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Schloss Wyl: Neues Turmdach für das alte Hochzeitsschloss

Das Schloss Wyl erhielt erneut Gelder aus dem Lotteriefonds. Schlossbesitzer Matthias Steinmann ist erleichtert. Der Unterhalt des historischen Gebäudes samt Park sei kostspielig, sagt er. Und: «Ich hätte nicht gewusst, wie ich das neue Turmdach finanzieren kann.»

Matthias Steinmann vor dem Schloss Wyl: Mit den Beiträgen will er das Turmdach sanieren. (Foto: Steinmann-Stiftung)
Das Schloss Wyl: Erhaltenswertes Wahrzeichen für die Region. (Foto: Steinmann--Stiftung)
Der grosse Park ist Treffpunkt für Hunde und Spaziergänger:innen. (Foto: Steinmann-Stiftung)
Im Schloss gaben sich letztes Jahr 55 Brautpaare das Jawort. (Foto: Steinmann-Stiftung)

Matthias Steinmann kann aufatmen. Der Schlossbesitzer und Präsident der Steinmann Stiftung Schloss Wyl hatte sich bereits Gedanken gemacht: Dach und Mauer des Schlossturms müssen saniert werden, verschiedene Innenräume brauchen einen frischen Anstrich. «Allein das Gerüst rund um den Turm erfordert einen grossen finanziellen Aufwand», erklärt er.

 

«Wahrzeichen der Region»

Dieses Problem ist gelöst: Kürzlich wurde bekannt, dass seine Stiftung für das Schloss erneut Beiträge aus dem Lotteriefonds erhält. Bedingung für diese Unterstützung sei, so schreibt der Kanton, dass die Baudenkmäler «abgesehen von ihrer geschichtlich und baulich herausragenden Bedeutung als ‘Wahrzeichen der Region’ gelten.»

 

Tatsächlich sitzt das Schloss als Wahrzeichen von Schlosswil gut sichtbar auf seinem Hügel, eingerahmt vom riesigen Schlosspark mit grossen alten Bäumen. Bereits in früheren Jahren unterstützte der Kanton Bern Matthias Steinmanns Stiftung mit Lotteriefonds-Geldern «für den Erhalt und die Pflege» seines Schlosses Wyl. Unlängst wurde in einem Beitrag der «SonntagsZeitung» kritisiert, dass «mehrfache Millionäre» wie Steinmann mit Lotteriefonds-Geldern unterstützt werden.

 

Der Millionär hat auch Millionen investiert

Matthias Steinmann, emeritierter Professor für Medienwissenschaften an der Uni Bern, Krimiautor und zweifacher Schlossbesitzer – nebst dem Schloss Wyl gehört ihm auch das Schlösschen Ursellen in Konolfingen –, findet das nicht fair. Zwar hat er mit seiner Firma Radio- und Telecontrol tatsächlich ein Millionenvermögen verdient, indem er jahrzehntelang in verschiedenen Ländern weltweit die Einschaltquoten für Radio und Fernsehen ermittelte.

 

Dafür aber, erklärt er, habe seine Stiftung seit ihrer Gründung immerhin 13 Millionen in das Schloss Wyl gesteckt, um es für die Allgemeinheit zu erhalten: 10,3 Millionen davon hat er selbst berappt, um es dem Kanton abzukaufen. Weitere 2,8 Millionen Franken hat er bereits aus dem Lotteriefonds erhalten und für die Renovation von Fenstern, Mauern und Schlossdach eingesetzt.

 

Das Schloss als teures Hobby

Dementsprechend proper sieht das Schloss heute aus. Jetzt aber, sagt Matthias Steinmann, müssten Turmdach und Turmmauer renoviert werden, und auch ein paar Innenräume bräuchten dringend einen neuen Anstrich. Für ihn bedeutet deshalb der erneute Beitrag aus dem Lotteriefonds eine Erleichterung: «Ich wüsste nicht, wie ich das sonst stemmen könnte.»

 

Immerhin sei der Betrieb von Schloss und Park kein Pappenstiel: «Jährlich fallen allein über 200'000 Franken Personalkosten und 50'000 Franken für Umgebungsarbeiten an.» Nach den ersten vier Jahren könne er das auch nicht mehr von der Steuer absetzen: «Jetzt gilt das Schloss als ‘Hobby’, und ich zahle Steuern darauf.»

 

Hundespaziertreff und Standesamt

Mit den Beiträgen aus dem Lotteriefonds will der Regierungsrat «dazu beitragen, dass diese herausragenden Baudenkmäler auch für künftige Generationen erhalten bleiben». Genau das ist Matthias Steinmanns Absicht. Und ein bisschen stolz sagt er, das sei ihm auch gut gelungen: «Der Park dient als Hundespazierort der ganzen Umgebung und als schönes Plätzchen zum Flanieren.»

 

Im letzten Jahr hätten ausserdem 55 Paare im Schlosssaal geheiratet, fünf mehr als im Vorjahr. Und: «Die Nachfrage nach Trauungen und Feiern im Schloss ist so gross, dass wir den Sommer hindurch völlig ausgebucht sind.» Einzig in den Monaten März und November seien noch Kapazitäten frei.

 

Hochzeitsmesse und Diners

Der Angebots-Mix im Schloss ist vielfältig: Auch die Hochzeitsmesse mit 30 Aussteller:innen, so liest man im Jahresbericht der Stiftung, habe zum zweiten Mal im Schloss Wyl stattgefunden, ebenso die Jungbürger:innenfeier der Gemeinde sowie ein Oster- und ein Nikolaus-Anlass. Insgesamt habe er im Schloss durch das Jahr hindurch gegen 2800 Gäste empfangen, erzählt Steinmann. Er freut sich, dass auch Prominenz sein Schloss gerne besucht: Vor Jahren habe der Gesamtbundesrat und unlängst der Berner Regierungsrat samt Entourage bei ihm diniert.

 

Kunst und Waffen

Auch die Bilder-Ausstellung von Ted Scapa und seiner Frau Meret hat ihren Platz im Schloss beibehalten. Allerdings heisst die Ausstellung jetzt neu «Kunst und Waffen im Turm» – eine etwas eigenartige Mischung, die aber nach Steinmanns Meinung ganz gut zusammenpasst und Künstler Scapa sicher nicht stören würde: «Sämtliche Infanteriewaffen, die von der Schweizer Armee seit 1948 verwendet wurden, sind im Schloss ausgestellt», erklärt er stolz, «136 Einzelstücke plus 25 ältere Schlag- und Stichwaffen.»

 

Die Waffen sind dreifach gesichert

Die Gewehre, Maschinenpistolen, Pistolen, Revolver und sogar ein Flammenwerfer seien auf zwei Stockwerke verteilt zu besichtigen, sagt Steinmann. Diese Ausstellung sei dem neuen Stiftungsratsmitglied Christian Sieber, Chef der Regionalpolizei und Kriminalist, zu verdanken: Er habe sich dafür eingesetzt, dass die Waffen keinesfalls in einem Keller versteckt werden. «Die Waffen sind mit einer dreifachen Alarmanlage gesichert», beruhigt Steinmann.

 

«Paolo» war Leiter der Migros-Malschule

Trotz der neuen Waffenausstellung bleibt im Buddha-Saal und im Ost-Treppenhaus weiterhin Platz für die Wechsel-Ausstellung. Dieses Jahr hat Künstler «Paolo» (Paul Jakob Müller) den Platz erhalten. Der Berner Uhrmachersohn, der von 1894 bis 1982 lebte, war zehn Jahre lang Leiter der Malschule der Migros und der Volkshochschule Bern, ausserdem gab er private Malkurse in seinem Atelier am Kornhausplatz 14 in Bern. Er porträtierte vor allem Menschen und wollte das soziale Elend darstellen. Von seinen Reisen nach Frankreich und Süditalien brachte er luftig-leichte Landschaftsbilder mit.

 

Hunde und Gäste, Kunst und Waffen, Hochzeiten und Messen – Schlossherr Matthias Steinmann hat noch viele Ideen, und er wirkt mit seinen 82 Jahren lebhaft und umtriebig. Er überlegt kurz, dann sagt er, alles in allem sei ihm das Schloss das Geld wert. Wenn es sich auch finanziell nicht rentiere: «Es lohnt sich!»

 

Schloss Wyl

 

[i] Lotteriefonds für herausragende Baudenkmäler

Der Kanton Bern unterstützt seit 2006 «den aufwendigen und kostspieligen Unterhalt von ausgewählten herausragenden Baudenkmälern» mit wiederkehrenden Beiträgen aus dem Lotteriefonds. Damit sollen diese für den Kanton einzigartigen Bauten erhalten und für die Bevölkerung zugänglich und attraktiv bleiben. Für die Jahre 2025 bis 2028 beantragt der Regierungsrat dem Grossen Rat jährlich rund 4,4 Millionen Franken für die Instandhaltung. Für Massnahmen zur Instandsetzung beantragt er einen Rahmenkredit von insgesamt rund 14,2 Millionen Franken.

 

[i] Für folgende 17 weiteren herausragenden Baudenkmäler aus allen Regionen des Kantons wurden für die Leistungsperiode 2025 bis 2028 Beiträge vom Lotteriefonds gesprochen:

·  Berner Münster

·  Schloss Burgdorf

·  Schloss Holligen

·  Schloss Hünegg (Hilterfingen)

·  Schloss Jegenstorf

·  Schloss Landshut (Utzenstorf)

·  Schloss Laupen

·  Schloss Oberhofen

·  Schloss Schwarzenburg

·  Schloss Spiez

·  Schloss Thunstetten

·  von Rütte-Gut (Sutz-Lattrigen)

·  Rebbaumuseum Hof (Ligerz)

·  Rebhaus Wingreis (Twann)

·  Bauernmuseum Althuus (Jerisberghof, Ferenbalm)

·  Maison du Banneret Wisard (Grandval)

·  Kulturmühle Lützelflüh


Autor:in
Claudia Weiss, claudia.weiss@bern-ost.ch
Nachricht an die Redaktion
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Erstellt: 10.06.2024
Geändert: 10.06.2024
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