wie die Belege abgelegt werden sollen.» Dafür nehme man in Kauf, dass ein Geschäftskunde mit einer Bananenschachtel voller Belege auftauche. «Das sind Handwerker oder Wirte, die zehn, zwölf oder mehr Stunden arbeiten. Sie haben am Abend oder am Samstag nicht noch die Musse, zwei Stunden lang ihre Belege zu sortieren.» Und bei ihm müssten sie das auch nicht.


Autor:in
Stephanie Jungo, Berner Zeitung BZ
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Erstellt: 13.02.2018
Geändert: 14.02.2018
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