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Simon Hertig: „Ich habe eine soziale Ader“

Gleich gegen zwei andere Kandidaten setzte sich Simon Hertig (parteilos) bei der Wahl des neuen Gemeindepräsidenten in Arni durch. Seit rund dreissig Jahren engagiert er sich in der Gemeinde, ist unter anderem als Feuerwehrkommandant bekannt und schätzt den engen Kontakt zu den Leuten. Als Gemeindepräsident wird der traditionsbewusste 60-Jährige die Geschicke der Gemeinde aber auch von der fernen Alp am Susten leiten – dank moderner Technologie und mit dem Komfort einer warmen Dusche.

Ist gerne nahe bei der Bevölkerung: Arnis neuer Gemeindepräsident Simon Hertig. (Bild: Isabelle Berger)

So ziemlich am äussersten Ende der Gemeinde Arni, am steilen Hang oberhalb der Strasse Richtung Moosegg, liegt der Hof, den Simon Hertig 29 Jahre lang mit seiner Familie bewirtschaftete. Seit drei Jahren führen ihn sein Sohn Philipp und dessen Frau Marlen, unterstützt von Simon Hertigs Frau Hanna. Im gemütlichen Wohnesszimmer mit den warmroten Vorhängen erzählt er von seinem Werdegang bis zum Gemeindepräsidium.

 

„Ich habe mich schon immer für die Sachen in der Gemeinde interessiert“, sagt er. Er engagierte sich als Mitglied der Schulkommission, als Präsident der Viehversicherungskasse, als Aufsichtsrat der Raiffeisenbank und machte bei der Feuerwehr die Laufbahn vom Offizier, über den  Löschzugführer bis zum Kommandanten und Verbandsratspräsidenten der Feuerwehr Regio Gumm durch. Insbesondere die Tätigkeit bei der Feuerwehr hat ihn besonders geprägt und wird auch in seinem neuen Amt zum Tragen kommen.

 

Psychologisches Gespür im neuen Amt

„Die Aufgabe des Gemeindepräsidenten hat grosse Ähnlichkeit mit dem, was ich bei meinen Tätigkeiten gemacht habe“, sagt Hertig. Man sei sehr nahe bei der Bevölkerung. Gerade das Helfen im Falle eines Schadens und das Suchen nach guten Lösungen für die Betroffenen, welche eigentlich über den Kernauftrag der Feuerwehr hinausgingen, hätten ihm immer am Herzen gelegen. „Ich habe eine soziale Ader“, sagt er über sich selber.

 

Auch ein psychologisches Gespür habe er durch seine Führungsaufgaben entwickelt. Dieses will er als Gemeindepräsident insbesondere in der Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat und der Verwaltung nutzen. „Jeder hat Stärken und Schwächen“, sagt er. Es gelte die Leute dementsprechend einzusetzen.

 

Auch er habe schwache Bereiche und werde gewisse Aufgaben delegieren müssen. „Man muss nicht alles selber wissen“, sagt er. Nach all den Jahren im Dienst des Allgemeinwohls wisse er aber oft, wo man fragen könne. „Wenn man nach Lösungen sucht, findet man sie in der Regel“, ist er überzeugt.

 

Fusion als letzter Ausweg

Als Herausforderung im neuen Amt nennt er insbesondere die Erhaltung der Selbstständigkeit der Gemeinde. Obwohl er massgeblich an der Fusion der Feuerwehren von Biglen, Landiswil, Walkringen und Arni zur Feuerwehr Regio Gumm beteiligt war und die ebenfalls erfolgte Zusammenlegung der Schulen von Arni und Landiswil sinnvoll findet, sieht er dieses Vorgehen auf Gemeindeebene nur als letzte Lösung. „Jede Fusion ist auch ein Sterben. Man gibt etwas Traditionelles auf“, sagt er. Als Gemeinde habe man auch einen berechtigten Stolz auf das eigene jahrhundertelange Bestehen. So gelte es nun die Finanzen zu pflegen und stets genügend Leute für die Gemeindeämter zu finden.

 

"Lehrbub" mit neuen Ideen

Veränderungsscheu scheint Hertig trotz Traditionsbewusstsein keineswegs zu sein. Immerhin löst er Kurt Rothenbühler, der insgesamt 21 Jahre im Gemeinderat sass, nach 12 Jahren Präsidium ab. Rein von Rothenbühlers Wissen her, dürfte man ihn gar nicht gehen lassen, meint er augenzwinkernd. „Ich bin quasi ein Lehrbub im ersten Lehrjahr“, witzelt er. Aber jemand Neues sei auch gut. „Neue Leute betrachten die Dinge teilweise von einer anderen Seite und haben auch gute Lösungsideen“, sagt er.

 

Auch privat hat er sich vor Kurzem erst an etwas Neues gewagt. Auf die Frage nach Hobbies erzählt er von seinem letzten Sommer, als er im Meiental am Susten „z Alp“ ging. Eigentlich zählt dies neben Innenausbau und kleineren Sanitärarbeiten aber zu seiner Erwerbstätigkeit, seit er den Hof übergeben hat.

 

Ein wahrgewordener Traum

„Es war ein Traum von mir, das zu machen, aber ich habe nicht damit gerechnet, dass er schon jetzt wahr wird“, sagt Hertig. Hinter einem entsprechenden Inserat verbarg sich ein Alpvogt, den er schon seit zwanzig Jahren kannte. So war er schnell engagiert und absolvierte in 103 Tagen seinen „Lehrsommer“, wie er sagt.

 

Zu 165 Rindern und Mutterkühen schaut Hertig dort gemeinsam mit seinem Bergamasker-Hirtenhund Sömi. „Die grösste Arbeit ist das Zäunen“, erzählt er. Und nach einem ganzen Tag unterwegs und dem Schleppen von schwerem Gepäck geniesse er Eines besonders: „Das Duschen war das Highlight.“ Er habe sich einen Durchlauferhitzer installiert. „Nach dem Duschen ist es dir wieder wohl“, sagt er lachend und erinnert sich an schmerzende Füsse und verschwitzte Kleider.

 

Vernetzt auf der Alp

Auch nächsten Sommer wird er wieder von Mitte Juni bis Mitte September auf der Alp sein. Und damit seine neuen Pflichten nicht zu kurz kommen, installiert er dort auch einen Internetzugang. „Mit dem Handy habe ich guten Empfang und in zwei Stunden bin ich zuhause“, sagt er. Da er seine Schützlinge nicht melken müsse, könne er gut auch mal weg. Und falls dies länger nötig sein sollte, vertrete ihn sein Vorgänger. „Ich werde meine Verpflichtungen in der Gemeinde Arni wahrnehmen“, versichert er.


Autor:in
Isabelle Berger, isabelle.berger@bern-ost.ch
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Erstellt: 19.02.2020
Geändert: 19.02.2020
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