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Worb - Tagesschule wird teurer

Der Neubau der Tagesschule in Worb wird teurer als geplant. Das und Fehler in der Projektentwicklung sorgten am Montagabend im Grossen Gemeinderat von Worb für Kritik. Auch die Aufsichtskommission hat sich eingeschaltet und die Abläufe in der Bauabteilung untersucht. Fazit: Nicht alles läuft rund.

Die Bauarbeiten für die Tagesschule sind im Oktober gestartet. (Bild: Anina Bundi)

"Bau der Tagesschule verzögert sich um ein Jahr" – so lautete die Schlagzeile auf BERN-OST im März dieses Jahres. Das ist bei Bauprojekten nichts Aussergewöhnliches. Die Begründung des zuständigen Gemeinderats Bruno Wermuth (parteilos, bis 2020 SVP) sorgte aber für Irritiation. Beim Festlegen des ursprünglichen, eher optimistischen Zeitplans war vergessen gegangen, dass das 2,75-Millionen-Projekt öffentlich ausgeschrieben werden muss. Das holte die Bauabteilung nach und vergab den Auftrag an die Holzbau Partner AG. Die Firma aus Stettlen wird den Bau als Totalunternehmerin planen und leiten.

 

Die Fragen

Dieses Versäumnis und Gerüchte über Kostenüberschreitungen veranlassten die FDP Worb, mit einer dringlichen Interpellation Erklärungen zu verlangen. Von Bruno Wermuth wollte sie wissen, wie es um die Kosten des Neubaus steht, und ob der aktuelle Zeitplan eingehalten werden kann.

 

Positives konnte Wermuth zum Baufortschritt berichten. Die Vorarbeiten wie Rodungen und Rückbau starteten plangemäss im Oktober. Der zuletzt genannte Eröffnungstermin, nach den Herbstferien 2022, könne voraussichtlich eingehalten werden.

 

Unsichere Prognose

Weniger gut sieht es bei den Finanzen aus. Die Tagesschule wird deutlich mehr kosten als die 2,75 Millionen, die der Grosse Gemeinderat (GGR) gesprochen und das Stimmvolk bestätigt hat. Werden die Kosten um mehr als 10 Prozent überschritten, werden Nachkredite fällig, die der GGR bewilligen muss. Laut einer ersten Prognose werde dieser Rahmen knapp eingehalten, der Neubau also nicht mehr als 3'025'000 Franken kosten, heisst es in der schriftlichen Antwort des Gemeinderats. Diese Prognose sei aber noch unsicher.

 

Als Grund für die Kostenüberschreitung nennt der Gemeinderat die aktuell hohen Rohstoffpreise und Unsicherheiten bezüglich der Verfügbarkeit von Baustoffen.

 

"Eigenartige" Begründung

Mit dieser Erklärung waren verschiedene Parlamentarier:innen nicht zufrieden. Catarina Jost (GLP) etwa fand die Begründung mit den Rohstoffpreisen "eigenartig" und fragte, ob die Kostensteigerung wirklich nur daran liege. Ausserdem sei bei der Vergabe an ein Totalunternehmen der Preis normalerweise vertraglich festgelegt, um das Risiko der Gemeinde zu minimieren. Sie habe deshalb grosse Fragezeichen.

 

Dazu sagte Bruno Wermuth, schon die Angebote der Unternehmen seien höher gewesen als die vom GGR gesprochenen 2,75 Millionen. Auf Nachfrage von BERN-OST erklärt er in einer schriftlichen Stellungnahme, die Angebote seien "deutlich höher" gewesen als erwartet und als das Vorprojekt, auf dem die Ausschreibung basierte. Diese Abweichung sei primär durch die hohen Rohstoffpreise begründbar. Die Verknappung betreffe eine grosse Palette von Baustoffen und Bauteilen wie etwa Holz oder elektronische Geräte, aber auch Rohre oder Metallteile. "Dies erscheint uns plausibel. Andere Gründe sind nicht ersichtlich." Gewählt habe man das günstigste Angebot.

 

"Es gibt immer Änderungen"

Die Holzbau Partner AG habe die Arbeiten gemäss Ausschreibung zu einem Fixpreis angeboten und garantiere dafür. "Bei einem so umfangreichen Projekt gibt es jedoch bei der Ausführungsplanung und bei der Realisierung immer Änderungen und Präzisierungen gegenüber der ausgeschriebenen Leistung." Aus diesem Grund sei die Endkostenprognose auch noch mit erheblichen Unsicherheiten behaftet.

 

Fragenkatalog der Aufsichtskommission

Der oben erwähnte BERN-OST-Artikel rief aber nicht nur die FDP auf den Plan, sondern auch die Aufsichtskommission (ASK), die den Gemeinderat, die Behörden und die Verwaltung kontrolliert. Sie bestimmte die Abläufe und die Kommunikation in der Bauabteilung bei gemeindeeigenen Bauprojekten zu einem Schwerpunktthema. Darüber informierte ASK-Mitglied Daniel Aebersold (SVP) zu Beginn der GGR-Sitzung.

 

Die ASK stellte Bruno Wermuth und der Bauabteilung unter der Leitung von Urs Thöni einen Fragenkatalog zu. Unter anderem wollte sie wissen, wie innerhalb der Bauabteilung und gegen aussen kommuniziert wird. Ausserdem fragte sie nach den Abläufen beim Projekt Tagesschule.

 

"Nicht im Bild über die Abläufe"

Die Fragen der ASK seien grundsätzlich befriedigend beantwortet worden, sagte Aebersold. Das Fazit der Untersuchung dagegen lässt aufhorchen: Gemeinderat Bruno Wermuth sei offensichtlich nicht im Bild über die Abläufe beim Bau der Tagesschule. Normalerweise werde am Anfang einer Planung festgelegt, nach welchem Verfahren die Arbeiten vergeben werden.

 

Ausserdem stellte die ASK fest, dass Wermuth auch gegen aussen nicht optimal kommunizierte. So habe er Angaben zum Zeitplan gegenüber den Medien spontan und aus seiner persönlichen Sicht geäussert, anstatt sie abzuklären.

 

Obwohl auch die FDP nicht ganz befriedigt war von den Antworten auf ihren Vorstoss, verzichtet sie darauf, ihn zu verschärfen, etwa indem sie ihn in ein verbindlicheres Postulat umwandelt. Das sagte FDP-Fraktionspräsident Michael Suter. Man erwarte aber weitere und genauere Antworten zum Thema Kosten.

 

[i] Sitzung des Grossen Gemeinderates vom 18. 10. 2021: Die Beschlüsse

1. Finanzplanung 2022 – 2026: Genehmigung

Die Finanzplanung 2022 – 2026, basierend auf einer Steueranlage von 1,70 Einheiten auf Einkommen und Vermögen und den ihnen gleichgestellten Steuerobjekten sowie einer Liegenschaftssteuer von 1,3 Promille der amtlichen Werte der Liegenschaften, wird einstimmig genehmigt. 

 

2. Budget 2022: Genehmigung

Das Budget für das Jahr 2022 mit einer Steueranlage von 1,70 Einheiten und mit einer Liegenschaftssteuer von 1,3 Promille des amtlichen Wertes wird einstimmig genehmigt. Es weist bei einem Aufwand von 60'697'386.00 Franken und einem Ertrag von 60'790'099.70 Franken einen Ertragsüberschuss von 92'713.70 Franken aus.

Zu diesem Geschäft besteht die Möglichkeit einer fakultativen Volksabstimmung. Innert 30 Tagen, das heisst bis am 22. November 2021, können mindestens 200 in Gemeindeangelegenheiten Stimmberechtigte unterschriftlich verlangen, dass das Geschäft der Gemeindeabstimmung vorgelegt wird (fakultatives Referendum) oder einen Volksvorschlag als ausformulierten Entwurf unterbreiten (konstruktives Referendum).

 

3. "Worblentalwärts nach Enggistein", Postulat der SP+Grüne-Fraktion: Stellungnahme zur Frage der Erheblicherklärung

Das Postulat der SP+Grüne-Fraktion mit dem Titel "Worblentalwärts nach Enggistein" wird mit 17 zu 15 Stimmen bei einer Enthaltung als erheblich erklärt.

 

4. "Verbesserung Signalisation Radweg Rubigenstrasse", Postulat der SVP-Fraktion: Stellungnahme zur Frage der Erheblicherklärung

Das Postulat der SVP-Fraktion mit dem Titel "Verbesserung Signalisation Radweg Rubigenstrasse" wird mit 21 zu 12 Stimmen als erheblich erklärt und als erfüllt abgeschrieben.


Autor:in
Anina Bundi, anina.bundi@bern-ost.ch
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Erstellt: 20.10.2021
Geändert: 20.10.2021
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