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Region - Mittelpunkt kehrt nach Oberdiessbach zurück
Am Anfang dieser Geschichte steht ein PR-Gag der kantonalen FDP im Jahr 1991. Der durch die Partei errechnete geografische Mittelpunkt des Kantons Bern wanderte nach einigen Jahren aus politischen Gründen nach Bleiken und kehrt nun morgen nach Oberdiessbach zurück.
«Wir sind mittendrin»: Mit diesem Versprechen stieg die kantonalbernische FDP im Jahr 1991 in den Kampf für die National- und Ständeratswahlen. Um dem Spruch auch plastisch Ausdruck zu verleihen, hatte der damalige Wahlkampfleiter und spätere Nationalrat Kurt Wasserfallen eine zündende Idee. Zunächst liess er den geografischen Mittelpunkt des Kantons berechnen. Es resultierte ein Punkt im Gebiet Zälghus in Oberdiessbach.
Danach organisierte die Partei einen grossen Stein, in den die Koordinaten des Mittelpunkts – zusammen mit dem FDP-Logo und dem Datum – eingeritzt wurden. An seinen Bestimmungsort gebracht wurde der Gedenkstein schliesslich am 31. Mai 1991: An diesem Tag stellten sich die bürgerlichen Ständeratskandidaten, FDP-Grossrätin Christine Beerli sowie der amtierende SVP-Ständerat Ulrich Zimmerli, der Öffentlichkeit vor – natürlich direkt vor Ort beim geografischen Mittelpunkt. Der Zufall wollte es, dass mit Arthur Hänsenberger just in diesem Jahr ein FDP-Vertreter aus Oberdiessbach Ständeratspräsident war. Auch er war am 31. Mai dabei, als Regierungsrat Peter Widmer dem Oberdiessbacher Gemeindepräsidenten Fritz Vogt den besonderen Stein übergab.
«Nicht mehr als ein PR-Gag»
Heute, mehr als 22 Jahre später, sind die Spuren der Witterung am Denkmal, das am Waldrand steht, deutlich zu erkennen. Die Inschrift kann nur noch mit Mühe gelesen werden. Zudem ist es inzwischen schwierig geworden, Personen ausfindig zu machen, die zur Entstehung des Denkmals detailliert etwas sagen können. Pierre Rom, von 1978 bis 1991 Zentralsekretär der kantonalbernischen FDP, ist einer dieser wenigen: «Das Ganze war eigentlich nicht mehr als ein PR-Gag», hält Rom fest. Der Werbestein habe sicher auch keinen grossen Einfluss auf den Ausgang der Wahlen gehabt. Genauere Effekte sind ohnehin im Nebel der letzten 22 Jahre verschwunden.
Rückkehr nach über 20 Jahren
Hier könnte die Geschichte um den FDP-PR-Gag eigentlich enden… wäre da nicht der amüsante geopolitische Exkurs, der sich um den Stein rankt. Der geografische Mittelpunkt des Kantons liegt nämlich bereits seit 1994 nicht mehr an besagtem Waldrand. Damals fiel das 90 Quadratkilometer grosse, zur Berner Exklave gewordene Laufental dem Kanton Baselland zu. Jahre später errechnete die Sektion Bern des Schweizerischen Verbands für Geomatik und Landmanagement den neuen Mittelpunkt. Er liegt nun auf der Falkenfluh in Bleiken, der Nachbargemeinde von Oberdiessbach, und ist mit einem Vermessungskreuz gekennzeichnet. Bekanntlich fusioniert aber Bleiken morgen, am 1. Januar 2014, mit dem grossen Bruder im Nordwesten; somit fällt der geografische Mittelpunkt nach genau 20 Jahren wieder zurück an Oberdiessbach.
Pietro Valsangiacomo, der heute den allerletzten Tag als Gemeindepräsident Bleikens erlebt, kennt den prominenten Punkt in «seinem» Dorf. Die Anekdote rund um den FDP-Stein war aber auch ihm neu. Auf die Frage, wo er in Zukunft seinen eigenen Schwerpunkt setzt, muss Valsangiacomo nicht lange überlegen: «Ganz plump gesagt: Ein wenig ‹höcklen›, zum Fenster rausschauen und die gewonnene Zeit geniessen.» Gerade die vergangenen paar Jahre seien wegen der anstehenden Fusion sehr intensiv gewesen, erklärt Valsangiacomo, der 9 Jahre im Gemeinderat sass, davon 5 als Präsident. «Oftmals standen nach Feierabend noch Sitzungen auf dem Programm. Jetzt freue ich mich, wieder etwas mehr in den Abend hineinleben zu dürfen.» Wer weiss: Vielleicht findet er ja einmal Zeit für einen Spaziergang zu einem ganz speziellen Stein an einem Waldrand…
Erstellt:
31.12.2013
Geändert: 31.12.2013
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