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Unbekannte Geschichten: Rubigen und die Schlacht am Grauholz

Die Schlacht am Grauholz vom 5. März 1798 brachte das Ende der alten Berner Ordnung. Napoleons Truppen holten sich den Berner Schatz aus dem Rathaus. Zudem entführten sie den Bären aus dem Bärengraben nach Paris. Auch in Rubigen hinterliessen die Ereignisse Spuren – im Boden wie in den Archiven.

Im 18. Jahrhundert militärisches Übungsfeld: Flaches und trockenes Feld bei der Strassengabelung Einschlag-Oberholz oberhalb von Rubigen. (Foto MC)
Nach der Niederlage am Grauholz: Der letzte Schultheiss von Bern, Niklaus Friedrich von Steiger, zog auf seiner Flucht mit zwei Begleitern über den Brüning nach dem deutschen Augsburg durch das Dorf Rubigen und erhielt hier einen „neuen kleinen Wagen“ (Kupferstich von B.A. Dunker im Kunstmuseum Bern) (Foto: MC)
Im Berner Münster: Die um 1821 aufgestellten Namenstafeln „Zum Andenken der im Unglücks-Jahr 1798 für das Vaterland Gefallenen“. (Foto: MC)
Im Berner Staatsarchiv: „Verzeichnis vom März 1823 der Umgekommenen von Anno 1798“ findet sich der Wohnort Rubigen: „Hüsi“-Wirt Christian „Christen“ Stettler, die Namen von Frau und sechs Kindern. (Foto Peter Hurni)

Trotz der bereits erfolgten Kapitulation der Berner Regierung stellten sich Truppen unter General Karl Ludwig von Erlach bei Fraubrunnen und am Grauholz der französischen Übermacht entgegen. Viele Frauen, alte Männer und teilweise sogar Kinder der Landbevölkerung schlossen sich den kämpfenden Berner Truppen an und versuchten, die Stadt vor der französischen Invasion zu bewahren. Vor allem aber wollten sie ihre Dörfer vor möglichen Plünderungen der französischen Soldaten zu schützen.

 

Zusammenbruch und Irrtum mit tödlichem Ende

Die Übermacht der Franzosen war erdrückend, die Berner wurden in Fraubrunnen und am Grauholz geschlagen. Von Erlach nahm die Reste seiner Armee zurück und versuchte erfolglos, sich auf der Schosshalde vor den Toren Berns, noch einmal den Franzosen zu stellen. Die Regierung Berns hatte zu diesem Zeitpunkt bereits kapituliert. Damit brach der gesamte Berner Widerstand zusammen. Auf dem Rückzug wurde von Erlach in Wichtrach von Bauern erschlagen, die ihn fälschlich für einen Verräter hielten.

 

Unklare Opferzahlen und Massengräber

Wie viele Menschen in der Schlacht fielen, ist bis heute unklar. Die Todesstatistik wurde auch dadurch erschwert, dass laut zeitgenössischen Chroniken vor allem junge Männer vom Land angaben, in die Schlacht zu ziehen, in der Tat aber nach Frankreich oder Deutschland flüchteten, um der Armut in der Heimat den Rücken zu kehren. Einige von ihnen kehrten nach Jahrzehnten zurück.

 

Rubigen als Teil der Geschichte

In Rubigen starb Christian Stettler, Wirt des «Hüsi». Seine Witwe und sechs Kinder sind im Staatsarchiv dokumentiert. Weitere Rubiger Opfer wurden nicht namentlich festgehalten. Die Munizipalgemeinde Rubigen entstand als Folge der politischen Neuordnung im Zuge der Helvetischen Republik.

 

Woher stammen die Hufeisen? 

Mitte des 20. Jahrhunderts entdeckte der Landwirt Hans Hofmann bei der Strassengabelung Einschlag-Oberholz oberhalb von Rubigen zahlreiche Hufeisen. Sein Sohn vermutete, dass sie von bernischen Kavallerie-Pferden stammen. Kurator Marc Höchner vom Bernischen Historischen Museum erklärt dazu: «Es ist plausibel, dass am geschilderten Ort Trüllmusterungen der Infanterie durchgeführt wurden.» Übungen der Kavallerie seien hingegen eher unwahrscheinlich.

 

Besammlung vor der Schlacht

„Dass sich die Rubiger Soldaten vor der Schlacht am Grauholz  dort besammelten, widerspricht der Tatsache, dass sich der Sammelplatz für das Regiment in Oberdiessbach befand“, sagt Höchner. Ob sich die Rubiger vor der Schlacht nach Oberdiessbach begaben, ist unklar. «Die Lage in den Tagen war bekanntlich chaotisch», so der Kurator Marc Höchner.

 

Rubigen spielte in den Wirren von 1798 zwar keine zentrale Rolle, doch die Spuren im Archiv und im Boden zeigen: Auch das kleine Dorf war Teil eines grossen Umbruchs.

 

[i] Dieser Artikel erschien bereits im Rubiger Kurier. 


Autor:in
Martin Christen, Rubiger Kurier, info@bern-ost.ch
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Erstellt: 29.06.2025
Geändert: 29.06.2025
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