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Statt in den Müll: Haare aus Worb säubern das Meer

Kann man abgeschnittene Haare noch für etwas brauchen? Die Worber Coiffeuse Sonja Lehmann-Hofer spendet bereits seit Längerem Haare ab vierzig Zentimetern für Kinderperücken (BERN-OST berichtete). Doch was mit dem Rest? Statt ihn wegzuwerfen, schickt Lehmann diesen nun nach Frankreich. Ein Verein stellt daraus Öl- und Benzinsperren her und tut so etwas gegen die Verschmutzung des Meeres.

Coiffeuse Sonja Lehmann mit Sammelsack: Die Haarabfälle aus ihrem Salon werden in Frankreich zu Ölsperren verarbeitet. (Bilder: zvg /Pixabay)
Nicht nur bei Tankerunfällen: Auch in kleinen Häfen setzt Thierry Gras (links) von Coiffeurs Justes die Haarschläuche ein, um Motorenöl aus dem Wasser zu filtern. (BIlder: Facebook / Coiffeurs Justes)
Arbeitsplätze für Arbeitslose: In Marseille werden die Haare in Kompressionsstrümpfe gestopft.
Dieser Beitrag von Galileo überzeugte Sonja Lehmann, auch ihre Haarabfälle an Coiffeur Justes zu spenden. (Video: Galileo)

Wer schon einmal versucht hat, Öl von Wasser abzuschöpfen, weiss wie schwierig und zeitaufwändig das ist. Aber wer hätte gedacht, dass Haare das viel bessere Werkzeug wären? "Haare können das Achtfache ihres Gewichts an Öl aufnehmen", sagt Sonja Lehmann. Und zwar in beinahe Null-Komma-Nichts.

 

Diese Eigenschaft nutzt der französische Coiffeur Thierry Gras, um aus abgeschnittenen Haaren noch etwas Sinnvolles zu machen. Sein Verein "Coiffeurs Justes" sammelt die Haare, stopft sie in Kompressionsstrümpfe und setzt diese ein, um ausgelaufenes Öl und Benzin aus dem Meer zu filtern. Bald werden auch Worber Haare zum Schutz des Meeres beitragen.

 

Kurze Haar recyceln?

Bei Sonjas Haarstyle in Worb kann man seit mehreren Jahren seine Haare dem Verein HaarFee spenden. Dieser stellt daraus Kinderperücken her. Doch nicht alle Haare sind lang genug dafür. "Meine Kund:innen haben mich immer wieder gefragt, was ich mit den anderen Haaren mache. Bis jetzt musste ich immer sagen, dass ich sie in den Müll werfe", sagt Lehmann. Das brachte sie ins Grübeln: "Irgendwie muss man die doch recyceln können." Sie recherchierte im Internet. Ihr Mann war es dann, der auf Coiffeurs Justes stiess.

 

"Bei Galileo kam eine Dokumentation darüber. Ich habe mir das angeschaut und fand es sehr gut", sagt Lehmann. Im Beitrag zeigt Thierry Gras in einem Experiment, wie saugfähig Haare sind. Es ist verblüffend: Ein Haarzopf saugt das auf Wasser schwimmende Motorenöl innert kürzester Zeit auf. Bei Coiffeurs Justes finden die Haare aber nicht nur als Öl- und Benzinfilter eine sinnvolle Verwendung, die Filterschläuche können auch mehrmals gewaschen und wiederverwendet werden. Und für ihre Herstellung werden am Vereinshauptsitz in Marseille Arbeitslose beschäftigt.

 

Ein Sack voll Haare pro Jahr

Nun sammelt Lehmann die in ihrem Salon anfallenden Haare in einem Papiersack und schickt diesen nach Frankreich, sobald er voll ist. "Ich bezahle pro Jahr 25 Euro Mitgliedsbeitrag und einen Euro für den Papiersack", so Lehmann. Ein Sack fasst fünf bis sechs Kilo Haare. "Ein Kleinbetrieb wie meiner wird pro Jahr etwa einen Sack füllen."

 

Eignen tut sich jedes Haar – auch gefärbtes –, sofern es vorher gründlich gewaschen wird. Damit werden Rückstände von Pflegeprodukten entfernt, damit sie beim Einsatz im Meer nicht ins Wasser gelangen und dieses verschmutzen.

 

"Statt verbrennen etwas Gutes tun"

"Es ist eine gute Sache", sagt Lehmann. "Anstatt die Haare in die Verbrennung zu schicken, kann man damit etwas Gutes tun." Auch ihre Kund:innen freue es, dass die Haare nicht mehr in den Abfalleimer kommen. Wer könnte auf so ein zweites Leben seiner Haarpracht nicht stolz sein?


Autor:in
Isabelle Berger, info@bern-ost.ch
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Erstellt: 03.02.2022
Geändert: 03.02.2022
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