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Spital Münsingen: Zum Schluss gabs einen Schuss Satire

Seit Anfang Monat ist das Spital Münsingen geschlossen. Beim internen Abschiedsfest des Personals nahm der Anästhesiearzt Stefan Graf in einem Schnitzelbank die Insel Gruppe auf den Arm.

Der satirische Abgesang auf die Spitalschliessung. (Foto: Rolf Blaser)
Das Video des Abschlussabends.
Stefan Graf präsentierte seinen Schnitzelbank am Abschiedsabend. (Foto: Screenshot Video)

Stefan Graf arbeitete die letzten neun Jahre im Spital Münsingen als Anästhesiearzt. Für ihn kam das schnelle Ende des Spitals überraschend: «Damit hatte niemand gerechnet. Vor zwei Jahren führte ich ein Gespräch mit einem Mitglied der Geschäftsleitung der Insel Gruppe. Er sicherte mir zu, dass es mit dem Standort Münsingen weitergeht. Ich glaubte ihm.» Die Ernüchterung kam für ihn Mitte März, als die Schliessung des Spitals bekanntgegeben wurde.

 

Mit 50 ohne Job

Den Kaderangestellten in Münsingen sei fast ohne Ausnahme gekündigt worden, so Graf. «Das sind Leute über 50, ein grosser Teil von ihnen hat noch keinen neuen Job gefunden, obwohl es hochqualifizierte Ärzte sind.» Eine Weiterbeschäftigung bei der Insel Gruppe sei kein Thema gewesen, ihnen sei gekündigt worden. Das gelte auch für ihn.

 

Grafs Frühpensionierung

«Ich wurde mit 64 zwangspensioniert, im Oktober werde ich 65. Eigentlich wollte ich weiterarbeiten, das war aufgegleist. Daraus wurde nichts», sagt Stefan Graf, der sich damit abgefunden hat. «Damit kann ich leben.» Den Humor hat Graf trotz Kündigung nicht verloren. Zum Abschiedsfest verfasste er diesen Schnitzelbank, in welchem er die Leitung der Insel Gruppe aufs Korn nahm.

 

Der Schnitzelbank

«I bi dä Uwe, kennsch du mi?
Bi i dem Lade s’wichtigscht Vieh.
U mini Hobbies sy sit Jahre
I d’Opere gah u Bagger fahre.
Ir Opere chasch gepflegt plagiere,
En Bagger bruuchsch, we d wottsch saniere.

 

I wär gärn Wirtschaftskapitän,

So wie die früecher – das wär schön.

Doch bi dä Behring hät’s nid g’längt,

Drum hani mi i d’Insle drängt

Und schaff mir dört – i bi nid dumm

Allmählich mis Imperium.

 

I bi dä Bernhard – kennsch mi o?

Bi o ä Teil vo dere Show.

I wär so gärn ‘ein Mann der Tat’

Und no vil lieber Ständerat.

Drum muess i mi das Jahr bewise

Als chäche Ma vo Staau u Iise.

 

Dä Name Pulver isch Programm:

I by weiss Gott kes Uschuldslamm.

We im Spitau d’Problem sich dränge,

De hiufenig doch gärn bim Spränge.

Da bini starch, da bini lut,

U übrig blibt es Hüfeli Schutt.

 

Isch Pierre-Alain, isch bin ein Schnegg.

Mein Job isch wirklisch gar kein Schleck.

Dä Mensch wett so viel Geld usgebe

Nu für es bitzeli länger lebe.

Drum isch mein Motto schon sit Jahre:

Bi’r Gsundheit cha me ganz vil spare.

 

Natürlisch nid bei mir zuhaus

Da sieht die Sach ganz anderscht aus.

Ds Spital in Moutier han isch g’rettet,

Privatisiert und weisch gebettet.

Doch d’Münsinger und s’Aaretal

Sin mir uf Hochdütsch scheissegal.

 

Es fehlt am Gäud, das isch ä Qual

No schlimmer: s’fehlt am Personal.

Die Pflegelüt, das sy doch Affe

Wei um ds Verrode z’Bern nid schaffe.

Seit Jocham: «Höret uf mit Winsle!

I baggere sie mit Gwaut i d’Insle.»

 

Z’Münsige hät’s, was z’Bern duet fehle

Drum gö sie eifach hier cho stehle.

Dä Pulver muess z’ersch d’Hütte sprenge,

Dä Jocham wird i s’Joch sie zwänge

Dä Schnegg git ä chli Schliim dezue.

U s’Aaretal git denn scho Rueh.

 

Mir gwinne doch, es isch enorm:

En Ständerat in Pulverform,

En C-E-O mit Starallüre

En Schnegg, wo Schliim cha drüberschmiere.

Drum singet aui Lob und Dank.

Oh du schöner Schnitzelbank.»


Autor:in
Rolf Blaser, rolf.blaser@bern-ost.ch
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Erstellt: 14.07.2023
Geändert: 14.07.2023
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