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Snowboard - Fabien Rohrer: Alles andere als ein 08/15-Typ

Der frühere Halfpipe-Weltmeister Fabien Rohrer hat den letzten Wettkampf 2001 bestritten, doch bei ihm dreht sich immer noch vieles ums Snowboard. Beispielsweise trainiert der 33-jährige Münsinger Berner Nachwuchstalente.

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Das Anwesen in Münsingen, wo Fabien Rohrer mit Mutter, Grossmutter, Freundin und deren Kind sowie einem guten Kollegen wohnt, verfügt über viel Umschwung. Es hat zum Beispiel genügend Platz für eine kleine Schanze. Mit Hilfe eines Bungeejumping-Seils verschafft sich Rohrer im Garten die nötige Geschwindigkeit für Sprünge mit dem Brett, das ihm nach wie vor die Welt bedeutet.

«Ich kann mich vom Snowboarden nicht lösen», gibt der 33-Jährige zu. Er steht im Winter noch immer drei-, viermal wöchentlich auf dem Board. Was bedeutet ihm sein Sport? «Freiheit, keine Regeln, Grenzen ausloten und Natur», antwortet er.

Obwohl er den letzten Wettkampf vor acht Jahren bestritt («ich hatte meine Ziele erreicht und fühlte mich ausgepowert»), sind Aufnahmen mit dem Münsinger in Snowboard-Magazinen nach wir vor gefragt. Auch über Sponsoren verfügt Rohrer noch, und jeden Monat klicken 1500 Menschen seine Internetseite an. «Der Name Fabien Rohrer wird immer noch als Produkt gehandelt», sagt er – nicht ohne Stolz.

Dass er nicht in Vergessenheit geraten ist, hängt in erster Linie mit seinem früheren Sonderstatus zusammen. Fabien Rohrer, der 1994 die Wirtschaftsmittelschule abbrach, um Snowboardprofi zu werden, war einige Jahre das Gesicht der damaligen Trendsportart.

Einerseits feierte der 1,62 m kleine Berner zahlreiche Erfolge – 1997 wurde er Halfpipe-Weltmeister des Internationalen Skiverbands FIS, zweimal beendete er die Saison als Nummer 1 der ISF-Weltrangliste –, anderseits verkörperte er wie kein anderer den speziellen, durch Widersprüche geprägten Lifestyle: Leistung und Spass, Konzentration und Lockerheit, Wettkämpfe und Partys brachte er scheinbar mühelos unter einen Hut.

Die einen mochten seine offene Art, die anderen fanden seine Auftritte ausserhalb der Halfpipe eher peinlich – doch egal war Fabien Rohrer Herr und Frau Schweizer vor der Jahrtausendwende nicht. Um einen frechen Spruch war der ehrliche Münsinger damals nie verlegen, im Rampenlicht blühte er richtig auf.

Dass er mit Stéphanie Berger, Miss Schweiz 1995, liiert war und sich an der Seite der Sängerin Kisha im Film «Das Fähnlein der sieben Aufrechten» als Schauspieler versuchte, steigerte seinen Bekanntheitsgrad zusätzlich.

Nach seiner Wettkampfkarriere, die äusserst stressig gewesen sei, habe er sich ein 08/15-Leben gewünscht, erzählt er heute. Doch dieser Wunsch grenzte an Selbstbetrug. Fabien Rohrer mag vieles sein; gewöhnlich, konventionell, ein 08/15-Typ ist er sicher nicht – im Gegenteil: Der frühere Halfpipe-Weltmeister ist ein Hansdampf in allen Gassen. Er hat einiges angerissen, er ist mehrfach gescheitert, auch abgestürzt, aber er ist immer wieder aufgestanden.

Nun ist er überzeugt, die zweite Berufung gefunden zu haben. Als Immobilienmakler will er künftig sein Leben verdienen. Mit Vater Kuno hat er die Immohorizont Rohrer GmbH gegründet. Derzeit arbeitet er als Assistent und absolviert in Luzern die Ausbildung zum Makler. Zehn Objekte betreue er schon selbstständig, sagt er. «Die Arbeit ist sehr vielfältig, man kommt mit vielen Leuten in Kontakt und sitzt nicht den ganzen Tag im Büro», schwärmt der 33-Jährige.

Doch, daran ändert auch sein neues Standbein nichts, seine ganz grosse Leidenschaft ist und bleibt der Snowboardsport. Die Wettkämpfe vermisst er nicht, und es ist ihm klar, dass er nicht mehr an der Spitze mithalten könnte. «Ich wurde als ehemaliger Gewinner kürzlich ans Air&Style nach Innsbruck eingeladen. Was die Jungen heute auf dem Brett machen, ist brutal.»

Dennoch braucht Rohrer das Snowboarden nach wie vor. «Ich möchte jumpen, so lange ich kann», sagt er, und seine Augen glänzen. Für tolle Aufnahmen wagt er nach wir vor spektakuläre Sprünge, zusammen mit dem Thuner Ueli Kestenholz betreibt er eine Snowboardschule, und seit diesem Winter amtet er als Nachwuchstrainer der Boarding Association Bern, kurz BABE.

Rohrer ist ein emotionaler, begeisterungsfähiger Typ. «Vollgas» lautete einst sein Motto. Auch heute tut er, was er tut, mit grossem Enthusiasmus. Zwei Wochenenden pro Monat steht er für den Regionalverband im Einsatz. Das Betreuen der Talente macht ihm Spass. «Die Jugendlichen kommen mir vor wie meine Kinder», erzählt er lachend.

Rohrer versucht zwar, die Einheiten abwechslungsreich zu gestalten, aber er ist ein strenger Trainer. In Finnland werde viel härter gearbeitet. «Vielen fehlt der Biss. Wir müssen im Hinblick auf den nächsten Winter das Kader verkleinern», meint er. Er merke rasch, wer wirklich gut werden wolle und auch bereit sei, den nötigen Einsatz zu bringen.

«Es wäre cool, wenn wir im Freestyle bald wieder einen guten Berner Profi hätten.» Einen wie einst Fabien Rohrer.

Ein Artikel aus der

www.fabienrohrer.ch
www.muensingen.ch

Autor:in
Adrian Ruch / Berner Zeitung BZ
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Erstellt: 24.02.2009
Geändert: 24.02.2009
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