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Trimstein - Die Gemeinde gibt es nicht mehr - das Dorf plant seine Zukunft

Quelle
Der Bund

Nach 20-jähriger Eigenständigkeit ist Trimstein seit Anfang Jahr ein Teil der Gemeinde Münsingen. Für die Bevölkerung heisst das: längere Wege, tiefere Steuern – und vielleicht bald einen eigenen ÖV-Anschluss.

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Trimstein und Münsingen gehen den Weg in die Zukunft gemeinsam. Wo dieser genau hinführt, wird sich in den nächsten Jahren zeigen. (Bild: Adrian Moser, Der Bund)

Die Gemeinde Trimstein ist Geschichte. Am 1. Januar ist die Kleinkommune in die Gemeinde Münsingen aufgenommen worden, die nun um rund 520 Personen und 3,6 Quadratkilometer grösser wird. Zudem erhält Münsingen durch die Fusion die 750 000 Franken aus der Gemeindekasse Trimsteins. Und: Peter Baumann (parteilos), der bis Ende 2012 Gemeindepräsident von Trimstein war, hat in diesem Jahr einen Sitz im Gemeinderat von Münsingen auf sicher. Auch in den politischen Kommissionen sind jeweils Personen aus Trimstein vertreten. Ansonsten merkt man in der Aaretaler Gemeinde wohl nicht viel vom Zusammenschluss mit der kleinen Nachbarin.


Für die Bevölkerung Trimsteins ist dieser Schritt hingegen um einiges einschneidender: In finanzieller Hinsicht kann die Bevölkerung vom Zusammenschluss profitieren. So konnte der vergleichsweise hohe Steuersatz von 1,89 Einheiten jenem Münsingens (derzeit 1,58 Einheiten) angepasst werden. Nun lässt sich auch der lange gehegte Wunsch, endlich an den öffentlichen Verkehr angeschlossen zu werden, wohl einfacher realisieren. Der Kleingemeinde Trimstein hätten dafür die finanziellen Mittel gefehlt, sagt der ehemalige Gemeindepräsident Baumann. «Nun sind die Aussichten deutlich rosiger.» Trimstein verfügt bis heute nicht über einen ÖV-Anschluss. Und dies, obwohl die S-Bahn-Linie nach Langnau direkt durch das Dorf führt.

Daneben gibt es aber auch zahlreiche Änderungen, die einigen im Dorf zu schaffen machen: So hat Trimstein nun keine eigene Exekutive und keine eigenen politischen Kommissionen mehr. Die Gemeindeverwaltung hat auch ausgedient, das ganze Archiv muss nach Münsingen gezügelt werden. Wer einen Pass machen lassen oder ein Baugesuch einreichen will, muss mit seinem Anliegen nach Münsingen gehen. Wird künftig über ein Bauvorhaben im Ortsteil Trimstein abgestimmt, so wird auch die Bevölkerung Münsingens darüber befinden können. Und obwohl das Weiterbestehen der Schule für die nächsten fünf Jahre gesichert ist, ist die Angst da, dass die Primarschule danach geschlossen werden könnte.

Angebot der Schule ausbauen

Die Schule präge das Dorfleben stark, eine Schliessung wäre bedenklich, sagt Baumann. Daher sei es wichtig, dass ein Angebot geschaffen werden könne, das auch für Kinder aus Münsingen attraktiv sei. Er denke da beispielsweise an Mehrjahrgangsklassen, die wieder mehr «am Kommen» und auch schon in verschiedenen Schulen in der Region Bern eingeführt worden seien. Auch sehe er die Schule als idealen Ort, um Veranstaltungen und Feiern durchzuführen. Das könne ein Altersnachmittag, ein Märit, eine Tagung zu einem bestimmten Thema oder aber eine Viehschau sein. «Wir wollen das Übergangsjahr nutzen, um Ideen für die Zukunft zu finden.»

Neben dem eigenen ÖV-Anschluss und der Schule steht ein weiteres Projekt weit oben auf der Traktandenliste: die Ortsplanungsrevision. Da Münsingen über den revidierten Ortsplan bereits im Herbst 2011 abgestimmt hat, wird die Ortsplanungsrevision Trim-steins separat an die Hand genommen. Diese werde wohl in den nächsten zwei Jahren aufgegleist. Solange sie noch nicht umgesetzt ist, gilt das Baureglement von Trimstein. Obwohl in Trimstein in den letzten Jahren neuer Wohnraum geschaffen wurde, zum Beispiel in der Neuhausmatte, geht Baumann nicht davon aus, dass sich der Ortsteil baulich stark entwickeln wird: «Die Bevölkerung schätzt, dass Trimstein so grün und ländlich geblieben ist, der Wunsch nach einer weiteren Entwicklung ist eher klein.» Damit wird sich wohl auch Münsingen abfinden können.

Gewisse Wehmut ist da

Peter Baumann war erleichtert, als die Gemeindeversammlung am 18. Juni 2012 dem Zusammenschluss mit einem Ja-Stimmen-Anteil von 82 Prozent zustimmte. Dies insbesondere, weil es ein derart deutlicher Entscheid war. Für ihn sei die Fusion eine gute, aber nicht die einzige Lösung, sagte er damals. Auch heute sagt er, dass der Entscheid «ein Entscheid des Kopfes und nicht des Herzens» war. Mit einer gewissen Wehmut hat er nun von «seiner» Gemeinde Abschied genommen. Er werde insbesondere die Gemeindeversammlungen vermissen, an denen die direkte Demokratie gelebt worden sei. Auch schätzte er es, dass Politik und Verwaltung nahe bei den Leuten waren. Dennoch sehe er diesen Schritt weniger als Abschied, sondern als Neuanfang. Er überlegt sich, bei den Gemeindewahlen im November anzutreten. Er will aber erst einmal abwarten, wie sich die Arbeit im Münsinger Gemeinderat anlässt.

Vor der Fusion kam die Aufspaltung

Mit der Fusion mit Münsingen geht die Geschichte der Gemeinde Trimstein zu Ende, die erst 1993 begonnen hatte. Bis Ende 1992 bildeten die drei Viertelsgemeinden Rubigen, Allmendingen und Trimstein die Einwohnergemeinde Rubigen. Dass sich die Gemeinde dereinst aufspalten könnte, hatte sich bereits in den 1980er-Jahren abgezeichnet. Denn wie der «Bund» am 11. Januar 1993 schrieb, war die Einwohnergemeinde ein «komplexes Gebilde (. . .) mit einer äusserst unübersichtlichen Aufteilung der Kompetenzen und Zuständigkeiten». So hatte jede Teilgemeinde einen eigenen Gemeinderat, einen eigenen Steuersatz und eine eigene Verwaltung. Vielen war aber nicht klar, welche Verwaltung für was zuständig ist.

Noch komplizierter wurde es dann 1984, als Trimstein ein Gesuch einreichte, innerhalb der Einwohnergemeinde einen Finanzausgleich zu schaffen. Die kleinste und finanzschwächste Gemeinde hatte sich benachteiligt gefühlt, weil sich der kantonale Finanzausgleich und die Subventionssätze nach den Indexwerten der «reicheren» Einwohnergemeinde richteten, wie der «Bund» am 3. Dezember schrieb. Aus verschiedenen Gutachten ging schliesslich die «Verselbständigung der Vierteilsgemeinden» als beste Lösung hervor. 1989 stimmte die Bevölkerung der Aufspaltung der Einwohnergemeinde mit 79 Prozent zu. Allerdings waren die Stimmenverhältnisse nicht überall gleich: In Allmendingen sprachen sich 92 Prozent, in Rubigen 79 Prozent und in Trimstein deren 63 für den Alleingang aus. Im März 1992 hiess der Grosse Rat die Dreiteilung gut, womit dem Alleingang der drei Viertelsgemeinden nichts mehr im Wege stand.

Autor:in
Lisa Stalder / Der Bund
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Erstellt: 03.01.2013
Geändert: 03.01.2013
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