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Worb - Die Weihnachstannen vom Amselberg
Auf dem Worber Bärenplatz stehen sie seit dieser Woche zum Verkauf: Die diesjährigen Weihnachtstannen. Urs Mäder erzählt, wie er die Nordmanntannen und die Weiss- und Rottannen durch das Jahr hindurch hegt, bevor sie für den Festverkauf bereitstehen.
Es regnet in Strömen, als die beiden Traktoren beim Bärenplatz Worb vorfahren. Auf den Anhängern wippen hohe Haufen von Tannenbäumen: Die Weihnachtsbäume, die Familie Mäder auch dieses Jahr wieder verkaufen wird. Schon seit ein paar Tagen hat das Schild am Rand des Platzes ihre Ankunft angekündigt: «Tannenbäume, gewachsen und gepflegt auf dem Amselberg», ist darauf zu lesen.
Zügig laden Mäder und seine Männer die am Morgen frisch geschnittenen Bäume von den Anhängern. Schon bald stehen die ersten Tannen in ihren Halterungen, Weisstannen, eine Ladung Rottannen und vor allem zahlreiche Nordmanntannen. «Diese sind am beliebtesten», sagt Mäder. Kein Wunder, sie halten auch am längsten, verlieren ihre Nadeln erst spät – und sie stechen nicht.
Gegen 150 Tannenbäume auf dem Bärenplatz
Die Rottannen, die schon früh nadeln, gehen nach seiner Erfahrung erst in den letzten Tagen vor Weihnachten weg. Sie werden gern von Leuten gekauft, die den Weihnachtsbaum erst kurz vor Heiligabend aufstellen wollen, sie sind auch günstiger. Eine Zweimeter-Nordmanntanne hingegen kostet gute 60 Franken.
Eine Tanne um die andere haben Mäder und seine Helfer mittlerweile von den beiden Anhängern abgeladen und auf dem Platz verteilt. Auch Mäders sechsjähriger Sohn Lenn hilft mit. Unermüdlich schleppt er einen kleinen Tannenbaum nach dem anderen durch den strömenden Regen. Sorgfältig stellt er sie in die Halterungen und rennt dann zurück, um ein neues Bäumchen abzuholen. Auch Mäders Mitarbeiter tragen Baum um Baum zu den Halterungen. Wohl gegen die 150 Stück stehen am Ende auf dem Platz, so genau hat Mäder sie nicht gezählt.
Minibäumchen und Drei-Meter-Nordmanntannen
Einige Bäume sind bis zu drei Meter hoch, einige sehr ausladend und buschig, andere feiner und schmaler, es hat für jeden Geschmack etwas dabei. Auch für jede Wohnungsgrösse: Die kleinsten Bäumchen messen nicht einmal einen Meter. Und doch haben auch die «Babytannen» bereits fünf Jahre benötigt, um so gross zu wachsen. Die grösseren Bäume gar bis zu zwölf Jahre.
Und wohl die wenigsten Leute, die zufrieden mit ihrem ausgewählten Bäumchen heimziehen, wissen, welch sorgfältige Pflege darin steckt. Aussagen wie: «Aha, Tannenbäume wachsen also nicht einfach von selbst in die Höhe und können dann abgeschnitten werden», bringen Urs Mäder deshalb zum Schmunzeln. «So einfach geht das nicht», sagt er. Würde er solche Bäume auf den Markt bringen, sähen diese wohl ziemlich struppig und ungleichmässig aus.
Pflege durch das ganze Jahr hindurch
Damit Tannenbäume so schön saftgrün und regelmässig wachsen, fängt er bereits im Januar mit Aufräumen an: Er entfernt auf der 2,5 Hektaren grossen Fläche Erntereste und Baumabschnitte, schaut, ob die noch stehen gelassenen Tannen genug Platz und Licht haben und schneidet sie zurecht. Das macht er den ganzen Februar und März hindurch, so wie er das in jahrelanger Zusammenarbeit von seinem Vater Fritz Mäder gelernt hat.
Zwischendurch lässt Mäder seine Shropshireschafe auf das Areal, damit sie helfen, das Gras in Schach zu halten: «Das ist die einzige Schafrasse, die tatsächlich nur das Gras frisst, ohne die Bäumchen anzuknabbern – zumindest meistens!» Zugleich halten die Schafe mit ihren Trittspuren die Mäuse aus der Baumkultur fern und düngen erst noch den Boden.
Pflanzen und pflegen
Ab März ist das Programm auf dem Tannenareal dicht gedrängt, je nach Wetter geht dann das grosse Pflanzen los: «Bis am 10. April müssen alle neuen Bäumchen gepflanzt sein, sonst wird es zu warm und sie können nicht mehr richtig anwurzeln.» Drei bis vier Jahre alt sind die Setzlinge, die Mäder aus Forstbaumschulen bezieht und einpflanzt. Ende April erhalten die Bäume etwas Dünger, damit sie üppig grünen.
Im Mai, rechtzeitig bevor oben auf den Spitzen die neuen Triebe spriessen, befestigt Urs Mäder Vogelstäbe neben den Spitzen: «Tatsächlich leben viele Amseln, aber auch zahlreiche kleinere Vögel auf dem Amselberg», erklärt er. «Und Tannenspitzen sind so zart wie Salat.» Die Vogelstäbe sollen deshalb hungrige Vögel davon abhalten, die jungen Triebe abzupicken.
Kontrollieren und korrigieren
Damit die Spitzen im Lauf des Sommers nicht zu hoch aufschiessen und die Weihnachtsbäume für ihre künftigen Käufer:innen oben zu mager werden, kennt Mäder einen Trick: Anfang Juni klemmt er sie mehrmals mithilfe einer Spezialzange, so dass der Saftstrom unterbrochen wird. «Das bremst das Wachstum der Spitze.»
Bereits im Sommer starten dann die Feinarbeiten für das Weihnachtsgeschäft. Ab Ende Juli und den ganzen Sommer und Herbst hindurch kontrollieren Urs Mäder und sein Vater die Tannen auf Wachstumsstörungen: «Vögel, Hagel, Dürre – alles Mögliche kann Wachstumsfehler hervorrufen», erklärt er. Schiefe oder angefressene Äste korrigieren sie mit Hilfe einer Astschere, Schnur und sogenannten Zweigreglern, die krumme Zweige in eine andere Richtung zwingen.
Schon ab August fängt Urs Mäder dann an, Etiketten an den Tannen zu befestigen, die er für den diesjährigen Weihnachtsverkauf schneiden wird. So kann er am Tag vor dem Markt nur den Etiketten nachgehen und muss nicht mehr jeden einzelnen Baum prüfen, bevor er die Motorsäge ansetzt.
Zwölf Jahre wachsen, eine Minute sägen
Wie lange es dauert, einen Baum zu sägen, der bis zu zwölf Jahre lang zurechtgewachsen ist, weiss er nicht, er hat noch nie auf die Uhr geschaut. «Das geht wohl nicht einmal eine Minute», vermutet er. Bevor er und seine Helfer die Bäume auf die Anhänger laden, schütteln sie diese ein paarmal kräftig: «Manchmal hängen tatsächlich noch Vogelnester drin», lacht Mäder.
Es dämmert schon langsam, als alle Bäume an ihrem Platz stehen. Heimelig umrahmen sie die grosse Gemeindetanne, deren Lichterkette inzwischen angegangen ist. Hell funkeln die Lichter durch die Regentropfen. In anderthalb Stunden hat sich der kahle Bärenplatz in einen kleinen Tannenwald verwandelt. Der alljährliche Weihnachtsbaumverkauf kann losgehen.
[i] Weihnachtsbaumverkauf auf dem Bärenplatz Worb bis am Samstag, 23. Dezember
Erstellt:
16.12.2023
Geändert: 16.12.2023
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