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Trimstein - "Die Gegner halten sich noch still"
Bis zur Abstimmung über die Fusion mit Münsingen dauert es noch drei Monate. Wie ist die Stimmung im Dorf? Ein Besuch am Stammtisch.
«Ich ahne unterschwellige Opposition»
An der Gemeindeversammlung am 18.Juni wird Christian Schneider auf jeden Fall dabei sein. Er werde auch andere auffordern, an dieser wichtigen Abstimmung teilzunehmen. «Ich werde Ja stimmen im Wissen, dass andere dagegen sind.» Das sei eben Demokratie, wenn jeder seine Meinung vertreten könne, sagt Schneiders Mieter Peter Wehner (49). Die beiden sitzen oft zusammen, lesen Zeitung und diskutieren politische Themen. Aber auch Wehner war noch nie an einer Gemeindeversammlung. Eine Meinung hat der Elektriker trotzdem: «Ich glaube, der Zusammenschluss mit Münsingen ist für uns besser.» Nicht nur wegen der tieferen Steuern, sondern auch kulturell, weil Münsingen in dieser Hinsicht doch einiges biete. Der aktuelle Steuersatz in Trimstein liegt bei 1,89, und würde bei einer Fusion an denjenigen von Münsingen angepasst. Dieser beträgt derzeit 1,56 Einheiten. Weniger Steuern bezahlen zu müssen, dünkt auch Paul Howald verlockend. Der Rentner lebt unweit des Restaurants und steht auf. Beim Hinausgehen sagt er: «Ich ahne aber eine unterschwellige Opposition.» Sagts und marschiert zur Tür hinaus.
Diplomatisch gibt sich Wirtin Rosmarie Wahlen. Sie stellt volle Gläser auf den Tisch und sagt: «Ich sage nichts, sonst kommt die Hälfte meiner Gäste nicht mehr.
Schwierige Selbstständigkeit
Im Restaurant sitzen auch Gemeindepräsident Peter Baumann und sein Vorgänger Roger Härri. Baumann fährt täglich mit dem Velo zum Bahnhof Worb SBB, um in den Zug nach Bern zu steigen. Alle seine Versuche, Trimstein an den ÖV anzuschliessen – und seis nur mit einem Versuchsbusbetrieb – scheiterten. Kein ÖV, kein Bauland. «Wir befinden uns raumplanerisch in einer Sackgasse», sagt Baumann.
Dass sich im Dorf keine neuen Steuerzahlen ansiedeln können, sieht er als ein Problem von vielen. Peter Baumann ist überzeugt: «Das Verbleiben in der Selbstständigkeit würde Trimstein mehr Veränderungen bringen als der Zusammenschluss mit Münsingen.» Um als Minigemeinde weiter bestehen zu können, müssten die Finanzverwaltung ausgelagert, der Gemeinderat von 7 auf 5 verkleinert und die Kommissionen reduziert werden, glaubt Baumann. Er und Härri hoffen, dass Trimstein und Münsingen nach der Fusion mit dem Ortsbus verbunden würden. Dies ist im Fusionsvertrag aber nicht geregelt.
Züge brausen vorbei
Trimstein ist eine Agglomerationsgemeinde und zahlt entsprechende Beiträge. Etwa an den Bahnhof Worb und an die Kulturinstitutionen der Stadt Bern. Trotzdem halten die Züge, die durchs Dorf brausen, in Trimstein nicht an. Die Gemeinde ist ein Bauern- und Handwerkerdorf. Am 31.Dezember 2012 wird 20 Jahre Selbstständigkeit gefeiert oder, je nach Ausgang der Abstimmung, die Fusion. Münsingen stimmt am Sonntag, 17.Juni an der Urne darüber ab. Kommt ein Nein heraus, müssen die Trimsteinerinnen und Trimsteiner am Montag danach trotzdem abstimmen, damit alles seine Ordnung hat.
Am Stammtisch herrscht inzwischen Aufbruchstimmung. Wirtin Rosmarie Wahlen räumt Gläser ab und bringt noch Kaffee. «Die Gegner halten sich noch still», sagt Roger Härri. Die anderen nicken.
Die Gemeinden
Münsingen zählt 11'000, Trimstein 512 Einwohner. Bereits arbeiten die beiden Gemeinden unter anderem im Schulwesen und bei der Feuerwehr eng zusammen.
Stimmen die beiden Gemeinden dem Zusammenschluss im Juni zu, folgt die Prüfung durch den Kanton. Am 1. Januar 2013 tritt die Fusion in Kraft. 2013 ist Trimstein ein Sitz im Gemeinderat garantiert. Ende 2013 wählt die neue Gemeinde ihre Exekutive neu.
Erstellt:
05.03.2012
Geändert: 05.03.2012
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