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Schulheim Dentenberg - Die Bekämpfung eines Vorurteils

1882 wurde das Brünnenheim in Bümpliz gegründete und wechselte vor 36 Jahren seinen Standort auf den Dentenberg bei Worb. Oftmals werden bei den Leuten negative Vorstellungen hervorgerufen, wenn man von einem „Heim“ spricht. Doch was für

„In den Zeitungen liest man über ehemalige Heimkinder nur noch etwas, wenn sie in der Gesellschaft nicht klar kamen oder gar straffällig wurden. Über die Mehrheit, bei der eine erfolgreiche Integration in die Gesellschaft stattgefunden hat, erfährt die Öffentlichkeit nichts.“ Das war die ernüchternde Feststellung von Peter Krüger, der seit 2 Jahren Heimleiter im Brünnenheim ist. Viele Leute stellen sich unter einem Heim eine Art Strafanstalt für Schwererziehbare vor, doch dem sei nicht so, meint er. Im Folgenden wird das Schulheim Dentenberg etwas genauer unter die Lupe genommen.

Das Schulheim Dentenberg ist ein Sonderschulheim für lern- und verhaltensbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche. Die Trägerschaft des Heims ist die Stiftung Brünnen mit Sitz in Bern. Das Schulheim wird vom Kanton subventioniert, zudem handelt es sich um eine durch das Bundesamt für Sozialversicherung ( IV ) anerkannte Institution.

Die Kriterien für die Aufnahme eines Kindes sind im Heimkonzept erläutert: „Gemäss Auftrag nehmen wir Kinder beiderlei Geschlechts im Schulalter auf, bei denen eine Heimplatzierung in ein Sonderschulheim vorübergehend die optimale Lösung darstellt. Die Schulbildungsfähigkeit sollte ungefähr dem Niveau der öffentlichen Schule entsprechen und darf die Bandbreite einer Kleinklasse A nicht unterschreiten. Die Indikation für die Lösung Schulheim, muss mittels Vorabklärung durch eine Erziehungsberatungsstelle oder durch privat tätige Fachpersonen ( Kinderpsychiater, Psychologe ) gestellt werden.“
Kinder oder Jugendliche mit schweren körperlichen oder geistigen Behinderungen können nicht aufgenommen werden, da dies die sonderpädagogischen Möglichkeiten in der Institution überschreiten würden. Einige der Kinder im Schulheim Dentenberg haben ein Aufmerksamkeitsdefizit ein sogenanntes ADHD, früher hiess es POS ( psychoorganisches Syndrom ), sie sind aber alle normal begabt. Nach der 7. Klasse ist eine Aufnahme nur noch in Ausnahmefällen möglich, da von diesem Zeitpunkt an die Austritts- und Lehrstellenplanung langsam ins Rollen kommt. Die Kinder bleiben nur solange wie nötig im Schulheim, sie können also im Verlauf der Schulzeit auch wieder austreten und eine öffentliche Schule besuchen. Manchmal bleiben aber die Jugendlichen bis zur Vollendung der Schulzeit und kehren danach wieder ins Elternhaus zurück oder beziehen eine andere Wohnform, z.B. eine Jugend WG.

Das Brünnenheim fasst maximal 28 Plätze, die eigentlich durch die grosse Nachfrage immer besetzt sind. Diese 28 Plätze werden in 4 Wohngruppen zu 7 Kindern unterteilt. Jedes Kind hat sein eigenes Zimmer in der Gruppe. Da im Heim immer viel läuft, haben die Kinder auch die Möglichkeit sich zurückzuziehen. Die Kinder können die Einrichtung ihrer Zimmer selber bestimmen. Es soll ja kein Einheits- oder eben Heimcharakter entstehen. Jede Gruppe verfügt auch über einen TV, über Bücher, Spiele und je nach Vorliebe einen „Töggelikasten“ oder Ähnliches, wie zu Hause eben.

Die Leistungen des Brünnenheimes beinhalten drei Dimensionen: Schule, Pädagogik und Therapie. Die Schule vermittelt wie bereits weiter oben erwähnt den normalen Primarschulstoff. Es werden eine Unterstufe, eine Mittelstufe und zwei Oberstufen unterrichtet. Die Klassengrösse von 6 – 8 Kindern lässt eine bessere und individuellere Förderung zu. Der Therapiebereich bietet heilpädagogisches Reiten, sowie eine Bewegungs- und eine Musiktherapie an. Freiwillige Mitarbeit im heimeigenen bäuerlichen Pachtbetrieb ist möglich und kann zur Sackgeldaufbesserung dienen. Neben der Schule sind pro Gruppe 4 diplomierte Sozialpädagogen in ca. 80% Anstellung für die Kinder zuständig. Sie suchen eine enge, partnerschaftliche Beziehung zu den Eltern der Kinder aufzubauen und aufrecht zu erhalten, sie verstehen sich jedoch nicht als Elternersatz, sondern als Ergänzung zu den elterlichen Bemühungen. Gemeinsam sollen optimale Bedingungen für jedes Kind und dessen soziales Umfeld erarbeitet werden. So hat die Zusammenarbeit mit den Eltern der Kinder einen sehr hohen Stellenwert. Fast jedes Wochenende gehen die Kinder nach Hause und auch am Mittwochnachmittag können die Eltern ihre Kinder besuchen. Es finden auch regelmässige Sitzungen mit den Eltern, den Pädagogen und den Lehrern statt. Für die Austrittsplanung und die Eingliederung in die Berufswelt ist eine Sozialarbeiterin zuständig, die in enger Zusammenarbeit mit den anderen Berufsgruppen sowie mit den Eltern und dem Berufsberater gute Möglichkeiten erarbeitet, damit die weiterführende Entwicklung der Jugendlichen gewährleistet ist. Nach dem Heimaustritt ist auch eine punktuelle Nachbetreuung möglich, allerdings dann auf freiwilliger Basis.

Wie man sieht, bietet das Schulheim Dentenberg eine umfassende schulische und soziale Betreuung mit anschliessender Austrittsplanung an. So räumt Peter Krüger, der seit fast 20 Jahren im Heim arbeitet mit dem Vorurteil auf, dass Menschen, die im Heim waren, zwangsläufig scheitern müssten. Er habe es in dieser Zeit noch nie erlebt, dass Jugendliche, welche die Schulzeit im Heim beendeten, keine weiterführende Ausbildung oder Schule angetreten hätten. Was dann später mit diesen Menschen passiere, sei eine andere Frage, denn irgendeinmal müsse die Selbstverantwortung stattfinden. Aber die Erfolgsquote sei hoch, deshalb sollte man über die meist erfolgreichen Eingliederungen auch mal etwas zu lesen bekommen.

www.worb.ch

Autor:in
Michael Bucher, Worber Post
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Erstellt: 21.01.2004
Geändert: 21.01.2004
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