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Walkringen - Gemeindeschreiber sind gesucht
Die Gemeinde sucht schon länger einen Gemeindeschreiber oder eine -schreiberin. Ausgebildete Gemeindekader arbeiten aber oft lieber in der Privatwirtschaft als in einer Verwaltung.
Die Medienmitteilung, welche die Gemeinde Walkringen verschickte, ist eigentlich ein Stelleninserat. Nachdem der neu formierte Gemeinderat die Arbeit aufgenommen hat, soll endlich die langjährige Gemeindeschreiberin Barbara Steudler ersetzt werden. Sie hat nach Ostermundigen gewechselt. Seither ist Jolanda Thierstein Gemeindeschreiberin ad interim. Auch weitere Angestellte sollen gekündigt haben, etwa auf der Bauverwaltung. «Die Kündigungen haben nichts mit dem Betrieb der Gemeindeverwaltung zu tun», sagt Peter Stucki. Der Gemeindepräsident betont, dass auf der Verwaltung ein gutes Arbeitsklima herrsche und es keinerlei Probleme gebe. Sorgen bereitet ihm allerdings die Suche nach einem Gemeindeschreiber oder einer -schreiberin. In den neun Monaten nach Steudlers Weggang seien leider erst wenige Bewerbungen eingetroffen. «Der Markt ist ausgetrocknet», sagt Stucki. Um ein breites Spektrum an möglichen Bewerbern für die Stelle zu erreichen, hat die Gemeinde jetzt Profis beigezogen.
Kantonsweites Problem
Mit der langen, erfolglosen Suche steht Walkringen nicht allein. In Zäziwil hat es ebenfalls rund ein Jahr gedauert, bis ein Gemeindeschreiber gefunden und angestellt werden konnte. Auch die Gemeinde Krauchthal hat viermal die Stelle vergeblich ausgeschrieben, wie Esther Zürcher aus Grosshöchstetten sagt. Sie hat viele Jahre als Springerin gearbeitet und war sehr gefragt. «Ich arbeitete zeitweise in zwei bis drei Gemeinden und war ständig unterwegs», sagt sie. Dies sei aber nicht nur wegen der schwierigen Suche nach Gemeindepersonal gewesen, sondern auch wegen Mutterschaftsurlaub oder Krankheit. Trotzdem gewann Esther Zürcher in den vergangenen 14 Jahren den Eindruck, dass es für kleine und ländliche Gemeinden immer schwieriger werde, Personal zu finden.
Gemeindeschreiber sei ein schwieriger Job, der hohe Anforderungen an die Professionalität stelle. «Zudem ist man in einer ausgesetzten Position und steht oft von allen Seiten unter Druck: Von der Bevölkerung, von der Verwaltung und von den Behörden.» Ein Gemeindeschreiber brauche sehr viel Verständnis für alle und müsse trotzdem eine eigene Linie vertreten, sagt Zürcher. Sie betont, dass sie die Jahre mit den zahlreichen Stellvertretungen trotzdem nicht missen möchte. «Es war eine spannende Erfahrung für mich.»
60 Ausgebildete pro Jahr
Rolf Widmer, Abteilungsleiter Gemeinden beim Amt für Gemeinden und Raumordnung, bestätigt Esther Zürchers Aussagen. «Wir führen zwar keine Statistik, stellen aber fest, dass kleine, ländliche Gemeinden ihre Kaderstellen oft mehrmals ausschreiben», sagt er. Nicht nur Gemeindeschreiber, sondern auch Finanz- und Bauverwalter seien sehr gesucht. «In den Diplomlehrgängen werden jährlich rund 60 Personen ausgebildet. Das heisst aber nicht, dass sie dann in einer Gemeindeverwaltung arbeiten werden.» Die Gründe dafür sind vielfältig.
Eine kantonale Arbeitsgruppe will nun den Gründen nachgehen, weshalb viele Ausgebildete nicht auf einer Gemeindeverwaltung arbeiten wollen. Dazu Monika Gerber, Präsidentin des Verbandes Bernischer Gemeindekader: «Wir wollen auch Gegenstrategien ausarbeiten, damit die Arbeit in Verwaltungen wieder attraktiver wird.» Im Verband habe man festgestellt: Wenn die Konjunktur anzieht, entscheiden sich Gemeindekader lieber für eine Stelle in der Privatwirtschaft, insbesondere Bauverwalter.
Monika Gerber denkt zudem auch, dass Kaderangestellte bei einer Gemeindeverwaltung ein oft ruppiges politisches Klima ertragen müssen. Dazu kommen eine grosse Verantwortung, häufige Abendeinsätze und die Tatsache, dass ein Gemeindeschreiber den Kopf für manches hinhalten müsse – auch bei der Bevölkerung. «Wie bei Pfarrern und Lehrern hat der Beruf eines Gemeindeschreibers an Prestige verloren. Das möchten wir ändern.»
Erstellt:
10.04.2014
Geändert: 10.04.2014
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