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Utzigen - Der Zinn-Meister und seine Bilder

Keine Zinnbecher und keine Zinnsoldaten: Manfred Wyss aus Utzigen giesst stattdessen eigene kunstvolle Bilder aus diesem Material.

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Kunst aus flüssigem Schwermetall: Manfred Wyss giesst Zinn in eine von ihm angefertigte Gussform. (Bild: Urs Baumann, BZ)
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Pro Jahr werden auf der Welt rund 300 000 Tonnen Zinn verbraucht, weiss das Onlinelexikon Wikipedia. Ein sehr kleiner Teil davon landet im Hobbyraum von Manfred Wyss aus Utzigen. Denn das silberweiss glänzende, weiche Schwermetall hatte einst den kleinen Künstler in ihm geweckt – damals vor zehn Jahren. Seither kreiert der 59-Jährige in seiner Werkstatt, die er praktischerweise gleich in seinem Haus in Utzigen untergebracht hat, Bilder aus Zinn. «Eine Eigenkreation», meint Wyss, «diese Art von Bildern ist meines Wissens sonst nirgends zu sehen.»

Wieso gerade Zinn? «Es ist ein faszinierender Werkstoff, der Kreationen der ganz besonderen Art erlaubt», so Wyss – mit Betonung auf «besonders». Denn für ihn wäre es eher uninspiriert, würde er mittels fixfertiger Formen die allseits bekannten Zinnbecher oder -soldaten giessen. «Ich wollte etwas Eigenes erschaffen», sagt der Zinn-Meister. Dieses handwerkliche, ja künstlerische Herumwerkeln würde man ihm gar nicht zutrauen, wenn man weiss, dass da ein langjähriger Informatiker vor einem steht. «In mir steckt eben immer noch ein Mechaniker», erklärt Manfred Wyss. Denn als gelernter Mechaniker, der in jungen Jahren Maschinenteile herstellte, hat er immer noch das Rüstzeug dazu, mit Metall herumzuhantieren.

«Es ist kompliziert»

So schliesst sich der Hobbykünstler vornehmlich bei schlechtem Wetter in seiner heimeigenen Werkstatt ein. Dort versucht er die ihm «gedanklich zugeflogenen» Motive, wie zum Beispiel Regentropfen oder einen Fluss, mit Zinn darzustellen.

Und wie funktioniert das genau? «Hmm, das Ganze ist etwas kompliziert», stöhnt der Utziger, der ursprünglich im Gürbetal aufgewachsen ist. Kurz zusammengefasst: Zuerst kippt Manfred Wyss sogenannten Formsand in ein viereckiges Holzgefäss mit Rahmen. In diesem ölgebundenen, festen Sand kann er nun ein Negativ seines Motivs formen. Ist die Modellierung fertig, befestigt Wyss eine Holzspanplatte obendrauf. Als Nächstes erhitzt er reines Zinn in seinem Schmelzofen auf über 250 Grad und giesst anschliessend das flüssige Schwermetall in den Hohlraum zwischen Sandmodell und Spanplatte. Nachdem das flüssige Zinn abgekühlt ist und somit wieder einen festen Aggregatszustand aufweist, entfernt Wyss die Platte, und zum Vorschein kommt das Positiv seines Sandmodells in Zinnform. Dem einen oder anderen Abbild pinselt er noch etwas Farbe auf. Am Ende schraubt er das Zinngebilde auf eine Glas- oder Holzplatte, und fertig ist der Wandschmuck.


Die erste Ausstellung

Das Hobby von Manfred Wyss ist nicht billig. Nebst dem vielen Werkzeug (Drehbank, Bohr-, Schleif- und Fräsmaschine) im Wert von 60 000 Franken ist auch die wichtigste Zutat, das Zinn, nicht günstig. Rund 50 Franken pro Kilo kostet es, für ein Bild braucht Wyss etwa 2 Kilo Zinn. Er weiss sich jedoch zu helfen.So hat der Hobbykünstler auch schon in einer Brockenstube günstige Zinnbecher gekauft und diese einfach eingeschmolzen.

Die Werke von Manfred Wyss kann man kaufen – ein Bild kostet zwischen 700 und 800 Franken. «Der Verkauf harzt ein wenig», gesteht er jedoch. Deshalb ist er froh, wenn er seine Bilder auch ausstellen kann. Bisher geschah dies in halboffiziellem Rahmen wie etwa in einem Weinhaus, in einem Pflegeheim oder in einem Café.

In knapp zwei Monaten, vom 6. bis zum 14. April kann er nun erstmals in einer richtigen Galerie seine Werke ausstellen – inklusive einer Vernissage. Und zwar in der Galerie M22 in Grosshöchstetten.

Autor:in
Michael Bucher / Berner Zeitung BZ
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Erstellt: 09.02.2013
Geändert: 09.02.2013
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