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Tom Lüthi: Entschleunigt in Natur und Normalität
Der Töffrennfahrer Tom Lüthi lebt mit seiner Freundin fern vom Pistenstress in Oberdiessbach. Die Sonntags Zeitung hat ihn besucht.
«Es scheint die Menschen mehr zu interessieren, was ich esse als mit wem», sagt er und lacht. Der 25-jährige Berner Rennfahrer, der 2005 in der 125er-Klasse den Weltmeistertitel holte und im Moment im Team Interwetten-Moto2 fährt, sagt das ohne Allüren. Es ist mehr eine pragmatische Bemerkung – ohne viel Eitelkeit, eher mit Stolz auf seine Landsleute. «Die Emmentaler interessieren sich für das Essen von so einem wie mir ganz selbstverständlich».
So einer wie er. Er kokettiert. Er weiss genau, dass die Menschen hier zu scheu oder vielleicht zu anständig sind, um ihr Idol auf seine Bekanntheit anzusprechen. Und zu oft hat er wohl in Interviews auch gesagt, wie wichtig es ihm sei, in seiner Heimat Ruhe vor dem Rummel zu haben. Er reist die Hälfte des Jahres auf der ganzen Welt herum, den Rest verbringt er mit Trainings und Terminen. So geniesst er die Natur und die Normalität hier auf dem Land umso mehr. Und so fährt er auch ganz selbstverständlich mit einem einfachen Roller zum Einkaufen. Genauso wie er das früher als Teenager mit dem silberroten Zweigänger von Sachs machte.
Er war immer ein «Töffli-Giu», sagt er, aber keiner von denen, die immer daran herumschraubten. «Heute habe ich dafür zum Glück ja auch meine Techniker», sagt Tom Lüthi und lacht selber herzhaft über seinen Witz.
«Ich kann es besser mit Maschinen als mit Tieren»
Er setzt sich fürs Foto aufs Sofa und klebt sich rasch einen Sponsoren-Button aufs T-Shirt. Vor ihm, auf dem kleinen Glastisch, liegen vier Fernbedienungen. «Wenn ich zu Hause bin, läuft der Fernseher sehr oft. Ich muss ihn einschalten, um abzuschalten.» Er schaue wenig Sportsendungen und fast nie die «Tagesschau». Fabienne Kropf, seine Freundin und Co-Managerin, steht im Hintergrund und schaut aufmerksam. Die ehemalige Miss Bern (2005) und der Profisportler leben seit zwei Jahren hier. Die Natur, sagen beide, sei ihnen aber wichtiger als der Fernseher.
Es gab, nebst der Nähe zu Freunden und Familie, noch zwei andere Standortkriterien für die gemeinsame Wohnung: Sie muss nahe bei einer Autobahnzufahrt liegen und nahe bei Fabiennes Pferd und dessen Stall. In der Zeit, wo der Rennfahrer nämlich unterwegs ist, kontrolliert das Model, das gerade einen Master in Betriebswirtschaft macht, lebendige Pferdestärken. «Ich kann es besser mit Maschinen als mit Tieren», sagt Tom Lüthi. Beim Reiten «habe ich ja gar keine Kontrolle». Das tönt angesichts der Boliden, die er sonst fährt, wie ein Witz. Doch Lüthi verneint mit ernstem Gesicht. «Pferde sind mir viel zu gefährlich.»
So zog es das Paar in diese familiengerechte Siedlung mit grauen Flachdachhäusern, an denen Glyzinien die Hauswände hinaufklettern und wo neben den künstlich angelegten Rasenflächen Kühe auf der Weide grasen. Stadtarchitektur meets Landleben, und schnittige Sportwagen stehen hier in der Tiefgarage genauso wie der Traktor vor der Einfahrt. Diese Brüche sind typisch für Tom Lüthis Leben. Bereits 24 Stunden nach unserer Begegnung in der ländlichen Umgebung wird er schon wieder im Flieger sitzen, um in Japan den Grand Prix zu fahren, zwei Wochen später dann den grossen Preis von Australien, danach geht es weiter nach Malaysia.
Die Petronas Twin Towers hat er auf Leinwand aufgezogen
An seine vielen Rennen in Malaysia erinnert in seinen vier Wänden in dem Moment nur noch Toms selbst geschossenes Foto der Petronas Twin Towers, eines seiner Lieblingssujets. Er hat es mit seiner Digitalkamera im Vorbeispazieren fotografiert, und weil er sich ein Stück seiner Töff-Welt nach Hause holen wollte, zog er es gleich auf eine Leinwand auf. Daneben auf dem Fenstersims stehen Fotos von den Kindern der Geschwister. Sie lächeln. Schelmisch wie kleine Emmentaler.
Von Malaysia ins Emmental
Der 25-jährige Motorrad-Rennfahrer Tom Lüthi ist im Emmental geboren und lebt seither hier. Er kann sich nicht vorstellen, in der Stadt zu leben. Besonders, weil er die Ruhe und die Normalität auf dem Land so schätzt. Wenn er nicht auf der ganzen Welt herumreist, um an den Grand Prix in der Moto2-Klasse zu starten, trainiert er in der Schweiz oder hat Presse- oder Sponsorentermine. Zum Abschalten in seiner raren privaten Zeit sitzt er gerne auf ein motorloses Gefährt, sein Bike. Damit fährt er in den Wald. Tom Lüthi wohnt mit seiner langjährigen Freundin, Fabienne Kropf, in einer Neubausiedlung in Oberdiessbach.
Erstellt:
02.10.2011
Geändert: 02.10.2011
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