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Worb: Mann erschlich sich 180'000 Franken
Weil er Schulden hatte, täuschte ein Mann einen Wohnungskauf vor und erschlich sich auf diese Weise 180'000 Franken. Das Geld gab er zügig wieder aus. Am Donnerstag musste er sich vor dem Regionalgericht Bern verantworten.
Es war bereits der zweite Anlauf für diese Gerichtsverhandlung. Beim ersten Verhandlungstermin meldete sich der Angeschuldigte krank, beim zweiten Termin am Donnerstag erschien er gar nicht erst vor Gericht. Dieses zeigte sich von seiner Schuld überzeugt und verurteilte ihn zu einer bedingten Haftstrafe von 17 Monaten.
Er wollte Haus kaufen
Der 46-jährige Angeschuldigte ist Schweizer, aufgewachsen in Worb, wo er heute noch wohnt. Der Angeklagte beabsichtigte vor sechs Jahren, zusammen mit seiner Freundin ein Haus zu kaufen. Für den Kauf eines Hauses im freiburgischen Gempenach musste er bei einem Kaufpreis von 2.28 Millionen Franken eine Anzahlung von 228'000 Franken leisten.
Schwiegervater in spe angefragt
Der Beschuldigte und seine Freundin fragten den Vater der Freundin, ob er den Kauf mit einem Darlehen finanzieren könne. Der Beschuldigte gab an, dass er den anderen Teil des Kaufpreises mit Geld aus der Pensionskasse sowie über ein Vorerbe finanziere. Der Vater der Freundin erklärte sich bereit, die beiden mit 180'000 Franken zu unterstützen, rückzahlbar nach fünf Jahren.
Die Freundin des Angeklagten träumte von einer Zukunft im Eigenheim und einer künftigen Familie mit Kindern. Der Vater der Freundin, der vor Gericht als Privatkläger auftrat, überwies den Betrag im Sommer 2019 auf ein Bankkonto, damit die Anzahlung für den Hauskauf eingeleitet werden konnte.
Vom Geld einen Jeep gekauft
Zum Hauskauf kam es jedoch nicht. Das Paar kam zum Schluss, dass sie die Liegenschaft doch nicht erwerben wollten. Bei der Rückzahlung der Anzahlung überwies die Bank das Geld auf das Konto des Beschuldigten. Zwei Tage später hatte sich dieser davon einen Land Rover für 40'000 Franken gekauft sowie 77'000 Franken für die Abzahlung von alten Schulden und Rechnungen ausgegeben.
Dem Vater der Freundin erzählte der Beschuldigte, dass sie nun an einem alten Bauernhaus in Tägertschi interessiert seien, wozu sie das Geld verwenden würden. «Ich hatte keinen Grund, an ihm zu zweifeln, meine Tochter war verliebt und wollte mit ihm eine Familie gründen», sagte der Geschädigte bei der Befragung vor Gericht.
Als auch der Kauf in Tägertschi nicht getätigt wurde, fragte er nach. Die Kontaktaufnahme mit dem Beschuldigten wurde immer schwieriger, dieser antwortete nicht, der Vater begann sich Sorgen zu machen.
Alles versucht – kein Geld erhalten
Als er überzeugt war, dass an der Geschichte etwas faul war, begann er den Beschuldigten zu mahnen. Die beiden trafen sich zu einem Gespräch im Sternen Muri. Der Angeklagte sagte, dass er das Geld in Kryptowährungen investiert habe und mit einem baldigen Gewinn rechnete. Der Privatkläger erzählt vor Gericht: «Er entschuldigte sich bei mir. Er versprach, das Geld in Tranchen zurückzuzahlen.» Bezahlt wurde jedoch nie etwas.
Arbeitet für Versicherung
«Er ist sehr manipulativ», sagt der Kläger vor Gericht über den Angeklagten. «Man nimmt ihn anders wahr, als er ist. Er ist ein gewinnender Verkäufer – nicht zufällig arbeitet er heute als Versicherungsagent – und er hat die Fähigkeit, Leute zu täuschen.» Er habe nicht nur seine Tochter und ihn hintergangen, sondern auch Arbeitskollegen und Freunde, denen er immer noch Geld schulde. Von den 180'000 Franken hat der Kläger lediglich 11'000 Franken zurückerhalten. Das Geld stammte aus einer Verpfändung, die beim Angeschuldigten durchgeführt wurde.
Mann habe Behörden getäuscht
Es sei jedoch nur ein Teil seines Besitzes verpfändet worden, da seine Autos oder auch seine Pferde nicht auf den Namen des Angeschuldigten, sondern auf dessen Vater lauteten, erklärt der Kläger vor Gericht. Er gebe einen Wohnsitz in Worb an, wohne aber auswärts. «Leider gehen die Behörden dem nicht nach, ebensowenig der Tatsache, dass er nur einen Verdienst von 4000 Franken monatlich geltend macht», so der Kläger.
Er habe auch das Gespräch mit dem Vater des Beschuldigten gesucht. Dieser habe ihm lediglich erzählt, dass sein Sohn ein Vorerbe bezogen, dieses aber bereits vor Jahren verprasst habe. Erfahren habe er damals beim Gespräch auch, dass der Angeklagte bereits geschieden sei, eine Tatsache, von der seine Tochter nichts wusste. Die Tochter hat sich danach vom Angeklagten getrennt und sei – so ihr Vater – durch die Vorkommnisse traumatisiert. Sie habe seither Mühe, anderen Leuten zu vertrauen.
Strafe auf Bewährung
Der Staatsanwalt forderte eine Haftstrafe von sechs Monaten unbedingt und 14 Monaten bedingt. Der Verteidiger forderte eine bedingte Strafe von zehn Monaten. Das Gericht zweifelte nicht an der Schuld des Angeklagten. Da er nicht vorbestraft ist, verurteilte ihn die Gerichtspräsidentin in Abwesenheit zu 17 Monaten bedingt auf zwei Jahre. Zudem muss er die Verfahrenskosten von 8600 Franken bezahlen, sowie für eine Entschädigung von 8800 Franken an den Privatkläger aufkommen.
[i] Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Angeklagte kann innert zehn Tagen beim Berner Obergericht Berufung anmelden.
Erstellt:
14.03.2025
Geändert: 14.03.2025
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