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Schule Schlosswil: Gemeinde hat Widerstand unterschätzt

Dass die Schliessung der Schule Schlosswil nun doch nicht so wie geplant vor sich geht, ist ein Erfolg des Widerstands aus der Bevölkerung. Gemeindepräsidentin Christine Hofer räumt auch Fehler ein.

Bleibt nun länger erhalten als geplant: Schule Schlosswil. (Bild: Res Reinhard)
Der Protest war erfolgreich, die Schule schliesst vorerst nicht. (Bilder: zvg/Ortsverein Schlosswil)

Als der Gemeinderat von Grosshöchstetten Ende letztes Jahr bekanntgab, dass er die Schule Schlosswil ab 2022 gestaffelt schliessen will, schien die Entscheidung unumstösslich. "Stand heute ist der Entscheid definitiv", sagte Gemeindepräsidentin Christine Hofer (EVP) zu BERN-OST. Nur falls es neue Erkenntnisse gebe oder der Gemeinderat merke, dass er etwas vergessen habe bei seinen Überlegungen, würde man das Ganze nochmals überprüfen.

 

Nun sieht alles anders aus. Letzte Woche gab der Gemeinderat bekannt, dass er auf die Schliessung der 1.-2. Klasse im Sommer 2023 verzichtet. Nur der Kindergarten zügelt wie geplant in einem Jahr nach Grosshöchstetten (BERN-OST berichtete). Was ist passiert?

 

Allem voran war der Widerstand in der Bevölkerung gross. Die Kerngruppe Pro Schule Schlosswil sammelte Unterschriften gegen die Schulschliessung. Ende Februar reichte sie eine Petition mit rund 1600 Unterschriften ein, davon die Hälfte aus der Gemeinde. Anschliessend trafen sich Kerngruppe, Gemeinderat, Schulkommission und Schulleitung dreimal zu einem "runden Tisch", um über mögliche Alternativen zu diskutieren.

 

"Wir haben gemerkt, dass es möglich ist, eine Klasse zu behalten"

"Die Schlosswiler:innen haben sich gewehrt und das Ziel muss immer sein, eine Lösung zu finden, die akzeptiert werden kann", erklärt Gemeindepräsidentin Hofer den Gesinnungswandel. "An der Ausgangslage hat sich nichts geändert", sagt sie. "Wir haben aber gemerkt, dass es doch möglich ist, die 1.-2- Klasse noch in Schlosswil zu behalten - zumindest für ein Jahr." 

 

Diese runden Tische seien gut gewesen, sagt Simon Grünig von der Gruppe Pro Schlosswil. "Man konnte sachlich und konstruktiv diskutieren. Wichtig waren sie auch, weil die Leute aus Schlosswil enttäuscht waren über die Kommunikation des Gemeinderats im Vorfeld des Entscheids. Es herrschte eine gewisse Ernüchterung über die Fusion." Erst vor zweieinhalb Jahren hatte sich Schlosswil der Gemeinde Grosshöchstetten angeschlossen. Damals war der Bevölkerung versichert worden, dass der Schulstandort so lange wie möglich erhalten bleibt. 

 

Was die Kommunikation angeht, räumt Christine Hofer seitens des Gemeinderats Fehler ein. "Schulschliessungen sind immer emotional. Aber wir haben die Tragweite etwas unterschätzt. Bei einem nächsten Mal würden wir das besser machen und die Eltern frühzeitig mit ins Boot nehmen, damit sie den Entscheid nachvollziehen können."

 

Inhaltlich wurde ein Kompromiss geschlossen. Nicht verhindern konnten die Schlosswiler:innen, dass der Kindergarten schliesst. "Wir haben eingesehen, dass es schwierig wäre, ihn zu erhalten", so Grünig. "Auch unsere Idee mit einer Basisstufe in Schlosswil hat sich wegen zu grosser Klasssen als schwer realisierbar herausgestellt." Positiv sei, dass der Gemeinderat nun gemerkt habe, dass er die Schlosswiler:innen mit ins Boot nehmen müsse.

 

Keine Versprechungen

Vom Tisch ist der Umzug der 1.-2. Klasse 2022 und jener der 3.-4- Klasse ein Jahr später. Wie es danach weitergeht, ist nicht klar. Weitere Zugeständnisse könne der Gemeinderat zurzeit nicht machen, so Hofer. "Wie beobachten die Schüler:innenzahlen. Wenn es keine grosse Veränderungen gibt, die die Zahlen ansteigen lassen, wird es früher oder später wohl doch zu Schliessungen kommen."

 

Kein Provisorium in Grosshöchstetten

Auch für Simon Grünig ist klar, dass die Gemeinde keine Versprechungen machen kann. Für die Zukunft ist er trotzdem zuversichtlich. "Bei der Schulschliessung ging es ja um die Schüler:innenzahlen in der Gesamtgemeinde. Wenn man nur auf Schlosswil schaut, braucht es noch einiges, damit man wirklich Klassen schliessen muss. Und dann gibt es ja auch noch die Möglichkeit, anstatt Doppel- Dreijahrgangsklassen zu führen." Auch den Schlosswiler Kindergarten will er nicht ganz begraben. "Wenn die Kinderzahlen steigen, geht er ja vielleicht wieder auf. Das wäre jedenfalls die bessere Lösung als ein weiteres Provisorium in Grosshöchstetten."

 

Dazu wird es laut Christine Hofer allerdings nicht kommen: „Auch bei steigenden Schülerzahlen im Kindergarten werden wir in Grosshöchstetten kein weiteres Provisorium benötigen. Laut den heutigen Zahlen wird auch in Grosshöchstetten ein Kindergarten schliessen müssen“.


Autor:in
Anina Bundi, anina.bundi@bern-ost.ch
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Erstellt: 12.07.2021
Geändert: 12.07.2021
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