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Während andere schliessen: Die Käserei Eyweid baut aus

Im letzten halben Jahr schlossen mit Boll, Biglen und Landiswil gleich drei Käsereien aus der Region für immer. Anders sieht es bei der Käserei Eyweid in Zäziwil aus: Derzeit läuft ein Baugesuch für eine Erweiterung der Reife- und Lagerräume. Käsermeister Urs Glauser (61) über die Hintergründe der Chäsi-Schliessungen und das Erfolgsrezept der Käserei Eyweid.

Bauen aus: Käsermeister Urs Glauser mit Mitarbeiter Andreas Wyss, der das Bauvorhaben betreut, im Chäsiladen in Zäziwil. (Bild: Isabelle Berger)
Die Profile stehen: Mit dem Neubau werden die Reiferäume für den geschmierten Käse verdoppelt. (Bild: Isabelle Berger)
Lang und hoch: Die Gänge in den Reiferäumen sind auf die Arbeit der Pflegemaschinen Süsette und Rosalie (nicht im Bild) ausgerichtet. (Bild: isabelle Berger)

Im Dezember 2014 nahm die neugebaute Käserei Eyweid in Zäziwil ihre Produktion auf. „Wir haben soviel gebaut, wie wir uns damals leisten konnten“, sagt Urs Glauser. Nun steht nach der Erweiterung des Schnitzellagers für die Holzheizung eine zweite Ausbauphase an. Die Lager- und Reiferäume im hinteren Bereich des bestehenden Gebäudes sollen erweitert werden. Die Profile stehen, rund zwanzig Meter länger und damit gut doppelt so gross wie jetzt werden die Räume schlussendlich werden. Entstehen wird dahinter auch ein unbeheizter Verbindungsbau zu ihrem letztem Baufeld. Dafür bestehen aber noch keine konkreten Pläne.

 

Das Innere der Reiferäume zeigt lange Reihen hoher Regale, auf denen Käselaibe in verschiedenen Grössen lagern. „Unsere beiden Pflegemaschinen Rosalie und Süsette pflegen hier die Käse automatisch“, erklärt Glauser. Durch das regelmässige Schmieren mit Wasser, welches mit Kräutern und anderen Zusätzen versehen ist, erhalten die Käse während der Reifung ihre typischen Aromen. „Für diese zwar wichtige, aber eintönige Arbeit findet man heute kaum noch Personal“, erklärt Glauser. Deshalb sei der Neubau der Käserei auf die Pflegemaschine ausgerichtet worden.

 

Von der Plan- zur freien Marktwirtschaft

Und schon ist man mittendrin in den Gründen dafür, dass in den letzten Jahren viele Käsereien schlossen. Der Personalmangel ist einer davon. „Das Produkt, der Emmentaler, ist nicht schlecht“, betont Glauser. Vielmehr gehe es um die Bedingungen unter denen der Käse produziert wird und welche im heutzutage liberalisierten Käsemarkt nicht mehr stimmten.

 

„Bis 1999 war die Käseherstellung eine Planwirtschaft“, erklärt Glauser. Die Bauern wurden vom Bund für ihre Produkte unterstützt. „Der Bund förderte den Emmentaler, da dieser im Ausland bekannt war und beim Export eine grössere Wertschöpfung einbrachte als Milchpulver“, so Glauser. Mit dem Inkrafttreten des neuen Landwirtschaftsgesetzes vor der Jahrtausendwende und der Einführung der Direktzahlungen können die Bauern nun produzieren, was sie wollen.

 

Traditionelle Käsereien hinken hinterher

Die Entwicklung des Marktes vollzog sich schnell. Allerdings hinken viele Käsereien hinterher, indem sie nach wie vor von der Anlage her auf die Produktion von Emmentaler in einer bestimmten Menge ausgerichtet sind. „Emmentaler Switzerland gibt den Betrieben die zu produzierende Menge vor“, erklärt Glauser. Wegen sinkender Nachfrage und entsprechend geringeren Mengenvorgaben, können die Käsereien nicht mehr voll ausgelastet werden. „Aufgrund der Unsicherheiten im heute freien Markt haben viele auch nicht mehr investiert“, sagt Glauser.

 

Die jetzigen Käserei-Schliessungen sieht Glauser denn auch als Folge der Umstellung von der Plan- auf die freie Marktwirtschaft. Ein weiterer Faktor sei die Tatsache, dass die Käsereien viel Milch in die Industrie verkaufen müssten. „Sonst überschreiten sie die Mengenvorgaben von Emmentaler Switzerland“, so Glauser.

 

Geschickte Vermarktung durch Jumi

Letzteres passiere in der Eyweid weniger. Sie übernahm sogar die Milchlieferanten der geschlossenen Käsereien in Landiswil und Biglen. „Einerseits produzieren wir mehr, andererseits kompensieren wir damit wegfallende Lieferanten“, sagt Glauser.

 

Dass sie mehr produzieren, hänge mit der guten Vermarktung ihrer Produkte durch die Jumi AG zusammen. Die Käserei kann dadurch mehr absetzen. „Jumi versucht, den Käse anders zu verkaufen, als man es sich gewohnt ist“, sagt Glauser. Gründer der Firma sind Glausers Sohn Mike und Jürg Wyss. Mit ihrer unkonventionellen Verkaufspräsentation in alten teilweise mit einer Kühlung versehenen Holzbuffets machten sie früh von sich reden. „Auch die Geschichten zu unseren Käsen sind wichtig“, sagt Glauser. Die will man auch hören, wenn Käse Namen tragen wie „Blaues Hirni“ oder „Pixel“ – und auch so aussehen.

 

Trumpf der Eyweid: Die speziellen Käsesorten

Die speziellen Käsesorten, die in der Eyweid produziert werden, sind ein wichtiger Faktor für den Erfolg der Käserei und ihr erklärtes Ziel. Der aus einer Käserdynastie stammende Urs Glauser packte 1999 die Gelegenheit und fing sogleich an, eigene Käsesorten für den geöffneten Markt herzustellen. „Heute haben wir rund 25 verschiedene Käsesorten im Sortiment“, sagt Glauser. Dazu kommen Butter, Joghurt, Rahm und Past-Milch, welche allerdings nur im Chäsiladen in Zäziwil verkauft werden.

 

Das Experimentieren mit neuen Produkten ist eine Möglichkeit, welche die Käserei Eyweid auch aufgrund ihrer rechtlichen Struktur als Aktiengesellschaft hat. „Die traditionellen Käsereien sind in der Regel Genossenschaften von Bauern. Veränderungen sind dort schwieriger zu bewirken“, sagt Glauser. Teilhaber der Käserei Eyweid AG sind die Bauern, die Käser und die Jumi AG. Welcher Käse produziert wird, entscheiden die Käser und Jumi – und letztlich die Konsumentinnen und Konsumenten. „Wir wollten eine Betriebsform, die wirtschaftlich ist“, so Glauser.

 

Kurze Entscheidungswege am langen Tisch

Wichtig ist ihm insofern auch die Teamarbeit. Zentral dafür: Der lange Holztisch im ersten Stock der Käserei. „Das Team trifft sich hier zum gemeinsamen Zmorge oder Zmittag“, erzählt Glauser. Hier werden die neuen Käsekreationen gleich getestet und neue Ideen gesponnen. Die Wege zu Veränderungen sind hier kurz.

 

Und noch etwas ist anders bei der Eyweid: „Jumis beliefern nur kleine Verkäufer“, sagt Glauser. Für die Belieferung von Grossverteilern sei die Eyweid zu wenig gross. „Wir haben eine andere Strategie“, so Glauser. Mit Erfolg: Der Käse geht mittlerweile neben dem Berner, dem Münsinger und dem Konolfinger Wochenmarkt auch in Wien, London, Japan und den USA über die Ladentheke.


Autor:in
Isabelle Berger, isabelle.berger@bern-ost.ch
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Erstellt: 25.05.2019
Geändert: 25.05.2019
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