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Rüfenacht - Naturschauspiel am Dentenberg

Am Fusse des Dentenbergs in Rüfenacht sammeln sich über 100 Rotmilane, um zu überwintern. Verteilt auf zwei Wäldchen haben sie sich ihren Winterschlafplatz eingerichtet. Zweimal pro Jahr werden die Rotmilane gezählt. Warum schlafen die Milane in Rüfenacht und warum gibt es so viele?

Adrian Aebischer: "Er ist ein Allesfresser, im Vergleich zum Mäusebussard, der nur Mäuse frisst, ernährt sich der Rotmilan auch von Aas und Siedlungsabfällen." (Foto: Rolf Blaser)
Rotmilan: Die Männchen wiegen 850 bis 1050 Gramm, Weibchen 950 bis 1250 Gramm. (Foto: Rolf Blaser)
Über 100 Rotmilane wurden Anfang Jahr über Rüfenacht gesichtet. (Foto: Rolf Blaser)
Rüfenacht: In den Baumkronen sitzen die Milane und treffen sich zum Schlafen. (Foto: Rolf Blaser)
Bei der Zählung im Januar 2023 wurden schweizweit 4'176 Rotmilane in ihren Winterquartieren gezählt. (Foto: Rolf Blaser)

Es ist ein eindrückliches Schauspiel, wenn 50 Rotmilane gleichzeitig von einem Wald wegfliegen. Langsam schrauben sie sich gleitend in die Höhe. Einige rufen, andere halten Ausschau nach Futter. Anfang Januar wurden beim Schüniwald und Chalchofeholz in Rüfenacht 162 Rotmilane gezählt. Ende November waren es noch mehr. 140 beim Schüniwald und 100, die von Rüfenacht nach Wattenwil (oberhalb Worb) umgesiedelt sind.

 

Seit 2018 überwintern Milane in Rüfenacht

Erstmals wurden 2018 Rotmilane in Rüfenacht an ihrem Winterschlafplatz gezählt. Dies ist der einzige bekannte Winterschlafplatz in der Region Bern-Ost. Der Biologe Adrian Aebischer begann 2007 eine schweizweite, simultane Zählung an allen bekannten Schlafplätzen zu organisieren.

 

Grund könnte Futtersuche sein

Warum sich die Vögel abends in Gruppen auf den Bäumen niederlassen, ist laut Aebischer nicht geklärt. "Sicherlich bringt dieses Verhalten einen Vorteil, sonst hätte es sich wohl nicht entwickelt. Als möglicher Nutzen von solchen Schlafplätzen bei Vögeln werden fünf Faktoren genannt: effektivere Nahrungssuche, effizientere Feindvermeidung, Verbesserung des Wärmehaushalts, Mangelangebot an geeigneten Schlafstätten, Ort als Heiratsmarkt." Die erste dieser Erklärungen dürfte die plausibelste sein , so Aebischer.

 

Milane beobachten einander

Tagsüber begeben sich die Rotmilane oft allein auf Futtersuche. Es sei jedoch möglich, dass eine hohe Anzahl in einem bestimmten Gebiet, die Nahrungssuche erleichtere. "Milane schauen sich nämlich nicht nur nach Beute oder Aas um. Sie halten immer auch ein Auge auf Artgenossen in der weiteren Umgebung." 

 

Vorteil milder Winter

Die Rotmilane profitieren von den milden Wintern der letzten Jahre. Temperaturen zum Jahreswechsel um die 15 Grad ist für die Vögel ein Segen. Auch für den Milan, sagt Aebischer: "Die Zahl der Schneetage unterhalb von 800 Höhenmetern hat sich seit 1970 halbiert. Zudem bleibt der Schnee in tieferen Lagen nur noch selten länger als drei bis vier Tage liegen."

 

Vom Zug- zum Standvogel

Früher war der Rotmilan ein Zugvogel, der die Schweiz im Herbst verliess. Heute tun dies zwar noch fast alle Jungvögel, solange sie noch nicht geschlechtsreif sind, aber nur noch die Hälfte der Altvögel. Sollte jedoch während längerer Zeit eine dicke Schneedecke im Flachland liegen, ziehen auch die Vögel aus Rüfenacht Richtung Süden.  

 

Fast ausgerottet

Heute sieht man das ganze Jahr hindurch viele Rotmilane über den Feldern kreisen. Das war nicht immer so. Ende des 19. Jahrhunderts wurden die Milane fast ausgerottet. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde der Vogel geschützt. Er erholte sich jedoch nur langsam, 1976 wurden schweizweit 150 Paare gezählt, 1996 rund 1000 Paare.

 

Deshalb sehen wir viele Milane

Dass es heute wieder so viele Rotmilane gibt, hat laut Adrian Aebischer mehrere Gründe. "Er ist ein Allesfresser, im Vergleich zum Mäusebussard, der nur Mäuse frisst, ernährt sich der Rotmilan auch von Aas und Siedlungsabfällen.

 

Häufiges Mähen hilft

Er profitiert davon, dass Felder mehrmals pro Jahr gemäht werden. Dadurch findet er viel Nahrung, die beim Mähen freigelegt wird. Zudem profitiert der Rotmilan davon, dass er im Winter hierbleiben kann und nicht in den Süden ziehen muss."  

 

[i] Der Biologe Adrian Aebischer zählt seit über 20 Jahren Rotmilane an ihren Schlafplätzen, er leitet die zweimal jährlich stattfindende Zählung der Rotmilane. Letztes Jahr veröffentlichte er ein Buch über den Rotmilan. "Der Rotmilan – Ein Greifvogel im Aufwind", Adrian Aebischer/Patrick Scherler, erschienen im Haupt Verlag.  

 

[i] Die Zählung wird von 180 Freiwilligen zweimal pro Jahr durchgeführt. Im Januar 2023 wurden in Rüfenacht 162 Rotmilane gezählt, schweizweit waren es 4176. Im Dezember 2022 waren es in Rüfenacht und Wattenwil bei Worb 240, schweizweit 5472 Rotmilane.  

 

[i] Haben Sie bei sich in der Nähe auch einen Schwarm (mindestens 20) Rotmilane entdeckt? Melden Sie sich bei uns, wir werden dies weiterleiten.

 


Autor:in
Rolf Blaser, info@bern-ost.ch
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Erstellt: 19.01.2023
Geändert: 19.01.2023
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